Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus NRW-Agrarstaatssekretär

Bottermann: „Wir haben ein Klimaproblem“

Immer höhere Auflagen bei mäßigen Milchpreisen. Direkte Entlastung dürfte es durch die Politik allerdings nicht geben.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben sprach für seine aktuelle Ausgabe 23/2021 mit dem nordrhein-westfälischen Agrarstaatssekretär Dr. Heinrich Bottermann über die Lage der Milchbauern.

Herr Dr. Bottermann, die Situation vieler Milchbauern ist angespannt. Welche Perspektive gibt es aus Ihrer Sicht für NRW-Milcherzeuger?

Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Bottermann: Auf den Höfen entstehen hohe Kosten, die man nicht ohne Weiteres korrigieren kann. Viele Betriebe müssen die Dürrejahre noch verdauen. Momentan können wir keine direkte Abhilfe schaffen.

Wir müssen die Marktgegebenheiten identifizieren und Lösungen finden. Die Verbraucher haben bei Milchprodukten immer höhere Erwar tungen an Qualität, Variabilität und Umweltleistungen. Die Milchbauern müssen versuchen, neue Wege zu gehen. Ansonsten befürchte ich einen starken Rückgang der Betriebe. Denn es ist keine Lösung mehr, die Milchleistung der Kühe weiter zu erhöhen. Das ist meines Erachtens weder unter Tierschutz- noch unter Umweltschutzargumenten zu erklären.

Was können Milcherzeuger dann machen, wenn sie die Milchleistung ihrer Kühe nicht steigern sollen?

Bottermann: Faktoren, die in der Öffentlichkeit gut ankommen, wie Weidehaltung, müssen ausgebaut werden. Kleine Molkereien oder Käsereien kommen gut an bei Verbrauchern. Wir wollen langlebige Kühe, keine Hochleistungssportler. Nur das findet Akzeptanz.

Hilft eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung auf Milchprodukten weiter?

Bottermann: Ich bin ein Freund davon. Ob wir das in unserer Marktwirtschaft mit Hintergrund des europäischen Binnenmarktes umsetzen können, ist eine andere Frage. Wenn wir allerdings in absehbarer Zeit nachweisen müssen, dass wir Klimaziele erreichen, wird das automatisch eine indirekte verpflichtende Herkunftskennzeichnung mit sich bringen.

Wie soll diese dann aussehen?

Bottermann: Mir geht es um das System dahinter. Tierhaltung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit müssen abgebildet werden und bis zum Herkunftsbetrieb zurückverfolgbar sein.

Kommen wir zu den Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien: Sind Sie zufrieden mit den Modellen oder wollen Sie doch noch Artikel 148 anwenden?

Bottermann: Der Artikel 148 müsste erst mal weiter in nationales Recht umgesetzt werden. Wir haben uns im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) im Bundesrat dafür eingesetzt, die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb in der Lebensmittelkette fair zu gestalten.

Kleineren Milcherzeugern und Molkereien muss die Möglichkeit gegeben werden, sich gegenüber größeren Unternehmen zu behaupten. Gegenwärtig sehe ich nicht die Notwendigkeit, Instrumente aus Artikel 148 zu nutzen, auch, weil viele Molkereien bereits reagiert haben und verschiedene Modelle zur Preisabsicherung anbieten.

Für den Fall, dass diese Aktivitäten nicht ausreichen, um Schieflagen am Markt künftig abzufedern, sollte der Artikel grundsätzlich anwendbar und eine nationale Umsetzung möglich sein.

Wie könnten Sie sich ein staatliches Krisensystem vorstellen?

Bottermann: Es werden verschiedene Modelle diskutiert. Einer Gruppe von Milcherzeugern geht es im Wesentlichen darum, Milchmengen vom Markt zu nehmen. Ein bestehendes Instrument der Gemeinsamen Marktordnung ist es, Milch einzulagern. Alle Modelle haben Vorund Nachteile und unsere Forderung an die Bundesregierung ist, nicht wieder eine staatliche Mengenregulierung einzuführen.

Was ist mit Bonus-Malus?

Bottermann: So eine Mengensteuerung mit Prämie und Strafzahlung wäre für den Staat sehr aufwendig. Das Instrument halten wir für Krisensituationen ungeeignet. Denn das wäre ein neues Quotensystem.

In Deutschland gibt es fünf große Einzelhändler, die mehr als 80 % am Markt abdecken. Müsste das Kartellrecht nicht nachjustieren? Was können Sie als Staat machen?

Bottermann: Mit dem Kartellrecht kommen wir an dieser Stelle nicht weiter. Bisher hat uns das nicht geholfen, um das Problem zu lösen. Ein wichtiges Element ist die UTP-Richtlinie. Diese befindet sich aktuell in der Beschlussfassung des Bundesrats.

Bei zunehmend höheren Auflagen: Wie wettbewerbsfähig bleibt Deutschland? Bleiben wir auf den Weltmärkten wettbewerbsfähig?

Bottermann: Zu den Fakten gehört, dass wir ein Klimaproblem haben. Unter diesem Aspekt müssen wir die Milchviehhaltung ganz genau betrachten. Aber wir sind in Deutschland in der Lage mit einem guten Tiermanagement ansprechende Leistungen zu bringen und sind damit auch EUweit gut aufgestellt. Das zeigen die Absatzzahlen auf dem Weltmarkt. Länder wie Neuseeland bekommen ebenfalls mehr Umweltstandards und Futtermittelprobleme. Wir müssen uns alle klug auf die neuen Anforderungen einstellen und die Tierhaltung an den Klimawandel anpassen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Schnupperabo: 3 Monate für 9,90 € testen

Alle wichtigen Infos zur Maissaussaat 2024 | Tagesaktuelle Nachrichten, Preis- & Marktdaten

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.