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Milchindustrie: „Kein Erdgas. Keine Milchverarbeitung.“

Molkereien benötigen für die Verarbeitung von Milch zwingend Erdgas. Alternative Energiequellen können sie kurzfristig nicht nutzen, sagt Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrieverband (MIV).

Lesezeit: 3 Minuten

Herr Dr. Börgermann, welche Rolle spielt Erdgas in der Milchverarbeitung?

Börgermann: Die Verarbeitung von Milch ist aufgrund der hohen hygienischen Standards energieintensiv. Die Molkereien haben im Kontext politischer Vorgaben (z.B. Klimaschutz), Immissionsschutzrecht und preislicher Vorteile die letzten Jahre auf Gas als Energieträger gesetzt.

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Schätzungsweise 80 % der Energiebereitstellung der Molkereien erfolgt heute über Gas. Die Erzeugung von Fernwärme als auch Strom basiert ebenfalls auf dem Energieträger Erdgas. Wegen der höheren Anforderungen bei Emissionen sowie den zukünftigen Herausforderungen des Klimaschutzes haben viele Molkereien in den letzten Jahren in gasbasierte Brennstofftechnik (Blockheizkraftwerk - oder Gas-und-Dampf-Anlagen) investiert.

Für welche Produktionsschritte wird Gas benötigt?

Börgermann: Vor allem für Wärmeprozesse (Pasteurisieren der Milch, zur Erzeugung von Heißluft für die Milchpulverherstellung in Sprühtürmen, in Eindampfprozessen, für Reinigungszwecke oder zur Gebäudeheizung etc.). Die Technik der Kraft-Wärme-Kopplung ist in der Milchindustrie sehr verbreitet. Ein Nebenprodukt ist dabei die Stromerzeugung.

Welche alternativen Energiequellen könnten die Milchverarbeiter nutzen?

Börgermann: Einige Molkereistandorte haben noch alte, weniger effiziente Anlagen, die eigentlich außer Betrieb gehen sollten aber noch als Backup vorhanden sind. Das ist jetzt ein Vorteil. Allerdings besteht die Möglichkeit eines schnellen „Brennstoffwechsels“ in der aktuellen Situation nicht. Große Molkereistandorte bräuchten mehrere LKW mit Heizöl am Tag, um die Produktionsprozesse aufrecht zu erhalten. Aufgrund des beschlossenen Ölembargos ist eine Absicherung mit Heizöl aktuell nicht gegeben. Zusätzlich würde die Umrüstung der derzeitigen Gasbrenner auf Heizöl eine Lieferzeit von sechs bis acht Monaten bedeuten.

Die Alternative Wasserstoff ist in ausreichender Menge in den nächsten drei bis vier Jahren voraussichtlich noch nicht verfügbar. Flüssigerdgas (LNG) ist aktuell hinsichtlich der Versorgungssicherheit und der Transportlogistik (notwendige Tiefkühlung) nicht einsetzbar.

Natürlich können durch Biogas, Solar oder Windkraft perspektivisch Kapazitäten aufgebaut werden. Aber aktuell sind die Netze der Stromversorger häufig nicht dazu ausgelegt, Molkereien mit solch einer Anschlussleistung zu versorgen. Dann geht bei den Nachbarn das Licht aus.

Gelten Molkereien als kritische Infrastruktur und sind damit für den Bezug von Erdgas priorisiert?

Börgermann: Molkereien galten im Zuge der Corona-Maßnahmen als “systemrelevant“ und leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des lebensnotwendigen Bedarfes der Bevölkerung. Sie sind allerdings im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) kein „geschützter Kunde“. Eine Garantie, dass alle Molkereien bei Gasknappheit weiterhin mit Gas beliefert werden, gibt es bisher nicht.

Dafür kämpfen wir aktuell als MIV. Wir sind mit dem Landwirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur in Gesprächen, um auf die Bedeutung der Molkereien zur Ernährungssicherung und deren zwingend nötigen Erdgas-Bedarf hinzuweisen.

Welche Konsequenzen hätte eine Gasknappheit bei den Molkereien? Bleiben Landwirte dann auf der Milch sitzen?

Börgermann: Ganz einfach gesagt: Kein Gas, keine Wärme, keine Milchverarbeitung. Für viele Produkte und zur Herstellung der Haltbarkeit brauchen Molkereien Wärme. Alles andere gefährdet im Zweifel auch die Gesundheit der Verbraucher.

Die Rohmilch hat eine begrenzte Haltbarkeit, daher können wir Milch nicht länger stapeln. Zum Teil gibt es auch gar nicht die Kapazitäten dafür. Gleichzeitig geben die Kühe jeden Tag Milch.

Die Molkereien beschäftigen sich intensiv mit den verschiedenen Szenarien und tun alles dafür, dass der Rohstoff verarbeitet wird. Das ist eine große Herausforderung in einer Zeit, wo Material, Technik und Lieferketten angespannt sind. Eine Garantie wird da niemand geben können.

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