Die Kühe sind gemolken und sollen auf die Weide. Während der Melker erwartet, dass die Tiere freiwillig und schnell in Richtung Grün laufen, stehen diese wie angewurzelt auf den Triebwegen. Das kann verschiedene Ursachen haben.
Sind die Wege nicht auf die Bedürfnisse der Kühe ausgerichtet, drohen Klauenprobleme und Stress bei jedem Gang. Damit die Kühe den Triebweg problemlos entlang laufen, sollte dieser daher als Zug- oder Lockweg konzipiert sein. Das heißt, der Anreiz am Ziel muss hoch und der Weg dorthin möglichst komfortabel sein. So wird ein aufwendiges Treiben der Herde unnötig. Wir haben für Sie die wichtigsten Triebwege-Tipps im folgenden Beitrag zusammengestellt.
Tipps für gute Wege
Triebwege sollten verschiedene Bedingungen erfüllen:
Licht: Der Pfad muss zu jeder Tageszeit gut ausgeleuchtet sein. Bei Bedarf sind dazu auch Scheinwerfer sinnvoll.
Bäume, Strommasten und Zäune können an sonnigen Tagen oder bei künstlichem Licht Schatten auf die Strecken werfen. Was für das menschliche Auge banal aussieht, lässt ein Rind stocken und bremst den Herdenfluss aus. Denn das Rinderauge benötigt viermal länger, um sich an veränderte Lichtverhältnisse anzupassen.
Strecke: Eine eindeutige und gerade Streckenführung ist am günstigsten. Enge 90 ° Kurven sollten Milchviehhalter möglichst vermeiden.
Oberfläche: Es gibt viele Varianten, die Deckschicht des Weges auszubauen. Für die Klauengesundheit ist ein elastischer Boden, auf dem die Kühe gut auffußen können und die Klaue leicht einsinkt, optimal. Dazu zählen beispielsweise Sandwege und auch flexible Rasengitter. Hackschnitzel sind wegen ihrer geringen Beständigkeit nur eine Übergangslösung.
Wenn Routen mit Maschinen befahrbar sein müssen, sind auch Asphalt- und Betonschichten bei richtiger Pflege kein Problem. Bei weiteren Laufstrecken auf diesen harten Oberflächen darf der Untergrund allerdings nicht zu reibend sein. Sonst büßen die Kühe durch den Schleifeffekt auf Dauer zu viel Klauenhorn ein.
Eine gute Lösung für Mensch und Tier sind dann beispielsweise Gummibahnen, die zwischen zwei betonierten Fahrspuren ausgelegt werden. Wenn die Kühe genügend Zeit auf dem Weg haben, laufen sie hintereinander auf der gummierten Fläche. Maschinen nutzen hingegen stets die Fahrspuren und schaden so nicht dem weichen Material.
Wasserabfluss: Regenwasser darf nicht lange auf den Wegflächen stehen bleiben. Bei wasserundurchlässigen Deckschichten wie Asphalt sollte das Wasser zur Seite abfließen können. Bei stärkeren Hanglagen bieten sich ein leichtes seitliches Gefälle oder eine Zwischendrainage an, damit es nicht zu Wasserströmen auf dem Weg kommt.
Bei wasserdurchlässigem Obermaterial wie Sand und Rasengittern, braucht man bei täglicher Nutzung unbedingt einen Unterbau. Dieser leitet das Wasser schnell aus den oberen Schichten ab, damit sie nicht aufweichen. Häufig nutzen Landwirte als Drainage verfestigte Lagen aus Schotter in unterschiedlichen Größen von grob zu fein gelagert.
Fehler haben Konsequenzen
Rinderhalter sollten Triebwege regelmäßig pflegen und diese bei Bedarf auch neu in Stand setzen. Ansonsten nehmen die negativen Auswirkungen auf die Klauen zu und damit auch die finanziellen Einbußen.
Witterungsanfälligkeit: Starker Regen kann falsch verdichtete oder undrainierte Deckschichten aufweichen und auswaschen. Müssen Kühe diese Stellen passieren, laufen sie schnell direkt auf dem freigespülten Schotter. Dabei können sich die Tiere kleine Steine entlang der Weißen Linie in das Klauenhorn eintreten. Das fördert wiederum die Entstehung von Wanddefekten.
Aufgeweichte Wege lassen die Kühe oft auch tief in den Grund einsinken. Die Klauen spreizen sich im morastigen Boden und dabei stechen Steine oder Holzreste direkt in die dünne Haut im Zwischenklauenspalt. Diese kleinen Verletzungen sind Eintrittspforten für Keime, die eine Phlegmone (Panaritium) auslösen können. Abends verletzt, kann eine Kuh damit schon morgens mit einem geschwollenen Bein und starker Lahmheit und Fieber im Stall stehen.
Wasserschäden und durchweichte sowie durchgetretene Böden lassen sich nicht allein durch das Aufbringen von Hackschnitzeln oder Sand ausbessern. Zur Sanierung sollten Landwirte den aufgeweichten Boden wenigstens bis zum tragenden Grund abtragen. Ohne Unterbau weicht auch die neue Deckschicht schnell wieder durch und das Problem besteht erneut.
Trittschäden und Löcher: Wenn Wege mit Trittschäden abtrocknen, entstehen harte, scharfe Kanten an der Oberfläche. Einfache Sanierungsmaßnahmen sind das Abschieben oder Walzen dieser Stellen.
Ausgebrochene Kanten und kleine Stufen in Asphalt- oder Betondecken führen ebenso wie grobe Kieselsteine und Trittschäden dazu, dass die Kühe nicht gleichmäßig auffußen können. Dabei entstehen starke Druckspitzen in der Klaue. Dieser Druck führt zu Quetschungen durch das Horn bis in die Lederhaut. Mit „Glück“ entsteht nur eine kleine Einblutung in das entstehende Horn, die erst bei der Klauenpflege sichtbar ist (sogenannte Steingalle). Aber auch doppelte Sohlen und Sohlengeschwüre können eine Folge der Bodenunebenheiten sein.
Schadstellen können Landwirte zeitnah mit einer Gummimatte überdecken und Löcher im Asphalt auffüllen. Wenn der Allgemeinzustand des Weges zu schlecht wird, hilft nur noch eine Sanierung der kompletten Deckschicht.
Keinen Druck ausüben
Entspricht der Weg den Anforderungen der Kühe, ist auch ein guter Kuhfluss gewährleistet. Mängel führen hingegen zu Stress. Dieser kann sich ähnlich wie im Melkstand durch vermehrten Kot und Harnabsatz der Kühe beim heraustreiben zeigen.
Nicht zu vergessen ist der Faktor Mensch. Eine treibende Person übt Druck auf die Herde auf. Dabei ist schon die normale Laufgeschwindigkeit eines Menschen circa 3 km/h schneller als die einer Kuh. Treiber drängen zudem fast nie das stoppende Tier, sondern immer das Rind am Ende der Herde. Über Tier-zu-Tier-Kontakte geben die hinteren Kühe den Druck nach vorne weiter und die Herde läuft eng zusammengedrängt. Dabei können die Kühe, ähnlich wie im Vorwartebereich im Melkstand, den Boden nicht überblicken. Bei schlechten Wegabschnitten führt das zu stolpernden und unvorsichtigen Kühen.
Bei einem gut konzipierten (Lock-)Weg ist kein Druck durch eine treibende Person nötig. Der Vorteil ist: Mit Ruhe und Zeit können Rinder zur Not durchaus auch mal ungünstigere Wegabschnitte unbeschadet überwinden. Das sollte allerdings eine Ausnahme für selten genutzte Teilstücke bleiben und keine Ausrede für schlechte Hauptwege sein.
Diesen Beitrag von Frau Dr. Charlotte Kröger, Praxisgemeinschaft für Klauengesundheit in München finden Sie auch in der top agrar Ausgabe 6/2020.