Am 26. Mai 2021 hatte die EU-Kommission den Delegierten Rechtsakt zu den Kriterien für die Antibiotika, die dem Menschen vorbehalten werden sollen, angenommen. Dies ist ein wichtiger Teil der europäischen Tierarzneimittelgesetzgebung.
Der Umweltausschuss des Europaparlaments stellt den Rechtsakt aber in Frage. Der Entschließungsantrag für eine Resolution zur Ablehnung fordert alle wichtigen Antibiotika nach WHO-Liste dem Vorbehalt zu unterstellen, kritisiert der Bundesverband für Tiergesundheit. Die Gruppe der äußerst wichtigen Antibiotika (Highest Priority CIA) nach WHO umfasst Cephalosporine (3. und 4. Generation), Glykopeptide, Makrolide und Ketolide, Polymyxine sowie Chinolone.
Außerdem fordern die Kritiker des Umweltausschusses, mit einer Überarbeitung der europäischen Tierarzneimittelverordnung eine Regelung für die Behandlung von lebensbedrohlich erkrankten Einzeltieren für alle humanmedizinisch wichtigen Antibiotika.
Diese Vorschläge lassen aus sich des Bundesverbandes für Tiergesundheit aber wichtige Notwendigkeiten zur Versorgung kranker Tiere außer Acht. Die Behandlung lebensbedrohlicher Tierkrankheiten wäre gefährdet, warnt der Verband. Die Vorschläge seien zum Schutz der öffentlichen Gesundheit sowie der Tiergesundheit und des Tierschutzes nicht sachgerecht.
Der BfT hebt fünf wesentliche Gründe hervor, weshalb es wichtig sei, den Delegierten Rechtsakt in der von der Kommission vorgelegten Fassung zu unterstützen.
Der delegierte Rechtsakt:
- basiert auf wissenschaftlichen Grundlagen der Europäischen Arzneimitteagentur (EMA).
- respektiert den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da darauf geachtet wird, das richtige Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier zu finden. Jedes Verbot zugelassener Antibiotika für Tiere ohne wissenschaftliche Argumente ist kontraproduktiv und erhöht potenzielle Risiken.
- befürwortet einen verantwortungsvollen Umgang: Durch einen umsichtigen und verantwortungsvollen Umgang mit antimikrobiellen Mitteln im Tiergesundheitssektor wird das Ziel der Reduktion der Antibiotikaresistenz aktiv unterstützt.
- beachtet Tiergesundheit und Tierschutz: Tiere sind fühlende Wesen und der Tierschutz verlangt ihre Behandlung, wenn sie erkranken. Infektionen nicht behandeln zu können, wenn keine geeigneten Antibiotika zur Verfügung stehen, hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere und möglicherweise auf die öffentliche Gesundheit.
- setzt auf den One Health Ansatz: Antimikrobielle Resistenzen zu bekämpfen, erfordert Maßnahmen in der Human- wie Tiermedizin im Sinne des One Health Konzeptes. Maßnahmen in einem Sektor allein können das Problem nicht lösen.
Der BfT verweist auf den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika in Tiergesundheitsbereich. Der Tiersektor habe in den letzten zehn Jahren massive Anstrengungen unternommen, die europäisch zu einem Rückgang der Abgabe von Antibiotika für Tiere um über 34 % und beispielswiese in Deutschland von 60,7 % geführt hätten.
Folgewirkungen auf die noch ausstehende zugehörige Sekundärgesetzgebung wären bei Annahme der Resolution unvermeidbar. Eine noch fristgerechte Überarbeitung bis zum Stichtag der Anwendung der VO (EU) 2019/6 im Januar kommenden Jahres würde große Anstrengungen erfordern, heißt es aus Bonn.
Zum Schutz der Tiere, aber auch der öffentlichen Gesundheit und zur Wahrung erzielter Fortschritte und weiteren Verbesserung der Resistenzkontrolle plädiert der Bundesverband dafür, den beschrittenen Weg zur Kontrolle der antimikrobiellen Resistenz europaweit einheitlich und basierend auf wissenschaftlicher Expertise und einem von der Europäischen Arzneimittelagentur untermauerten Konzept weiterzuverfolgen.