Die Uhr tickt: Ab dem 1. Januar 2019 dürfen männliche Ferkel in Deutschland nicht mehr ohne Betäubung kastriert werden. Bis heute gibt es jedoch keine ausreichenden Alternativen, die gesetzlich erlaubt sind, eine wirksame Schmerzausschaltung sicherstellen und von den Vermarktern akzeptiert werden.
Aus Sicht der Tierschützer stellt die Ebermast die tierschutzgerechteste Methode da – entweder mit oder ohne Immunokastration. Denn die männlichen Tiere bleiben unversehrt - wenn man von der erhöhten Gefahr durch Penisbeißen einmal absieht – und können mit Improvac geimpft werden, um das unerwünschte Entstehen von Ebergeruch zu verhindern. Den Tieren bleibt die schmerzhafte Operation erspart.
Die Sache hat nur einen Haken: Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zieht nicht mit – zumindest nicht in dem Maße, wie es ab 1. Januar 2018 nötig wäre. „Da die Verarbeitung und Vermarktung von Eberfleisch mit und ohne Impfung nicht ganz so vielseitig und einfach ist, wie das bei Fleisch von kastrierten Tieren der Fall ist, ziehen einige Unternehmen des LEH es weiterhin vor, beim Schlachthofbetreiber nur Fleisch von kastrierten Tieren abzunehmen“, beklagt Angela Dinter von der Tierschutzorganisation Provieh. Und das führe zu großer Unsicherheit bei Landwirten, die eine tierschutzgerechte Lösung bevorzugen, aber keine Abnehmer für ihre Tiere finden.
Inzwischen gebe es zwar einige Unternehmen wie Edeka Südwest, Rewe, Penny, Aldi Süd und Aldi Nord, die mit ihrer Nachfrage nach Jungeberfleisch aktiv den Ansatz unterstützen, gänzlich auf schmerzhafte Eingriffe am Tier zu verzichten. Andere Unternehmen würden sich jedoch konsequent weigern diesen Weg mitzugehen – trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderung durch Provieh.
„Das bedauern wir sehr“, beklagt Dinter, „denn wir sehen den Lebensmitteleinzelhandel als wichtiges Bindeglied zwischen Landwirten und Verbrauchern." Der Lebensmitteleinzelhandel müsse Tierschutzaspekte seiner Kunden in Lösungsvorschläge für Landwirte umwandeln und sie stützen, statt sie zu blockieren.