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topplus Reportage

Drohnen in der Landwirtschaft: Spezialisten für Saat, Pflanzenschutz und Rehkitzsuche

Drohnen erledigen immer mehr Aufgaben in der Landwirtschaft. top agrar hat sich ihr Einsatzspektrum beim Dienstleister Schmidt solutions genauer angeschaut.

Lesezeit: 8 Minuten

Was für ein großer Brummer: Satte 40 kg Abfluggewicht bringt die DJI Agras T16 auf die Waage. Das hat mit den bekannten Kameradrohnen für den Freizeiteinsatz nur noch wenig zu tun. Jan Schmidt fliegt die Riesendrohne zur ersten Parzelle. Der 33-Jährige ist mit seinem Sprinter deutschlandweit unterwegs. Wir treffen ihn in Kempen (NRW), wo er gerade für die Firma Feldsaaten Freudenberger Zwischenfrüchte aus der Luft parzellenmäßig in einen stehenden Weizenbestand streut. Diese Zwischenfrüchte möchten die Saatgutzüchter später mit einer klassisch direkt nach der Ernte gesäten Variante vergleichen.

Jan Schmidt: vom Landwirt zum Drohnendienstleister

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„Drohnen bieten viele neue Möglichkeiten, doch für viele Landwirte lohnt eine eigene Spezialdrohne nicht. Und auch die rechtliche Grundlage ist etwas kompliziert. Da kommen wir als Dienstleister ins Spiel“, erklärt Jan Schmidt die Anfänge des Unternehmens.

Der gelernte Landwirt aus Sulzbach- Laufen (BW) hat sich 2018 als Drohnendienstleister selbstständig gemacht. Nach seiner Lehre arbeitete er als Kaufmann bei einer landwirtschaftlichen Genossenschaft. Dort hat er sich auch im Bereich Informationstechnik (IT) weitergebildet und in der Genossenschaft die IT-Infrastruktur aufgebaut. In seinem Unternehmen arbeiten neben seiner vom landwirtschaftlichen Betrieb stammende Frau noch zwei weitere Drohnenpiloten mit.

Auch mit Drohnen: erst das Abdrehen, dann das Säen

Die DJI Agras lässt sich mit verschiedenen Ausbringgeräten ausstatten. Heute ist ein kleiner Streuer montiert. Das Gerät muss man wie eine Sämaschine zuerst abdrehen. Dazu entnimmt Schmidt den Streuer und stellt ihn auf einen selbst gebauten Abdrehkasten. Hier lässt er den Streuer 20 Sekunden laufen und trägt die gewogenen Gewichte in Excel ein. „Man könnte die Werte auch direkt in die Fernbedienung eingeben, aber bei der Vielzahl der Zwischenfrüchte heute ist Excel deutlich übersichtlicher. Auch da wir erst alle Saatgüter abdrehen“, erklärt Schmidt sein Vorgehen. Die Werte rechnet das Programm dann um. Mit den Ergebnissen lässt sich die Drohne einstellen.

Insgesamt trägt die Agras-T16 bis zu 15 kg Saatgut. Je nach Ausbringmenge reicht das für etwa 1 ha. Mit einer Akkuladung schafft man dabei etwa 2 ha Fläche. Im Sprinter kann Schmidt über ein Notstromaggregat die Akkus direkt am Feldrand wieder aufladen. So sind Flächenleistungen von bis zu 6 – 8 ha/h möglich.

Pro Hektar nimmt Schmidt etwa 25 €. Bei höheren Ausbringmengen nimmt die Flächenleistung natürlich ab und der Preis pro Hektar steigt. Für jede 10 kg/ha mehr rechnet der Unternehmer mit weiteren 5 €.

Drohne kann Saatgut und flüssige Mittel streuen

Der Saatgutvorrat ist für den heutigen Einsatz mit nur 0,4 ha großen Parzellen ausreichend. Die genauen Teilflächen hat Jan Schmidt vorher am Computer vorbereitet und in eine Karte eingezeichnet. Auf seiner Fernbedienung muss er dann lediglich noch den Randabstand und die Arbeitsbreite eingeben. Die Software errechnet sich dann automatisch eine Flugroute.

Die Fluggeschwindigkeit beim Streuen beträgt 6 m/s, umgerechnet 21,6 km/h. Die Arbeitsbreite liegt bei Zwischenfrüchten bei etwa 7 m – bei Granulaten sind es 10 m. Der Streuer verteilt das Saatgut kreisförmig, dadurch entsteht eine gute Querverteilung. Die Navigation erfolgt über GPS. Ein RTK-Signal kann die Drohne ebenfalls empfangen. „Hier arbeiten wir meist mit dem Sapos-Signal der Bundesländer. Die Genauigkeit steigt damit spürbar“, sagt Jan Schmidt. Mit einem Radarsensor hält die 1,85 m große Drohne eine Flughöhe von konstanten 3,5 m ein.

Mit der Drohne kann Schmidt auch flüssige Mittel ausbringen. Das nutzt er für biologische Präparate für Demeter- Betriebe und z. B. im Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner. Dabei setzt das Unternehmen auf Nematoden, welche nicht unter das Pflanzenschutzmittelgesetz fallen und damit per Luftfahrzeug ausgebracht werden dürfen. „Wir legen den Schwerpunkt in den biologischen und regenerativen Bereich und suchen Schnittstellen zum konventionellen Landbau“, erklärt Schmidt seinen Firmenschwerpunkt. Chemische Mittel sind für ihn erstmal kein Thema.

Leichtere Drohne für biologische Präparate

Für die verschiedenen Aufgabengebiete setzt Schmidt solutions mehrere unterschiedliche Drohnen ein. Mit einer DJI M600 Pro mit 15,5 kg Startgewicht bringt das Unternehmen beispielsweise verschiedene Nützlinge aus. Bekanntestes Beispiel sind die Trichogramma Schlupfwespen, die die Eigelege des Maiszünslers befallen und so den Schaden in Maisbeständen reduzieren.

Aber auch andere Nützlinge wie z. B. Florfliegenlarven gegen Läuse und Raubmilben gegen Spinnmilben setzt Schmidt ein. Dabei arbeitet er unter anderem mit dem Unternehmen Koppert Biological Systems zusammen, welches verschiedene Nützlinge züchtet. Bei seinen Einsätzen bringt Jan Schmidt meist das Saatgut, die Nützlinge oder biologische Präparate selbst mit und achtet dabei darauf, dass die Produkte beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau gelistet sind.

Mit Spezialkameras auf der Suche nach Rehkitzen und Wildschweinen

Ein weiteres Einsatzfeld der Drohnen ist die Thermografie. Schon häufig führen auch Jagdgemeinschaften und Hegeringe die Wildtiersuche nach Rehkitzen oder Wildschweinen durch. Hierfür gibt es kleine, bezahlbare Drohnen. Schmidt setzt hingegen auf seine beiden mittelgroßen Drohnen mit darunter montierter Wärmebildkamera. Mit der höheren Auflösung als bei den Einstiegsmodellen lassen sich Tiere besser finden. Auch inspiziert Jan Schmidt mit der Wärmebildkamera Photovoltaik­anlagen und Gebäude auf Defekte oder schlechte Wärmedämmung.

Schmidt stattet seine Drohnen auch mit Multispektralkamera oder Vermessungsobjektiven aus. Damit analysiert er Pflanzenvitalität und auch Borkenkäferbefall. Zudem vermisst er Gelände und Gebäude 2D- und 3D-mäßig.

Weitere Projekte von Schmidt Solutions

Für den jungen Unternehmer arbeiten noch zwei weitere Angestellte als Piloten. Bisher erzielt Schmidt etwa 70 % seines Umsatzes aus dem Agrarbereich. „Neben Städten, Gemeinden und Industriefirmen stehen besonders Biobetriebe auf der Liste meiner Auftraggeber. Vom Gefühl sind diese Betriebe ­innovativer und neuen Lö­sungs­vor­schlägen gegenüber offener eingestellt“, lässt Schmidt in die Auftragsbücher blicken. Für eine effiziente Anfahrt versucht Schmidt möglichst viele Einsätze zusammen in eine Tour zu legen. Da die Ausbringung auch bei leichtem Regen stattfinden kann, funktioniert das meist ganz gut. Die Anfahrt berechnet der Firmeninhaber nach dem Aufwand.

Um auch weiterhin viele Aufträge zu bekommen, erweitert das Unternehmen stetig sein Portfolio. Auf der Wunschliste für 2022 steht die bereits in China vorgestellte neue DJI Agras T40 mit einem Abfluggewicht von bis zu 101 kg. Die Nutzlast beträgt etwa 50 kg. Und auch an der neuen Agras T20P haben die Drohnenpiloten Interesse. Aber Jan Schmidt will in Zukunft nicht nur in Technik investieren, sondern er möchte selbst Schulungen und Workshops über Drohnen anbieten. Zudem hat er mittlerweile einen Vertriebspartnervertrag mit der Schweizer Firma Remote Vision und vermarktet die Drohnen selbst.

Nur knapp drei Stunden, nachdem Schmidt angefangen hat den Streuer abzudrehen, sind zehn Parzellen mit verschiedenen Zwischenfrüchten gestreut. Nun klappt er die Arme mit den Rotoren ein, um das große Fluggerät wieder in seinen Sprinter zu bekommen. Türen zu und schon kann es zum nächsten Einsatzort gehen.




Übersicht: Das kosten Drohnen

Eine Drohne mit ordentlicher Bedienung und Kamera gibt es schon ab etwa 400 €. Drohnen mit besseren Kameras und längerer Flugzeit von bis zu 30 Minuten kosten aber auch schnell 2.000 €. Damit lassen sich dann gute Fotos von beispielsweise Feldern machen. Fluggeräte mit Multispektral- oder Wärmebildkamera gibt es ab etwa 6.000 € – Profigeräte fangen bei ca. 18.000 € an. Spezialdrohnen z. B. mit Pflanzenschutzspritze oder Streueinheit kommen schnell über 20.000 €. Hinzu kommen mehrere Akkus für einen längeren Betrieb.

Für Drohnen über 250 g wird generell ein EU-Kompetenznachweis gefordert. Dieser lässt sich online beim Luftfahrtbundesamt (LBA) ablegen und kostet 25 €. Für nicht zertifizierte Drohnen bis 2 kg (zurzeit gibt es noch keine zertifizierten Drohnen) und für größere Drohnen ist ein sogenanntes EU-Fernpiloten-Zeugnis notwendig. Die Prüfung dafür kann man bei verschiedenen, vom LBA befähigten, privaten Anbietern ablegen. Das kostet etwa 200 bis 400 € plus 30 € Gebühr beim LBA. In manchen Bundesländern muss man je nach Einsatz (z. B. Abwurf von Saatgut) eine extra Flugerlaubnis bei den Behörden einholen.




Kommentar der Redaktion: Vorschriften viel zu kompliziert



Mit der EU-Verordnung zum 31.12.2020 gelten für Drohnenpiloten neue Vorschriften. Doch anstatt, dass der Gesetzgeber diese einfacher gestaltet als bisher, sind diese viel zu kompliziert. Es dürfen ab dem 1.1.2023 nur noch zertifizierte Drohnen geflogen werden. Dabei kann man nicht einmal solche kaufen. Jeder Betreiber einer Drohne mit einem maximalen Startgewicht von mehr als 250 g muss sich registrieren. Hinzu kommen unzählige verschiedene ­Kategorien. Können mit einer Drohne „personenspezifische Daten“ aufgenommen werden, sprich, es ist eine Kamera montiert, muss man das ­aufwendige EU-Fernpiloten-Zeugnis ­haben. Für Landwirte, die einfach nur ihre Flächen abfliegen wollen, ist das völlig überzogen. Hier müssen die Behörden dringend nachbessern.Florian Tastowe

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