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topplus Pflanzenschutzmittel einsparen

Rüben: Weniger Insektizide, gleiche Wirkung?

Ob sich mit der Band- und Spotapplikation Insektizide in Rüben ohne Wirkungsverluste einsparen lassen, haben die LWK Niedersachsen und das JKI geprüft. Die Ergebnisse sind vielversprechend.

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Merle Knackstedt, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Seit dem Wegfall der neonicotinoiden Beizen im Jahr 2018 sind ­Insektizidbehandlungen zur Bekämpfung von Blattläusen als Virusvektoren in Zuckerrüben gängige Praxis. Es sind vor allem die Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) und die Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae), die in dieser Kultur für Schäden sorgen.

Die größere Bedeutung als Virusvektor bei der Übertragung des Beet yellow virus (BYV) ist allerdings der Grünen Pfirsichblattlaus zuzusprechen. Denn sie ist wesentlich aktiver als die Schwarze Bohnenlaus, sie bildet keine großen Kolonien an den Blättern und kann daher deutlich mehr Pflanzen infizieren. Je nach Befallsstärke und Zeitpunkt der Virusinfektion sind Ertragsverluste von über 40 % möglich. Diese sind auf die virösen Vergilbungen auf den Blättern der Rübenpflanze zurückzuführen, die die Fotosynthese­leistung einschränken und so den Zuckerertrag reduzieren. Aber auch die Schwarze Bohnenlaus kann zu hohen Ertragsverlusten führen, da sie die Rübenpflanzen durch ihre Saugtätigkeit direkt schädigt.

Schnell gelesen

  • Bandapplikation, Einzelpflanzenbehandlung (Spot) und Flächenspritzung – ob sie bei Insektiziden vergleichbare Wirkungen gegen Blattläuse erzielen, wurde kürzlich geprüft.

  • Die Bandapplikation reduzierte die Läuse bis zur letzten Bonitur, 13 Tage nach der Applikation, am stärksten.

  • Das Einsparpotenzial der eingesetzten Insektizide belief sich auf 56 % bei der Band- und 63 % bei der Spotspritzung.

  • Auf Nützlinge wirkten sich die In­sektizidvarianten kaum aus. Am besten schnitt die Einzelpflanzenbehandlung mit Pirimor G ab.

Bekämpfungsschwellen und Nützlinge im Blick halten

In den letzten beiden Frühjahren (2022 und 2023) kam es regionsweise zu starkem Blattlausbefall in Zuckerrüben. Überschreitungen der Bekämpfungsrichtwerte machten Insektizidmaßnahmen notwendig. Die Bekämpfungsschwelle für die Grüne Pfirsichblattlaus liegt bei 10 %, die der Schwarzen Bohnenlaus bei 30 % befallenen Pflanzen. Die Schwellen gelten jeweils bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich 90 % der Zuckerrübenblätter aus benachbarten Reihen berühren.

In den letzten Jahren sind die Blattläuse häufig ab Anfang Mai in die Zuckerrübenbestände geflogen. Für die individuelle Entscheidung, ob eine Bekämpfung der Schwarzen Bohnenlaus auf dem eigenen Zuckerrübenschlag notwendig ist, gilt es zusätzlich, die Nützlingsaktivität im Bestand zu berücksichtigen. Sind ausreichend viele Nützlinge vorhanden, können Sie einen höheren Befall tolerieren. Zu den natürlichen Gegenspielern von Blattläusen zählen beispielsweise Marienkäfer, Florfliegen, Schwebfliegen, Spinnen, Weichkäfer und Parasitoide.

Trotzdem macht das Verbot der neo­nicotinoiden Saatgutbeizen in einigen Jahren den Einsatz von Insektiziden während der Wachstumsperiode der Zuckerrüben erforderlich. Gleichzeitig verfolgt die Agrarpolitik aber eine ­gegensätzliche Richtung – nämlich die der deutlichen Einsparung von Pflanzenschutzmitteln (europäischer Green Deal). Wie lassen sich also die Schädlingsbekämpfung, die wichtig für die Sicherung eines hohen Zuckerertrags ist, und eine Reduktion der eingesetzten Insektizidmenge im Sinne der politischen Ziele vereinbaren?

Auf Basis dieser Fragestellung wurde ein Versuch zu verschiedenen Applikationsverfahren für Insektizide in Rüben durchgeführt, der Teil einer Masterarbeit war. Beteiligt waren die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Bezirksstelle Braunschweig), das Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig und die Georg-August-Universität in Göttingen. 

Applikationstechniken im ­Vergleich

Im Versuch haben wir geprüft, ob sich mit einer Bandapplikation und einer Einzelpflanzenbehandlung der Rüben mit Insektiziden genauso erfolgreich Blattläuse bekämpfen lassen, wie mit einer ganzflächigen, konventionellen Applikation. Die konkrete Zielsetzung ­bestand darin, die behandelte Nicht-Zielfläche durch den Einsatz einer Band- und Einzelpflanzenbehandlung zu verringern und dabei einen gleichen Bekämpfungserfolg zu erzielen.

Der Versuch wurde an zwei Standorten im Dienstgebiet der Bezirksstelle Braunschweig angelegt. Einer befand sich in Volkse bei Hillerse im Landkreis Gifhorn und einer in Broitzem bei Braunschweig. Zusätzlich zu den drei Applikationstechniken wurden zwei verschiedene Insektizide eingesetzt: Teppeki (Flonicamid) und Pirimor G (Pirimicarb). Daraus ergaben sich insgesamt sechs Prüfvarianten und eine unbehandelte Kontrolle mit jeweils vier Wiederholungen pro Standort, die als randomisierte Blockanlage angelegt wurden.

Der Versuch im Detail

Nach vorangegangener Überwachung des Blattlauszuflugs mittels Gelbschalen und Pflanzenkontrollen erfolgte die Applikation an beiden Standorten am 17.5.2023 nach deutlicher Schwellenüberschreitung (siehe Übersicht 1). Die Flächen- und Bandapplikationen erfolgten mithilfe der Parzellenspritze der Bezirksstelle Braunschweig, während die Einzelpflanzenbehandlung mit der Präzisionsfeldspritze ARA von der Firma Ecorobotix durchgeführt wurde.

Diese Präzisionsspritze weist eine Arbeitsbreite von 6 m auf und erlaubt eine maximale Fahrgeschwindigkeit von 7,2 km/h. Sie verfügt über einen Düsenbalken mit 156 Präzisionsdüsen, die sich – genau wie die vorgeschalteten  hochauflösenden Kameras – unter einer Haube befinden. Die Kameras nehmen den Kulturpflanzenbestand während der Überfahrt auf und identifizieren über eine eingebaute KI die vorab ausgewählte Zielpflanze. Ein Jobrechner steuert dann die Düsen an, sodass nur die einzelne Zuckerrübe präzise behandelt wird. Die Spritzbrühe wird in der Fronthydraulik mitgeführt.

Ergebnis: Guter ­Bekämp­fungserfolg …

Während der vier Boniturtermine wurde fast ausschließlich die Schwarze Bohnenlaus auf den Rübenblättern ge­funden, weshalb sich die folgenden Ausführungen auf diese Blattlausart beziehen. Um den Bekämpfungserfolg ermitteln zu können, haben wir vor der Insektizidapplikation den Ausgangsbefall in allen Parzellen bestimmt. Dieser war an beiden Standorten auf ähnlichem Niveau, wie Übersicht 2 zeigt (Bonituren vom 16./17. Mai 2023).

Zwei Tage nach der Applikation ließen sich noch keine konkreten Unterschiede zwischen den Applikationstechniken ableiten. Allerdings zeigte das Pirimor G einen deutlich schnelleren Wirkungseintritt als das Teppeki.

Am 24. Mai waren diese Unterschiede hinsichtlich der Wirkgeschwindigkeit der Insektizide nicht mehr zu sehen und der Blattlausbefall reduzierte sich in allen Varianten auf ca. ein Drittel im Vergleich zur Kontrolle. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits die Tendenz ab, dass die Bandapplikation die effektivste Variante bei der Blattlausbekämpfung sein könnte.

Am 30. Mai war der Blattlausbefall in allen Varianten noch immer auf einem niedrigen Niveau, obwohl die Befallsstärke in der Kontrolle innerhalb einer Woche noch mal stark zunahm. Das anschließende Virus-Monitoring (von Mitte Juli bis Mitte September) ergab, dass an beiden Versuchsstandorten kein BYV aufgetreten ist – auch nicht in den unbehandelten Kontrollen.

… mit weniger Insektizidmenge

Alle drei Applikationstechniken haben demnach zu einer erfolgreichen Blattlausreduzierung beigetragen. Die Bandbehandlung mit Teppeki stellte sich nach 13 Tagen als effektivste Variante heraus. Die Flächenapplikation mit Pirimor G schnitt am schlechtesten ab. 

Diese Ergebnisse zeigen, dass die beiden Applikationstechniken, die eine ­Reduktion der eingesetzten Insektizidmenge ermöglichen, mindestens genauso effektiv Blattläuse bekämpfen können, wie eine ganzflächige Applikation. Bei der Bandapplikation mit einem 20 cm breiten Spritzband reduzierte sich die behandelte Nicht-Ziel­fläche auf 44 %, wodurch sich ein Einsparpotenzial von 56 % ergab. Bei der Einzelpflanzenbehandlung lag das Einsparpotenzial bei 63 %, da man hier die behandelte Fläche auf 37 % verringern konnte.

Dass der Unterschied zwischen Band- und Einzelpflanzenbehandlung bezüglich des Reduktionspotenzials geringer ist als erwartet, liegt daran, dass die Rüben zum Applikationstermin bereits vier bis sechs Laubblätter hatten. Das Einsparpotenzial der ARA-Spritze hängt von der Spotgröße ab, die wie­derum von der Größe der Kulturpflanze abhängt. Das bedeutet, dass bei einer früheren Applikation noch mehr Mittel hätten eingespart werden können.

Chance für die Praxis

Der Versuch zeigt, dass sowohl die Band- als auch die Einzelpflanzenbehandlung die Insektizidmenge in Zuckerrüben um mehr als 50 % verringern können – und zwar bei gleichem Bekämpfungserfolg! 

Für die Praxis bedeutet das, dass gerade die Bandapplikation künftig dazu beitragen kann, die Ziele „effektive Blattlausbekämpfung“ und „weniger Insektizideinsatz in Rüben“ zu vereinen. Von Vorteil ist, dass sich die entsprechende Technik oft an bereits auf den Betrieben vorhandenen Pflanzenschutzspritzen nachrüsten lässt.

Die Einzelpflanzenbehandlung mit der Präzisionsspritze ARA von Ecorobotix erreichte zwar ebenfalls eine deutliche Reduktion des Blattlausbefalls. Allerdings geht diese Applikationstechnik auch mit hohen Anschaffungs- und vergleichsweise höheren ­Arbeitserledigungskosten aufgrund der geringeren Flächenleistung einher. In Sonder- und Gemüsebaukulturen hat das Gerät bereits heute eine Daseinsberechtigung, in Ackerkulturen wird es für die ARA-Präzisionsspritze aber vermutlich schwierig, sich zeitnah gegen die bereits vorhandene Pflanzenschutztechnik durchzusetzen.

Insektizide wirken sich kaum auf Nützlinge aus

Neben der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln geht es der Politik im Rahmen von Artenvielfalt und Biodiversität auch darum, die Nützlinge zu schonen. Zudem können Nützlinge in Zuckerrüben als „Blattlausräuber“ zu einer effektiven Blattlauskontrolle beitragen. Aus diesem Grund wurden während des Versuchs auch bodenlebende Nützlinge berücksichtigt, um herauszufinden, ob die einzelnen Applikationstechniken unterschiedliche Auswirkungen auf deren Aktivität zeigen.

Zur Beurteilung der Aktivität kamen „Blattlauskarten“ vom JKI zum Einsatz. Diese bestehen aus Sandpapier, worauf jeweils sechs Erbsenblattläuse geklebt wurden. Die Blattlauskarten haben wir auf beiden Versuchsstandorten an den insgesamt vier Boniturterminen in die Kulturpflanzenreihen platziert. Nach zwei Tagen haben wir überprüft, wie vie­le der aufgeklebten Erbsenblattläuse von den bodenlebenden Blattlaus­räubern gefressen wurden. Folgendes ist dabei herausgekommen (siehe Übersicht 3):

  • Es traten keine signifikanten Unterschiede zwischen der unbehandelten Kontrolle und den Insektizidvarianten auf. Das heißt: Es gab keine ne­gativen Auswirkungen der Insektizidmaßnahmen auf die Nützlingsaktivität.

  • Die höchste Prädationsrate erreichte die Einzelpflanzenbehandlung mit Pirimor G.

  • Die Flächenapplikationen mit Teppeki und Pirimor G sowie die Bandbehandlung mit Teppeki wiesen im Vergleich signifikant geringere Prädationsraten auf.

  • Im Vergleich zur Flächenappli­kation wirkten sich die verringerten ­Pirimor G-Mengen insbesondere bei der Einzelpflanzenbehandlung, aber auch bei der Bandapplikation, positiv auf die Aktivität der Blattlausräuber aus.

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