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Auswuchs im Getreide – was geht dort vor sich?

Getreide, Raps und sogar Ackerbohnen beginnen, auf dem Halm zu keimen. Grund ist vor allem die geringe bis gar keine Keimruhe. Das wirkt sich auch auf die Saatgutqualitäten aus, erklärt Dr. Ute Kropf.

Lesezeit: 6 Minuten

Unsere Autorin: Dr. Ute Kropf, Fachochschule Kiel

Aktuell herrscht Auswuchs-Wetter, es ist warm und feucht. Entscheidend für sinkende Fallzahlen und den damit beginnenden Auswuchs sind die zunächst nicht sichtbaren Prozesse im Korn.

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Haben moderne Sorten eine kürzere Keimruhe?

Dass im stehenden Bestand die Fallzahl sinkt oder das Korn gar auswächst, ist in der Natur eigentlich nicht vorgesehen. Die Urformen des Getreides bauen während der Abreife eine Keimruhe auf, die mehrere Wochen bis Monate anhält. Diese unterbindet ein vorzeitiges Keimen und stellt sicher, dass das Korn erst bei herbstlichem Regen unter deutlich kühleren Temperaturen wächst.

Züchterische Selektion hat die Ansprüche an die Dauer der Keimruhe soweit reduziert, dass die Winterkulturen nur wenige Wochen nach der Ernte wieder vollständig keimen. Bei Weizen ist die Keimruhe noch kürzer als bei Gerste. Das lässt einen kürzeren Zeitraum zwischen Weizenernte und Saat zu. Daher hat Weizen auch die größeren Probleme mit Auswuchs. Gerste hingegen wird oft noch unter trockenen Bedingungen und deutlich früher geerntet.

Außerdem dringt Feuchtigkeit bei Gerste schlechter in das Korn ein, weil die mit dem Korn verwachsene Spelze das Korn schützt. Bei Weizen und Roggen hingegen kann Wasser direkt an das frei liegende Korn gelangen und verdunstet nur schlecht zwischen Korn und Spelze.

Was passiert bei Auswuchs?

Der Embryo im Korn ist ab der Milchreife physiologisch keimfähig. Daher muss sich bereits früh eine Keimruhe aufbauen. Diese ist umso intensiver, je trockener und wärmer es während der Kornfüllung ist. Zwischen Gelb- und Vollreife hat die Keimruhe ihren Höhepunkt erreicht. Regnet es in dieser Phase, wird keine ausreichend hohe und lange Keimruhe aufgebaut.

Ist die Keimruhe auf dem Halm noch vor der Ernte beendet, beginnen bei regnerischem Wetter die enzymatischen Vorgänge der Keimung, der Keimprozesse wird bereits auf der Ähre in Gang gesetzt (latenter Auswuchs). Aus Stärke wird Zucker gebildet, sodass die Fallzahl langsam sinkt. Nach wenigen Tagen anhaltender Feuchtigkeit beginnt der sichtbare Keimungsvorgang (siehe Übersicht): Der Embryo schwillt an.

Bleibt es dann weiterhin feucht, erscheinen die Wurzelanlagen und das erste Blatt – das Korn wächst aus. Jetzt hat das Korn auch seine Verbindung zur Spindel verloren und sitzt nur noch lose in den Spelzen.

So kommt es zu Kornverlusten durch Wind und Regen. Problematisch wird dies oft in der Folgekultur als Durchwuchs. Je nach Bodenbearbeitung (z. B. 2 x pflügen) kann der Durchwuchs auch erst im übernächsten Jahr auftreten.

Wie misst man die Fallzahl?

Die Fallzahl ist ein Maß dafür, wie aktiv das Stärke abbauenden Enzym Amylase ist (Maß für die Stärkebeschaffenheit). Das Enzym setzt die Keimprozesse in Gang. Um die Fallzahl zu messen, wird eine definierte „Suppe“ aus dem Mehl und Wasser gekocht. Dann lässt man einen Stab durch diese Kleistersuppe fallen und misst die Zeit in Sekunden.

Ist die Stärke intakt, verkleistert sie stark und die Fallzahl ist hoch, genauer: Die Zeitspanne ist lang. Beginnt die Amylase, die langen Stärkeketten in kurze Zuckermoleküle zu spalten, ist die Fallzahl deutlich niedriger bzw. der Zeitraum hierzu kürzer. Für ein optimales Backergebnis ist eine intakte Stärke nötig (hohe Fallzahl), die gut verkleistert und voluminöse, luftige Backwaren gut in Form hält.

Warum kommt es zu Auswuchs?

Neben der Witterung gibt es aber noch einen zweiten wesentlichen Faktor, der den Aufbau einer Keimruhe bestimmt. Hier kommt wieder das Hormonsystem ins Spiel. Für die Ausbildung der Keimruhe ist die Abszisinsäure verantwortlich. Ihr Gegenspieler ist das Cytokinin.

Ein hohes Cytokinin-Niveau behindert den Aufbau der Keimruhe. Bestände, die durch Fungizide oder eine überzogene N-Düngung bzw. starke N-Nachlieferung zu lange grün gehalten werden, sind von vornherein stark auswuchsgefährdet.

Hier spielt vor allem der N-Fluss während der Schossphase eine Rolle, der in die Ausbildung der Blatt- und Stängelmasse gesteckt wird. Die Spätdüngung ist für den greening-Effekt weniger verantwortlich.

Wie lässt sich Auswuchs vermeiden?

Auf den ersten Blick scheint es, als sei man der Unbill der Witterung ausgeliefert. Auf den zweiten Blick ergeben sich aber gute Möglichkeiten, die Fallzahl zu stabilisieren bzw. Auswuchs entgegenzusteuern.

  • Wählen Sie eine fallzahlstabile Sorte – je fallzahlstabiler die Sorte, desto langsamer wächst die Sorte aus. Informationen darüber finden Sie in der Beschreibenden Sortenliste oder den Ergebnissen der Sortenversuche aus nassen Erntejahren.
  • Wählen Sie frühreife Sorten.
  • Zögern Sie die Saatzeit nicht unnötig hinaus: Das physiologische Alter der Triebe spielt auch eine Rolle. So zeigten die späten Frühjahrstriebe in den ausgedünnten Beständen deutlich früher und massiver Auswuchs.
  • Vermeiden Sie Frühjahrstriebe und Nachschosser durch ausreichende Bestandesdichten.
  • Bestände müssen rechtzeitig umlagern und abreifen, der „greening“-Effekt steht dem entgegen.
  • Trocknen, lüften und lagern sie fallzahlschwache Partien.

Ist Auswuchs ein Problem für Saatgetreide?

Latenter (noch nicht sichtbarer) Auswuchs ist ein beginnender Keimprozess, der durch Rücktrocknung wieder zum Stillstand kommt und nach erneuter Wasseraufnahme weitergeht. Erst wenn die Wurzelanlagen bzw. der Spross sichtbar werden und der Keimling dann austrocknet, stirbt er ab. Samen mit sichtbarem Auswuchs können also nicht mehr keimen.

Schwieriger ist es, latenten Auswuchs zu bewerten. Hier gibt es zwei Probleme:

1. Der hervorgewölbte Embryo kann durch Reinigung und Förderanlagen mechanisch beschädigt werden.

2. Die Wirkung der Beize kann sich verändern, wenn sie direkt nach der Ernte auf das physiologisch aktive Korn trifft – die keimhemmende Wirkung kann sich verstärken. Sie geht nach einigen Wochen zurück, sodass die Partie dann wieder gleichmäßig aufläuft.

Kann man ausgewachsene Körner noch säen?

Partien mit latentem Auswuchs sollten daher erst kurz vor der Aussaat und nur mit so viel Beizmittel wie notwendig gebeizt werden. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Saat solcher Partien soll damit nicht legitimiert werden.

Es gibt aber Jahre, in denen man sich zwischen Pest und Cholera entscheiden muss. Eine gesunde Partie mit latentem Auswuchs ist dann einer kranken ohne Auswuchs (nach einem Keim- und Triebkrafttest) auf jeden Fall vorzuziehen.

Wachsen die Kulturen auf Ihren Flächen auch schon auf dem Halm aus? Schreiben Sie Ihre Beobachtungen gerne in die Kommentare.

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