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Crispr/Cas: Ist neue Gentechnik nur eine Nebelkerze?

Können Crispr und Co. ihr Versprechen halten?

Lesezeit: 4 Minuten

Unsere Autorin: Carolin Pagel, bioland-Fachmagazin

Den diesjährigen internationalen Welternährungstag haben verschiedene Akteure zum Anlass genommen, um das Thema Neue Gentechniken zu platzieren. Das Handelsblatt, in Kooperation mit dem Bayer-Konzern, setzte es beispielsweise aufs Programm einer hochkarätig besetzten Veranstaltung und stellte die Frage „Brauchen wir mehr Gentechnik, um die Welt zu ernähren?“.

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Bioland-Präsident Jan Plagge, der zum Schlagabtausch mit Prof. Nicolaus von Wirén vom IPK Gatersleben eingeladen war, beantwortete dies mit einem klaren Nein. „Die Genschere hilft uns nicht weiter, um die wichtigsten Ursachen von Hunger zu bekämpfen,“ sagte der 51-Jährige.

Man müsse sich bewusst machen, dass neben dem Klimawandel und der Ressourcenverschwendung Kriege, Armut und Ungleichheit die Hauptgründe dafür sind, warum es noch immer fast eine Milliarde hungernde Menschen auf der Welt gibt – Tendenz steigend. „Neue Technologien klingen attraktiv, aber die Diskussion um notwendige Schritte darf nicht eingleisig auf technische Lösungen reduziert werden“, so Plagges feste Überzeugung.

Gentechnik nicht als Allheilmittel verstehen

Die neuen Gentechniken wie Crispr/Cas sind seiner Ansicht nach nicht die Allheilmittel, als die sie gerne dargestellt werden. Gentechnik-Befürworter kontern dagegen, Gentechnik sei kein Allheilsbringer, sondern solle als ein Baustein für mehr Nachhaltigkeit und Ökologisierung betrachtet und genutzt werden.

Doch der Blick auf die Realität belehrt uns eines Besseren: Zum Beispiel hat der Einsatz des Totalherbizids Glyphosat seit der Einführung von herbizidresistenten GVO-Pflanzen weltweit um das 15-fache zugenommen. Das sei dieses Mal anders, so die befürwortenden Stimmen, die für die Ausnahme für Crispr und Co. vom europäischen Gentechnikgesetz werben.

Auch die EU-Kommission sieht die Neuen Gentechniken als Chance, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der EU zu senken. Doch noch ist das Zukunftsmusik, denn die aktuellen Patentanmeldungen weisen in die gleiche Richtung wie die bisherigen.

Wie ein Bericht des Joint Research Center der EU zeigt, wird zwar an vielen möglichen Anwendungen im Bereich Stresstoleranz, veränderter Zusammensetzung von Inhaltsstoffen und neuer Eigenschaften in Bezug auf Ernte und Pflanzenwuchs geforscht. Wenn es aber um Anwendungen geht, die kurz vor der Kommerzialisierung stehen, ist Herbizidresistenz nach wie vor die häufigste Eigenschaft.

Pflanzengenetik bleibt komplex

Die Versprechungen zu trockenresistenten Sorten werfen Fragen auf. Wer Pflanzen züchtet, weiß, wie komplex die genetischen und physiologischen Wechselwirkungen sind. Inde Sattler, Mitgründerin des Vereins apfel:gut und Bioland-Landwirtin, erklärt: „Die Einkreuzung polygener Resistenzen, die sich standortangepasst entwickeln konnten, braucht Zeit und langjährige Feldforschung.“

Es sei daher wichtig, dass sich die Pflanze mit der Umwelt unter ökologischen Anbaubedingungen auseinandersetzten kann, um sich standortangepasst zu entwickeln. „Monogene Resistenzen bringen uns nicht weiter, das haben jahrzehntelange Erfahrungen in der ökologischen Züchtungsforschung gezeigt. Was wir brauchen, ist die genetische Vielfalt von robusten Pflanzen“, betont Inde Sattler. Fest steht: Mit Züchtung kann viel erreicht werden.

Eindeutige Kennzeichnung gefordert

Aus Verbraucherschutzsicht sollten strenge Kriterien wie eine eindeutige Kennzeichnung sowie eine Sicherheits- und Risikoprüfung gewährleistet sein. Dass heute zwischen neuer und alter Gentechnik unterschieden wird, liegt nämlich auch daran, dass mit den Neuen Gentechniken Veränderungen herbeigeführt werden können, die auch natürlicherweise entstehen können. So seien diese Mutationen nicht nachweisbar. Die Nachweisbarkeit ist jedoch primär eine Frage der gesetzlichen Vorgaben. Stünde der Prozess im Fokus, wäre eine Rückverfolgbarkeit machbar.

Unmöglich ist de facto die Rückholbarkeit. „Gerade bei solch mächtigen Instrumenten sollte eine gesicherte Risikoprüfung und eine Nachverfolgbarkeit der Anwendung selbstverständlich sein, um im Zweifel gegensteuern zu können“, argumentiert Karin Agerer, Engagierte im Arbeitskreis GENial. Die Bioland-Landwirtin aus dem Allgäu plädiert daher für den Fortbestand des Vorsorgeprinzips.

Ganzheitliche Betrachtung gefragt

Der Wunsch, die derzeitige Regulierung anzupassen, wird häufig als wissenschaftlicher Konsens präsentiert. Eine kürzlich von den Grünen im Europäischen Parlament veröffentlichte Studie macht aber deutlich, dass die einzelnen Forscher und die untersuchten Lobbygruppen nicht als Vertretung der allgemeinen Wissenschaft gelten können. Denn sie repräsentieren vor allem die Genetik und Molekularbiologie.

Hingegen fehle interdisziplinäres Fachwissen, das wichtig ist, um mögliche negative Folgen neuer gentechnischer Verfahren in der Landwirtschaft zu bewerten, so die Studie. Dazu gehört die Expertise in Ökologie, Agrarökologie, Sozioökonomie, Toxikologie und öffentlicher Gesundheit. Systemische Probleme wie die Hunger- und Klimakrise oder das Artensterben müssen mit ganzheitlichen Lösungen beantwortet werden.

„Natürlich müssen wir angesichts der aktuellen Herausforderungen alle Register ziehen“, ist sich Jan Plagge bewusst. „Doch was gezogen werden soll, sind erneut die vermeintlich einfachen technischen Lösungen. Damit steuern wir in die nächste Sackgasse.“ Denn bahnbrechende Erfolge der neuen Gentechnik hinsichtlich Klimaanpassung sind bisher ausgeblieben. Das gilt im Übrigen auch für Länder, in denen die Gesetzgebung weniger streng ist.

Der vollständige Beitrag ist im November 2022 im bioland-Fachmagazin erschienen.

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