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Landwirtschaft im Dialog

Deising: „Mehr wissenschaftliche Kompetenz bei Beurteilung von Pflanzenschutzverfahren“

„Pflanzenschutz und Biodiversität – wie verbinden?“ Darüber wird im Format "Landwirtschaft im Dialog“ am 11. November in Berlin diskutiert. Wir haben Podiumsteilnehmer Prof. Deising vorab befragt.

Lesezeit: 5 Minuten

Wie sieht für Sie der Pflanzenschutz 2025 aus? Sehen Sie noch eine Zukunft für den chemischen Pflanzenschutz?

Prof. Deising: Der chemische Pflanzenschutz wird in den öffentlichen Medien sehr kritisch gesehen und entsprechend schlecht ist der Ruf des chemischen Pflanzenschutzes in der Bevölkerung. So ist es nicht erstaunlich, dass nach Alternativen gesucht wird und dass der biologische Pflanzenschutz propagiert wird.

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Ich sehe diese Entwicklung, die durch den Wegfall von Wirkstoffen und den Einsatz von antagonistischen Mikroorganismen gekennzeichnet ist, sehr kritisch und wünsche mir mehr wissenschaftliche Kompetenz bei der Beurteilung von Pflanzenschutzverfahren. - Prof. Deising

Die Toxizität chemischer Pflanzenschutzmittel wird in der Öffentlichkeit stark überschätzt – bei gleichzeitiger Unterschätzung der Risiken, die von mikrobiellen Stoffwechselprodukten ausgehen. Hinzu kommt, dass bei der strategischen Ausrichtung des Pflanzenschutzes die Populationsentwicklung von Pathogenen zu wenig berücksichtigt wird. In diesem Kontext ist auf das Auftreten neuer Gelbrost-Rassen seit 2014 hinzuweisen, die ohne wirksame Fungizide zu einem spürbaren Einbruch in der europäischen Weizenproduktion geführt hätten.

Auch die Bekämpfung invasiver Arten/neuer Schaderreger wäre ohne chemische Pflanzenschutzmittel sehr problematisch und hätte direkte Relevanz für die Ernährungssicherung. Von zentraler Bedeutung für die Beurteilung unterschiedlicher Pflanzenschutzverfahren ist, dass durch den Integrierten Pflanzenschutz die Populationsentwicklung von Schadorganismen effizient kontrolliert wird. Und nur durch diese Kontrolle in weiten Flächen des Landes kann auf kleinen Flächen, auf denen ökologischer Landbau betrieben wird, auf chemische Methoden (sieht man ab von Kupfer-haltigen Präparaten) verzichtet werden.

Ich sehe auch in der Zukunft die dringende Notwendigkeit des chemischen Pflanzenschutzes. Das Milleniumsziel der Vereinten Nationen, bis 2030 den Hunger zu beseitigen, ist ohne wirksamen Pflanzenschutz schlichtweg nicht erreichbar. Es ist dringend zu hoffen, dass der Verlust von Wirkstoffen gestoppt und gleichzeitig intensiv nach neuen Wirkstoffen mit neuen Wirkmechanismen gesucht wird.

Wie ist es aus Ihrer Sicht möglich, Erträge zu halten und gleichzeitig die Biodiversität zu fördern?

Prof. Deising: Es ist eine Fehlannahme, dass man auf Agrarflächen eine ähnliche Biodiversität wie auf Naturflächen erreichen kann. Wir bauen Nutzpflanzen mit dem Ziel an, die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen und nicht, um möglichst vielen Tier-, Pflanzen- und Mikroben-Arten einen Lebensraum einzurichten. Es ist unbestritten, dass der vollständige Ersatz des konventionellen durch den ökologischen Landbau deutliche Ertragseinbußen zur Folge hätte. Um nicht missverstanden zu werden: Die Vielfalt in der Natur spielt eine herausragende Rolle und die Wünsche nach hohen Erträgen und gleichzeitiger Erhaltung der Artenvielfalt sind nachvollziehbar und vielleicht nicht vollkommen unvereinbar.

Bereits in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren wurde durch den Biologie-Professor Berndt Heydemann in seiner Funktion als Minister für Natur, Umwelt und Landesentwicklung in Schleswig-Holstein ein Öko-Verbundsystem propagiert, in dem sich, ausgehend von unbehandelten Feldrandgebieten, Populationen regenerieren können. Dieser Weg könnte auch in der modernen Landwirtschaft von 2020+ eine ernstzunehmende Rolle bei der Wahrung der Biodiversität bei gleichzeitiger Vermeidung der Verringerung des Ertragsniveaus spielen. Zusätzlich ist es interessant, über folgenden Aspekt nachzudenken:

Global würde die flächendeckende Einführung des Ökolandbaus zu einem erheblichen Mehrbedarf an Ackerfläche führen. – Prof Deising

Die Schätzungen schwanken zwischen ca. 70 und 100%. Konsequenterweise könnten also bei Nutzung des konventionellen Landbaus und des Integrierten Pflanzenschutzes mehr Flächen vor der landwirtschaftlichen Nutzung bewahrt werden und stünden dann für die Entwicklung hoch-diverser Pflanzen-, Tier- und Mikroben-Populationen zur Verfügung. Auch das wäre ein klares Plädoyer für den Integrierten Pflanzenschutz.

Wo entstehen in Zukunft bei weiterem Wegfall von Wirkstoffen die größten Wirklücken? Sind biologische Mittel und andere Alternativen in der Lage, diese Lücken zu schließen?

Prof. Deising: Die Größe der Wirklücken hängt natürlich im Einzelfall von der Bedeutung der Wirkstoffgruppe ab, die entfällt. Unfraglich entstehen durch Verzicht auf Wirkstoffgruppen nicht unerhebliche Risiken. Zu diesen Risiken zählen die forcierten Resistenzbildungen, die auf die fortgesetzte Behandlung mit Wirkstoffen mit identischem Wirkmechanismus zurückzuführen sind. Dazu zählen auch Krankheiten und Beschädigungen, die mit dem verbleibenden Sortiment an Pflanzenschutzmitteln nicht hinreichend kontrolliert werden können. Antagonistische Mikroorganismen werden als Alternative zum chemischen Pflanzenschutz propagiert, könnten aber ungeahnte Gefahren bergen, da in mikrobiellen Konfrontationen die Synthese von bisher unbekannten und gegebenenfalls hochtoxischen Sekundärmetaboliten aktiviert werden könnte. Das ist experimentell belegt und nicht zu bestreiten.

Eine weitere Alternative, deren Entwicklung aber auf der politischen Ebene aus nicht nachvollziehbaren Gründen geblockt wird, ist der Einsatz gentechnisch modifizierter Pflanzen mit effizienten Resistenzmechanismen gegen tierische und mikrobielle Schadorganismen. Durch diese Pflanzen könnte der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel weiter zurückgedrängt werden. Auch die Entwicklung kurzer interferierender RNA-Moleküle sollte dringend vorangetrieben werden. Insgesamt kann man derzeit zahlreiche innovative Entwicklungen im Pflanzenschutz sehen. Es bleibt die Hoffnung, dass nicht Emotionen, sondern vorbehaltlose wissenschaftliche Prüfungen bei der Zulassung von Mitteln und Verfahren im Pflanzenschutz die entscheidende Rolle spielen.

„Landwirtschaft im Dialog“: Pflanzenschutz und Biodiversität – unvereinbar oder zwei Seiten derselben Medaille?

Am 11. November dreht sich ab 19 Uhr in der Vertretung des Landes Bremen in Berlin alles um das Thema Pflanzenschutz und Biodiversität. Dabei soll es um Antworten auf die Frage gehen: Wie kann der Pflanzenschutz der Zukunft aussehen, der wirtschaftliche Erfordernisse der Landwirte mit der Sicherung von Boden, Wasser, Luft und Biodiversität in Einklang bringt? Mitdiskutieren werden Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), Agrarstaatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens, DBV-Umweltpräsident Eberhard Hartelt sowie Vertreter der Umweltverbände, der Pflanzenschutzindustrie aber auch Wissenschaftler, Juristen, Berater und Landwirte.

Kostenlos anmelden!

Die Teilnahme an der Veranstaltung, die top agrar im Rahmen des neuen Diskussionsformats „Landwirtschaft im Dialog“ durchführt, ist kostenlos. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.seminare.lv.de

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