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Grünland: So retten Sie Rehkitze und Co.

Beim ersten und frühen zweiten Schnitt besteht jedes Jahr die Gefahr, dass Rehkitze ins Mähwerk gelangen. Das lässt sich mit geeigneten Maßnahmen verhindern – ein Überblick.

Lesezeit: 11 Minuten

Viele Landwirte kümmern sich bereits vor der Mahd darum, Rehkitze vom Grünland zu retten. Doch noch immer kommt es zu vermähten Tieren. Die Gründe dafür sind vielfältig: Aufgrund kürzerer Erntezeitfenster und knapper verfügbaren Ressourcen (Arbeitskräfte und -zeit), wird beim Mähen zunehmend auf schlagkräftige Technik gesetzt, z. B. in Form von Schmetterlingsmähwerken. Durch deren hohe Flächenleistung ist die Grundfutterwerbung auch in witterungsbedingt kurzen Zeitfenstern – wie im Frühjahr 2021 – möglich.

Allerdings wird das Mähen dann oft an Lohnunternehmer vergeben. Diese kennen die Flächen meist nicht genau und wissen im Vergleich zum Landwirt weniger über den Besatz mit z. B. Rehkitzen. Hinzu kommt: Es gibt immer noch zu wenig Wissen über das Verhalten von Rehkitzen. Dem zumindest will ein Projekt entgegenwirken (siehe weiter unten).

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Durch diese Rahmenbedingungen wird es immer herausfordernder, Kitze und andere Wildtiere zu retten. Es ist aber gleichzeitig keine Entschuldigung dafür, ohne Maßnahme(n) zu mähen. Denn beim Mähen ist der Bewirtschafter der Flächen, also in der Regel der Landwirt, „als Verursacher“ verantwortlich.

Rechtliche Regelungen zur Rehkitzrettung

Die wichtigsten Ziele von Maßnahmen zur Rehkitzrettung sind rechtlich geregelt. Es geht hauptsächlich darum, gesetzliche Vorgaben einzuhalten – allen voran das Tierschutzgesetz (TierSchG, insbesondere § 17). Es verbietet das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund, worunter auch der Mähtod von Rehkitzen fällt. Achtung: Ein vorsätzlicher Verstoß wird als Straftat mit einem Strafmaß von einer Geld bis hin zu einer Freiheitsstrafe gewertet. 

In einigen Bundesländern machen die dort geltenden Naturschutzgesetze zusätzliche Vorgaben wie z.B. das Verbot des Mähens von außen nach innen. Daneben gibt es weitere rechtliche Folgen, die z.B. das Jagdrecht betreffen und ebenfalls vermieden werden sollten. Beziehen Sie daher am besten den zuständigen Revierpächter bei der Rehkitzrettung immer mit ein.

Genauso wichtig ist, die Fahrer nicht unnötig (psychisch) zu belasten oder Arbeitsabläufe zu verzögern. Als Tierhalter hat man sicherlich auch im Fokus, eine Kontaminierung des Futters durch Eintrag von Tierkadavern (Botulismus) zu verhindern. Zudem kann die Wildtierrettung einen Beitrag zum Schutz von seltenen Arten wie z.B. von Bodenbrütern oder Amphibien leisten.

Die drei Phasen der Setzsaison und die dazu passenden Maßnahmen

Um Kitze zu retten, können Bewirtschafter in der Praxis auf eine Reihe von Maßnahmen zurückgreifen. Da jeder die eigenen Flächen und Verhältnisse vor Ort am besten kennt, kann man so die für den Betrieb bzw. die einzelne Fläche passenden Maßnahmen wählen. Wichtig ist, diese Maßnahmen auf jeder Fläche durchzuführen. Legen Sie dabei ein extra Augenmerk auf besonders gefährdete Flächen, auf denen z. B. bereits im Vorjahr ein Rehkitz vermäht wurde oder auf Flächen, auf denen Kitze in der laufenden Saison gesehen wurden.

Die Rehkitzsetzsaison gliedert sich in drei verschiedene Phasen, die unterschiedliche Strategien bei der Kitzrettung erfordern:

  1. Während der ersten Phase, die je nach Region in etwa dem ersten Drittel des achtwöchigen Zeitraums Mai/Juni entspricht, findet man hauptsächlich sich noch drückende, frisch gesetzte bzw. junge Rehkitze. In dieser Zeit sind Maßnahmen zum  Aufsuchen, Sichern und Bergen  erfolgversprechend.
  2. In der zweiten Phase, die etwa im zweiten Drittel des genannten Zeitraums vorherrscht, findet man sowohl frisch gesetzte und junge, sich noch drückende Rehkitze als auch schon ältere flüchtende Kitze. Es empfiehlt sich in dieser Zeit, auf das  Mähen möglichst zu verzichten, oder mehrere Maßnahmen gleichzeitig  durchzuführen.
  3. Im letzten Drittel des Zeitraums Mai/Juni flüchten die meisten Rehkitze. Jetzt sind Maßnahmen am erfolgreichsten, die auf  Vergrämen und Vertreiben  abzielen. Dazu gehören z. B. der akustische Wildretter am Mähwerk in Kombination mit langsamerem Fahren und dem Mähen von innen nach außen bzw. von einer Seite zur anderen.

Einen Überblick über die Maßnahmen und den Anwendungszeitraum gibt die nachfolgende Übersicht. Wichtig: Seien Sie sich bei allen Maßnahmen bewusst, dass es nie eine hundertprozentige Garantie für das Vermeiden des Mähtods gibt. Jede Maßnahme hat Vor- und Nachteile.

Generell ist bei der Planung der Wildtierrettung an die derzeit notwendige Maßnahmenkaskade zu denken. Das heißt: Hat man trotz durchgeführter Maßnahme auf einer Fläche ein Rehkitz vermäht, ist das  Weitermähen auf dieser Fläche erst nach Ergreifen einer weiteren Maßnahme  möglich. Es ist also ratsam entsprechende Maßnahmen, wie z.B. den akustischen Wildretter am Mähwerk, für diesen Fall vorzuhalten.

Der Einsatz der Maßnahmen wird im Folgenden beschrieben. Darüber hinaus finden Sie weitere Informationen und Tipps, wie z.B. zur Mährichtung, im Mäh-Knigge. Die Lang- und die Kompaktversion in unserem Ratgeber "Hilfe zum kitzschützenden Mähen".

Rehkitzrettung ist Teamarbeit

Eine gute Voraussetzung für die Rehkitzrettung ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den jeweiligen Revierinhabern (Jäger). Diese können Landwirte unterstützen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Ideal ist es, wenn man auf weitere ehrenamtliche Helfer, Familienangehörige und Freunde zurückgreifen kann. Häufig ist der Mähtermin nur kurzfristig planbar und oft mähen viele Landwirt gleichzeitig. So wird nicht nur die Zahl der verfügbaren Personen, sondern auch das zur Rehkitzrettung notwendige „Material“ schnell knapp.

Erfahrene Rehkitzretter, die z.B. das Einfangen und Sichern der Kitze beherrschen, sind ebenfalls von Vorteil. Daher sollte man schon vor dem ersten Schnitt mit den entsprechenden Personen Kontakt aufnehmen und z.B. die Telefonnummern der Beteiligten austauschen. Um gut planen zu können, finden Sie in der Checkliste die Aufgaben für den Bewirtschafter. Weitere Checklisten finden Sie im Mäh-Knigge.

Vergrämen und Vertreiben ohne Gewöhnungseffekt

Beim Vergrämen und Vertreiben ist entscheidend, dass man einen neuen Reiz auf einer Fläche setzt. Dieser beunruhigt die Rehgeiß und veranlasst sie dadurch, ihr Kitz aus der Fläche zu holen. Beim Einsatz von Scheuchen (Flatterband, akustische oder visuelle Signale) oder anderen Maßnahmen zum Vergrämen wie dem Anmähen der Flächen, dürfen diese erst einen Tag (maximal zwei Tage) vor dem Mähen aufgestellt/durchgeführt werden. Andernfalls tritt ein Gewöhnungseffekt ein und die Rehgeißen führen ihre Kitze zurück auf die Fläche.

Zudem ist es unbedingt notwendig, den  Bereich um die Scheuche nach Rehkitzen abzusuchen! Manche Rehgeißen trauen sich nur bis auf ca. 10 bis 20 m an die Scheuchen heran und schaffen es somit nicht, die Rehkitze in Scheuchennähe aus dem Bestand zu holen.

Weniger gute Erfahrungen gibt es bisher mit Duftscheuchen. Diese verstänkern sehr stark, wodurch auch das Rehkitz in manchen Fällen verwittert (eine andere Witterung annimmt) und dadurch unter Umständen nicht mehr von der Rehgeiß angenommen wird. Daher empfehlen sich Duftscheuchen nur für die Absicherung einer bereits durchsuchten Fläche, wenn das Mähen nicht unmittelbar nach z.B. der Suche erfolgen kann.

Drohnen und Wärmebildkameras nur bei passenden Temperaturen

Um Rehkitze mithilfe klassischen Drohnen und Wärmebildkameras sichten zu können, muss ein Temperaturunterschied von ca. 8 bis 10 °C zwischen Rehkitz und Umgebung herrschen. Das Kitz ist warm und weist in den Morgenstunden bis ca. 8 Uhr eine Oberflächentemperatur von ca. 18 °C auf. Daher ist dieses Verfahren nur in den frühen Morgenstunden je nach Temperatur und Bewölkung bis maximal 8 oder 11 Uhr durchführbar. Die Flächenleistung ist auf 30 bis 50 ha pro Tag begrenzt.

Professionelle Drohnenpiloten können Rehkitze auch bei geringeren Temperatur unterschieden und aus größerer Höhe detektieren. So lassen sich die Einsatzzeiten ausdehnen und die Flächenleistung pro Tag steigern. Beachten Sie in jedem Fall die verschiedenen Einschränkungen für Drohnen: So darf man z. B. nur bis auf 100 m an Hochspannungsleitungen fliegen, wodurch nicht die ganze Fläche abgesucht werden kann.

Die tragbaren Wildretter mit Infrarotsensoren eignen sich besonders für kleinere Flächen wie z.B. Erosionsschutzstreifen oder Gewässerrandstreifen. Die Einsatzzeiten sind etwas kürzer als bei der klassischen Drohne und die Flächenleistung ist auf maximal 3 bis 5 ha pro Morgen begrenzt.

Absuchen mit Ehrenamtlichen: direkten Kontakt vermeiden

Eine weitere Methode ist das Absuchen der Fläche mit einer Menschenkette. Die Suche erfolgt dabei abhängig von der Bestandshöhe im Abstand von 1 bis 3 m und wird häufig von ehrenamtlichen Wildrettern durchgeführt, kann aber auch mit der eigenen Familie realisiert werden.

Tragen Sie zum Fangen und Sichern der Rehkitze auf jeden Fall Einmalhandschuhe, bestenfalls reiben Sie damit im Gras vor dem ersten Kitzkontakt, um die Rehkitze nicht zu verwittern. Beim Sichern der Tiere ist entscheidend, die z.B. Wäschekörbe oder Kisten (Luftlöcher!), die über die Rehkitze gestülpt werden, festzustecken (Weidezaunpfähle), damit die Rehkitze nicht entkommen.

Bei allen Suchmethoden ist es wichtig, dass unmittelbar nach der Räumung der Fläche gemäht wird. Andernfalls laufen Rehkitze, insbesondere geflüchtete Tiere, die nicht gefangen und gesichert werden konnten, auf die Fläche zurück und können vermäht werden.

Pöttinger Sensosafe: Mähwerk erkennt Rehkitz

Seit August 2021 ist das System Sensosafe auf dem Markt. Der Sensorbalken vor dem Mähwerk kann Rehkitze erkennen. Dabei spielt die Tageszeit keine Rolle, es lässt sich also über 24 Stunden unabhängig von der Temperatur oder der Sonneneinstrahlung usw. einsetzen.

Ist ein Kitz erkannt, hebt das Frontmähwerk sofort aus. Der Fahrer muss gleichzeitig sofort bremsen, um das Kitz nicht mit den Vorderreifen zu überrollen oder es doch noch mit dem Heckmähwerk zu treffen (die Seitenmähwerke heben nicht automatisch aus). Durch die maximale Reaktionsgeschwindigkeit des Fahrers zusammen mit dem notwendigen Bremsweg ist die Mähgeschwindigkeit auf 8 bis 10 km/h begrenzt. Nachdem die Mähwerke stillstehen, kann der Fahrer absteigen und die Fläche vor dem Sensorbalken, der angeschlagen hat, auf Rehkitze kontrollieren.

Somit dauert das Mähen eines Hektars im Median knapp 2 Minuten länger. Darin inbegriffen sind das langsamere Fahren und auftretende Fehlalarme – nicht jedoch die Zeiten zur Rettung der gefundenen Rehkitze.

Sehr wirkungsvoll: akustische Wildretter

Akustische Wildretter am Mähwerk stellen eine sehr wirkungsvolle Maßnahme zur Rehkitzrettung dar. Insbesondere kombiniert mit langsamerem Mähen kann man so auch noch sich drückende Rehkitze vertreiben und vor dem Mähtod bewahren. Bereits flüchtende Tiere können bei der zusätzlichen Kombination mit Mähen von innen nach außen bzw. von einer Seite zur anderen gut aus dem Bestand getrieben werden.

Was tun mit angemähten Tieren?

Um nicht in Konflikt mit dem Jagdrecht zu kommen, muss zwingend vor dem Mähen mit dem Jäger das Vorgehen bei angemähten Tieren geregelt werden. Denn das Wild ist Eigentum des Jägers (Revierinhaber). Dabei ist es ratsam, den jeweiligen Revierinhaber bei einem angemähten und auch bei toten Wildtieren sofort zu verständigen. Eine ggf. erforderliche Nottötung darf nur fachgerecht durchgeführt werden, wozu die entsprechende Ausrüstung einsatzbereit sein muss. Fachgerechtes Nottöten erfolgt z. B. mittels Betäubung – bei Rehkitzen ist eine Schlagbetäubung möglich – und anschließendem Ausbluten, was nur mit einem scharfen Messer gelingt.

Forschungsprojekt Wildtierrettung mit Daten unterstützen

Derzeit läuft das vom bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) geförderte Verbundprojekt „Wildtierrettungsstrategien“. Ziel des Projekts ist es, die Maßnahmen zur Wildtierrettung bzw. deren Einsatz zu optimieren und eine räumlich-zeitlich variable Gefährdungskulisse für die zu mähenden Flächen zu erstellen.

So will das Projekt die Arbeit der Landwirte unterstützen und mehr über das Verhalten der Kitze in den drei Phasen erfahren, um den Mähtod von Rehkitzen künftig noch effektiver zu vermeiden. Damit dies gelingt, ist Ihre (bundesweite) Unterstützung bei der Datenerfassung äußerst wichtig. Folgendes können Sie auf Datenblättern erfassen:

  • Rehkitzpositionen und weitere Daten zum Tier wie Fellfärbung usw. (auch online verfügbar). Melden Sie die Daten ab Ende April bis zum Ende der Kitzsaison: 1 x pro gefundenem Kitz.
  • Daten zur Rehkitzrettung aufgeteilt nach Techniken und Verfahren. Melden Sie die Daten ab Ende April bis zum Ende der Rehkitzrettungsaktionen: 1 x pro Fläche. Erhebungsbögen gibt es für Drohnenführer, den tragbaren Wildretter, den Scheucheneinsatz, die Menschenkette, den akustischen Wildretter am Mähwerk, das Mähen nach Mäh-Knigge und das Eingrasen (tägliches Holen von frischem Futter).

Wichtig sind möglichst vollständig ausgefüllte und zahlreiche Rückmeldebögen!

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