Teil 1: Fungizide
Teil 2: Herbizide
Teil 3: Insektizide <--
Auf der Basis des seit Jahrhunderten bekannten Natur-Pyrethrums, das bei Sonnenlicht sehr schnell zerfällt, wurden Ende der 1960er-Jahre synthetische Pyrethroide entwickelt und ab Mitte der 1970er in den Markt eingeführt.
Gegenüber Naturpyrethrum sind diese Wirkstoffe sehr viel stabiler und wirken lange. In der biochemischen Wirkung gibt es keinen Unterschied.
Pyrethroide waren seinerzeit eine wichtige Errungenschaft, denn ihre Giftigkeit gegen Warmblüter ist etwa 500-mal geringer als bei den seinerzeit üblichen Insektiziden wie dem hoch giftigen „E 605“, einem Phosphorsäure-Ester. Angriffspunkt der Insektizide ist überwiegend das Nervensystem.
Übersicht: Wirkstoffaufnahme
Insekten haben einen großen Nervenknoten im Kopf. Von dort ziehen sich Nervenfasern in zwei parallelen Bahnen durch den Körper (Strickleiter-Nervensystem). Von weiteren Nervenknoten zweigen Nerven in den gesamten Insektenkörper ab. Besonders wichtig sind sie für die Flugmuskeln im Brustbereich sowie für die Beinmuskeln. Bei Kontakt mit einem Pyrethroid – z. B. über die Füße oder Beine – gelangt der Wirkstoff in das Insekt. Die zirkulierende Körperflüssigkeit verteilt ihn schnell und so erfolgt eine Wirkung auf das gesamte Nervensystem.
Vorwissen zum Nervensystem
Nervenfasern transportieren Signale in Form elektrischer Impulse von einer Nervenzelle zu anderen. Den Kontakt stellen Synapsen am Ende eines Axons zu den Dendriten der nächsten Nervenzelle her (siehe Übersicht 6). Bestimmte Nervenzellen docken über motorische Endplatten an Muskelfaserzellen an. Ankommende Signale führen dann zur Kontraktion der Muskeln. Gelangen Pyrethroide in die Nervenzellen, entsteht ein Dauerreiz bis zu den motorischen Endplatten. Die Muskeln ziehen sich zusammen, es kommt zu dauerhaften Muskelkrämpfen.
Übersicht: Grundsätzlicher Aufbau eines Nervensystems
So wirken Pyrethroide auf die Natriumkanäle
Die Abgrenzung der Nervenzellen erfolgt durch Biomembranen. Und genau dort befinden sich die Wirkorte für Pyrethroide in Form spezieller Proteine, den Natriumkanälen. Nervenzellen im Ruhezustand haben eine hohe Konzentration an Natrium-Ionen im Außenbe-reich und viele negativ geladene Ionen im Innenraum.
Übersicht: So wirken Pyrethroide an Nervenzellen
Pyrethroide lagern sich bei Insekten, z. B. Blattläusen, an die Natrium-Kanäle der Nervenzellen an und öffnen sie. So wandert viel Natrium unkontrolliert in den gesamten Innenraum der Nervenzellen. Die Folge: Es kommt zu einer Überreizung und die angesteuerten Muskeln verkrampfen. Insekten sterben deshalb durch Atemlähmung. Durch diese Wirkweise hat die internationale Arbeitsgruppe IRAC die Wirkstoffe in die Gruppe 3A klassifiziert (Natriumkanal-Modulatoren). Mehr zu den Klassifikationen finden Sie unter irac-online.org oder in der App „IRAC MoA“.
Warum werden Warmblüter nicht geschädigt?
Generell sind die Nervenzellen der Organismen sehr ähnlich aufgebaut und haben die gleiche Funktion. Frühere Insektizide (Phosphorsäure-Ester, Carbamate) waren nicht selektiv und für Insekten, andere Tiere und den Menschen sehr giftig, weil das Target (ein Enzym) identisch aufgebaut ist.
Pyrethroide dagegen wirken stark auf Insekten, aber in den typischen Anwendungskonzentrationen nicht auf Warmblüter. Der Grund: Deren Targets – die Natriumkanäle – sind anders aufgebaut. Deshalb kommen Pyrethroide auch gegen Tierparasiten zum Einsatz und beim Menschen gegen Kopfläuse, andere Lästlinge und Hygieneschädlinge.
Nachteil der Pyrethroide: Sie haben – bis auf ganz wenige Ausnahmen – als Kontaktinsektizide eine starke Wirkung auch auf nützliche Insekten. Das gilt für Räuber (Larven der Schwebfliegen, Marienkäfer, Florfliegen u. a.) und auch für parasitisch lebende Schlupfwespen. Auch auf Fische wirken Pyrethroide sehr stark, sodass früher beim Einsatz von Spritzdüsen nach alter Bauart schon die Abdrift von Spritzbrühe auf Gewässer zum Fischsterben führte.
Die Serie
Die Autoren der Serie „Fachwissen Pflanzenbau“ stellen Zusammenhänge im Pflanzenbau kurz und knackig (wieder) her. Der aktuelle Themenblock heißt „Pflanzenschutz und Wachstumsregler“. Schon erschienen sind „Boden“, „Bodeneingriff“, „Pflanzenphysiologie“ sowie „Fruchtfolge, Zwischenfrüchte und Kulturen“. Alle Beiträge sammeln wir für unsere Leserinnen und Leser online unter www.topagrar.com/wissen-pflanzenbau