Unser Autor: Hermann Hanhart, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Der Wirkstoffverlust schlägt auch im kommenden Jahr zu. Für den Wirkstoff Isopyrazam wurde die EU-Genehmigung widerrufen. Betroffen sind im Getreide Gigant und Bontima sowie im Raps Symetra und Aziza. Leider gibt es keine Aufbrauchfrist, so dass noch vorhandene Produkte entsorgt werden müssen.
Auch für Prochloraz endet die Zulassung, eine neue EU-Genehmigung wird es nicht geben. Betroffen sind alle Produkte, die den Wirkstoff enthalten – im Getreide sind das wichtige Mittel wie Mirage, Ampera und Kantik. Die Abverkaufsfrist endete am 30. Juni 2022, betroffene Produkte darf man noch bis zum 30. Juni 2023 einsetzen.
Somit reduziert sich das Portfolio zur Kontrolle von Krankheiten im Getreide weiter. In 2023 dürften aus jetziger Sicht aber keine weiteren Wirkstoffe wegfallen. Tebuconazol wird ziemlich sicher noch bis 2024 zur Verfügung stehen.
Neue Produkte
Doch es wird auch neue Produkte geben, allerdings nur mit bekannten Wirkmechanismen. Questar enthält den neuen Wirkstoff Fenpicoxamid mit 50 g/l. Das Produkt ist in Weizen, Roggen und Triticale mit maximal 2,0 l/ha und einer Anwendung von EC 41 bis 69 zugelassen.
Um Resistenzen zu vermeiden, sollte man Questar niemals solo einsetzen. Deshalb erfolgt die Vermarktung nur im Pack mit Aptrell. Hierbei handelt es sich um den Wirkstoff Metconazol, bekannt aus den Produkten Caramba oder Plexeo. Die Herstellerfirma empfiehlt eine Kombination aus 1,5 l/ha Questar + 1,0 l/ha Aptrell. Generell wird der Pack nicht breit, sondern als Handelslösung verkauft.
In unseren Versuchen zeigte die Kombination eine gute breite Wirkung. Noch bessere Wirkungsgrade ließen sich allerdings mit 1,5 l/ha Questar + 1,0 l/ha Balaya erreichen. In einem Versuch mit Starkbefall erreichte die hoch aufgeladene Kombi aus 1,5 l/ha Questar + 0,6 l/ha Elatus Plus eine überragende Wirkung gegen Septoria.
Für Questar und Univoq erlaubt die Zulassung eine Anwendung erst nach EC 41. Beide Mittel eignen sich aber auch besonders gut für diesen späten Einsatz – z.B. als vorgezogene Abschlussbehandlung. Insgesamt werden Septoria und Schneeschimmel hervorragend kontrolliert. Gegen Rostkrankheiten sind nur mittlere Wirkungen zu erwarten, so dass bei Starkbefall Kombinationen mit Elatus Era zu empfehlen sind.
Das Fungizid Verben hat eine Zulassungserweiterung für Triticale und Roggen erhalten. In beiden Kulturen sollte das Produkt aber nur dann zum Einsatz kommen, wenn über das enthaltene Proquinazid (Talius) auch eine Mehltauwirkung notwendig wird.
Bereits im letzten Jahr erwartet, hat nun auch Vegas Plus eine Zulassung bekommen. Es ist eine Weiterentwicklung von Vegas. Neben 12,5 g/l Cyflufenamid enthält das Mittel zusätzlich 312 g/l Spiroxamine. Vegas Plus hat eine Zulassung in Weizen, Gerste und Triticale – man darf es einmal in der Vegetationsperiode anwenden.
Die zugelassene Aufwandmenge und die Umweltauflagen hängen vom Einsatztermin ab. Bei sehr frühen Einsätzen von EC 25 bis 29 ist die maximale Aufwandmenge auf 0,48 l/ha begrenzt. Dann muss man zu Gewässern einen Abstand von 5 m und die Hangauflage NW706 einhalten. Wird dagegen später von EC 30 bis 55 behandelt, sind 0,8 l/ha erlaubt. Der Abstand zu Gewässern erweitert sich dann auf 10 m bei Verwendung von mindestens 75%-abdriftmindernden Düsen (die Hangauflage entfällt). In Braugerste darf man das Produkt nicht einsetzen.
Grundsätzlich ist die Zulassung von Vegas Plus zu begrüßen, da es eine bessere Kontrolle von Mehltau ermöglicht. Vorhandene Mehltaupusteln werden durch Spiroxamine bekämpft. Eine Dauerwirkung von etwa drei Wochen ist durch das enthaltene Cyflufenamid möglich. Auf Resistenzstandorten ist zudem eine deutlich bessere Wirkung als vom alten Vegas zu erwarten. Bei Resistenzproblemen ist es allerdings sinnvoll, bei frühem Einsatz mit niedriger Aufwandmenge mindestens 0,15 l/ha Talius zuzumischen.
Wichtig ist, dass Behandlungen nur dann erfolgen, wenn der Mehltau in der Kultur Ertragsverluste verursacht. Ausschließliche Maßnahmen zur Vorsorge sollten unterbleiben, da sie die Resistenzentwicklung fördern und die Umwelt belasten. Oft kommt Mehltau nur kurzzeitig vor und verschwindet bei trockener Witterung wieder.
Auch Amistar Gold lässt sich nun in Getreide einsetzen. Bis dato ist es nur in Zuckerrüben und Raps zugelassen. Jetzt kann man es auch in Triticale und Weizen mit 1,0 l/ha zur Kontrolle von Abreifekrankheiten anwenden. Enthalten sind 125 g/l Azoxystrobin und 125 g/l Difenoconazol. In Triticale ist das Fungizid nur gegen Braunrost, im Weizen gegen Braun- und Gelbrost sowie gegen Septoria tritici von EC 31 bis 69 zugelassen.
Zudem wurde Greteg, das ebenfalls 250 g/l Difenoconazol enthält, mit 0,5 l/ha zugelassen – und zwar sogar in Roggen, Triticale und Weizen. Auch bei diesem Mittel ist eine frühe Behandlung ab EC 31 bis zum Ende der Blüte in EC 69 erlaubt. Bis dato galt immer, dass Difenoconazol im Getreide erst nach EC 49 verträglich ist. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Herbizide, insbesondere Fluroxypyr, kurz vor einer Fungizidbehandlung vorgelegt wurden. Zu diesem Thema sind sicherlich noch Verträglichkeitsversuche notwendig.
Folpan 500 SC ist gegen Ramularia nun auch in Wintergerste zugelassen.
Generell ist Difenoconazol schwach gegen Mehltau und Rost. Gute Nebenwirkungen sind auf Septoria möglich. Gegen DTR ist der Wirkstoff gut zu gebrauchen. Aus unserer Sicht wird Greteg im Getreide zurzeit aber noch nicht benötigt, erst recht nicht in Roggen und Triticale. Amistar Gold könnte zur Abschlussbehandlung in Weizen in Situationen mit geringem Krankheitsdruck eine Alternative sein. Die Umweltauflagen beider Produkte sind günstig. Es ist lediglich ein Abstand von 5 m zu Gewässern einzuhalten.
Der Avastel Pack enthält die Produkte Pioli und Abran. Pioli ist mit 2,0 l/ha in allen Wintergetreidearten zugelassen und enthält den bekannten Wirkstoff Fluxapyroxad mit 62,5 g/l. Abran enthält Prothioconazol und ist ebenfalls breit zugelassen. Die Herstellerfirma empfiehlt den Pack mit 1,5 l/ha Pioli + 0,75 l/ha Abran in Weizen und Gerste. Um Ramularia zu kontrollieren, wird die Zumischung von Folpan empfohlen. Tatsächlich darf man im Weizen eine breite und auch bedingt kurative Wirkung gegen Septoria, Halmbruch und Rost erwarten. Auch in Wintergerste wird mit leicht reduzierten Aufwandmengen eine breite Wirkung möglich.
Das Produkt Folpan 500 SC hat nun endlich eine Zulassungserweiterung für Wintergerste bekommen. Erlaubt ist jetzt ein Einsatz von 1,5 l/ha sowohl in Winter- als auch in Sommergerste mit zwei Anwendungen von EC 30 bis 59 im Abstand von 14 Tagen. Anders als im Weizen sind nun Umweltauflagen zu erfüllen. Zu Gewässern ist selbst bei Einsatz von 90%-abdriftmindernden Düsen ein Abstand von 15 m einzuhalten. Zusätzlich gilt die Hangauflage NW701.
In unseren mehrjährigen Versuchen konnten wir eine Zusatzleistung von Folpan feststellen. In Kombination mit gut wirksamen Fungiziden verbessert Folpan die Ramularialeistung in NRW um ca. 16% mit zusätzlichen Mehrerträgen um 1,5 dt/ha.
Bei Starkbefall sind auch höhere Mehrerträge bis 5 dt/ha möglich. Soloeinsätze oder eine Splittingbehandlung der Abschlussmaßnahme sind wenig effektiv. Das Mittel benötigt zur Entfaltung der vollen Wirksamkeit immer einen Partner. Mit Ascra Xpro oder Balaya in Kombi mit 1,5 l/ha Folpan haben wir die besten Wirkungsgrade gegen Ramularia erreicht.
Folpan 500 SC muss sicherlich nicht auf allen Gerstenstandorten zum Einsatz kommen. Wo Ramularia nur kurzweilig mit geringer Ertragsrelevanz vorkommt, lässt sich mit den besten Azolen oder Carboxamidkombinationen ein ausreichender Schutz erreichen. Die Zumischung schützt aber sicherlich vor einer weiteren bzw. vorschnellen Resistenzausbreitung, insbesondere bei den Azolen.
In der Übersicht 2, die Sie in der pdf zu diesem Ratgeber finden (bitte hier herunterladen), sind alle zugelassenen Getreidefungizide aufgeführt und bewertet. Beim Wirkstoff Prothioconazol sind viele Produkte aufgelistet – alle können gleichwertig zum Einsatz kommen. Darüber hinaus werden noch weitere Produkte verkauft (momentan sind 39 Prothio-Mittel zugelassen).
Achten Sie vor dem Einsatz immer auf die produktspezifische Zulassung. Denn Aufwandmengen, Einsatztermine, Indikationen, Anwendungshäufigkeit, Umweltauflagen und die Zulassung in der Kultur können variieren. Gleiches gilt für den Wirkstoff Tebuconazol. Generell ist zu beachten, innerhalb der Gesamtstrategie möglichst unterschiedliche Wirkstoffe zu verwenden, um längerfristig die Wirksamkeit sicherzustellen.
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Resistenzen
Stand zur aktuellen Wirksamkeit
Mit zunehmendem Wirkstoffverlust gewinnen die Regeln für eine nachhaltige Wirkstoffwirksamkeit immer mehr an Bedeutung. Das gilt erst recht, wenn es um die Kontrolle der hoch resistenzgefährdeten Krankheiten Septoria tritici, Mehltau und Netzflecken geht. Hier ist es wichtig, die Besonderheiten der unterschiedlichen Fungizidgruppen zu beachten. Nachfolgend ein Überblick zur Wirksamkeit der Produkte und zum Stand der Resistenz:
Septoria tritici ist in 2022 in NRW nur auf Einzelschlägen vorgekommen. Sie ist in NRW nicht mehr die wichtigste Krankheit – meistens kommen Rostarten mit dominantem Befall vor. Zudem sind die momentan im Anbau befindlichen Sorten zumindest nicht hoch anfällig. Trotzdem: Beobachten Sie Septoria in jedem Jahr kritisch.
Bis dato darf man von Revystar, Balaya und Revytrex noch die besten Wirkungsgrade erwarten. Auch Ascra Xpro und der neue Wirkstoff Inatreq in den Produkten Univoq und Questar gehören zu den besten „Septoria-Produkten“. Elatus Era hat dagegen in den letzten Jahren an Wirksamkeit verloren, was selbst unter den geringen Befallsbedingungen in 2022 in den Versuchen zu beobachten war.
Bei den Carboxamiden ist der erhöhte Anteil der vorhandenen Mutanten in der Population sichtbar geworden. Verschiedene Mutationen bedingen eine nachlassende Wirkung. Das gilt grundsätzlich für alle Wirkstoffe dieser Gruppe (Kreuzresistenz), dennoch reagiert jeder mit leicht unterschiedlichen Resistenzfaktoren.
Septoria-Populationen in Europa beinhalten mittlerweile einen hohen Anteil verschiedener Mutanten. In Irland und England besteht die Population aus komplett mutierten Biotypen. Noch ist der Anteil in Deutschland mit gut 50% geringer. Von Bedeutung sind aber vornehmlich die „bösen Buben“ wie die Mutante C-H152R oder auch Mehrfachmutanten, die zu hohen Resistenzfaktoren führen. Weil diese allerdings Fitnessnachteile haben, sind sie bis dato nur wenig verbreitet.
Insgesamt gibt es in Deutschland ein Nord-Südgefälle mit der weitesten Verbreitung in Holstein und NRW. Grundsätzlich wird man mit einer weiteren Zunahme rechnen müssen, sodass über die Jahre mit einem weiteren Wirkungsverlust bei den SDHI-Wirkstoffen zu rechnen ist. Eine komplette Unwirksamkeit, verursacht durch eine Mutante wie bei den Strobilurinen (G143A), ist aber unwahrscheinlich.
Momentan lässt sich die nachlassende Wirkung der Carboxamide noch durch eine geschickte Verwendung der verschiedenen Produkte – insbesondere von Revysol – kompensieren. Auch ein Wechsel von Carboxamid mit Picolinamiden (Univoq) kann eine einseitige Resistenzentwicklung verlangsamen. Wichtig bleibt, in der Spritzfolge jeden Wirkstoff nur einmal zu verwenden. Das gilt für die Azole (Revysol, Prothioconazol) als auch für die verschiedenen Carboxamid- und Picolinamid-Produkte. Zusätzlich sollte man, zumindest bei hohem Befallsdruck, den nicht resistenzgefährdeten Wirkstoff Folpet in die Strategie integrieren.
Braun- und Gelbrost sind zurzeit noch gut und sicher zu kontrollieren. Allerdings hat man bei den Carboxamiden eine erste Mutante beim Braunrost gefunden – möglicherweise wird es in den nächsten Jahren zu einem Wirkungsverlust kommen. Momentan ist gegen Braunrost Elatus Era noch das mit Abstand beste Produkt. Tritt nur Rost auf, eignet sich eine Kombination aus Elatus Plus mit Tebuconazol am besten.
Strobilurine sind nach wie vor nicht resistenzgefährdet. Das Intron schützt immer noch vor einer möglichen Mutation. Auch wenn die Strobis über die Jahre leicht an Wirkung verloren haben, wird ihre Bedeutung bei der Kontrolle von Rostkrankheiten zunehmen – erst recht, wenn Tebuconazol nicht mehr zur Verfügung steht und die Carboxamide an Wirksamkeit verlieren. Rostkrankheiten entwickeln sich unter der Klimaerwärmung zu den wichtigsten Krankheiten im Getreidebau.
Von den Azolen ist Tebuconazol gegen Braun- und Gelbrost sehr gut wirksam. Kombinationen mit Spiroxamine (Pronto Plus) haben deutliche Vorteile, wenn Rostpusteln vorkommen. Der Spiroxamin-Zusatz verbessert auch die Rostwirkung von Prothioconazol, insbesondere bei starkem Gelbrostbefall. Grundsätzlich ist Prothioconazol gut gegen Gelbrost, aber schwächer gegen Braunrost. Durch den Verlust wichtiger Wirkstoffe und des zunehmenden Einsatzes von Prothioconazol muss man auch hier mit nachlassender Wirkung rechnen. Vom Revysol ist eine deutlich schwächere Wirkung zu erwarten – nur im vorbeugenden Einsatz sind brauchbare Wirkungen möglich.
Grundsätzlich wird man ab der kommenden Saison auch bei den Rostkrankheiten über eine Resistenzvorsorge nachdenken müssen. Tebuconazol und Strobis sind wichtige Partner. Bei Mehrfachanwendungen sollte möglichst ein Wirkstoffwechsel stattfinden.
Mehltau lässt sich durch den Wirkstoffverlust immer schwieriger kontrollieren. In den letzten Jahren hat die Witterung allerdings auch nur wenig Befall zugelassen. Zudem sind insbesondere beim Weizen kaum hochanfällige Sorten im Anbau. Gezielte Behandlungen waren in den letzten Jahren nur in Ausnahmefällen notwendig.
Vegas schwächelt in NRW, besonders, wenn mehr Befall auftritt. In der Population kommen vermehrt Typen vor, die nicht mehr oder nur noch auf deutlich erhöhte Wirkstoffkonzentrationen reagieren. Das neue Vegas Plus zeigt eine synergistische Wirkung, sodass man zumindest bei moderatem Befall eine gute Wirkung erwarten darf.Talius wirkt mit ausschließlich vorbeugender Wirkung in NRW noch gut, ist aber auch nicht uneingeschränkt resistenzsicher. In Schleswig-Holstein werden bei beiden Produkten zunehmend resistente Isolate gefunden. Bis dato haben wir in NRW vorzugsweise Talius empfohlen. Jetzt kann auch Vegas Plus gleichwertig zum Einsatz kommen – zum frühen Termin vor EC 30 in Kombination mit Talius, um die geringe Wirkstoffkonzentration von 0,48 l/ha Vegas Plus zu kompensieren.
Um vorschnelle Resistenzentwicklungen zu vermeiden, ist zum Talius ein eradikativ wirksames Fungizid zuzumischen. Das gilt auch, wenn nur wenige Mehltaupusteln vorkommen. Leider ist die Auswahl mittlerweile stark eingeschränkt. Im Weizen kann man Pronto Plus (nicht in Triticale zugelassen) zumischen. In Triticale bleibt für Anwendungen vor EC 31 nur Vegas Plus. In weiter entwickelten Beständen kann nach EC 31 in Weizen und Triticale beginnender Befall mit Verben kontrolliert werden. Wenn schon mehr Pusteln vorhanden sind, sollte man besser mit Input Triple arbeiten (bessere eradikative Wirkung). Gerstenmehltau ist dagegen sehr einfach zu kontrollieren, hier wirkt noch das Strobi Pyraclostrobin (enthalten in Balaya und Comet).
Flexity und Property wirken nur noch bedingt gegen Mehltau. Die Mehltaupopulation hat auf den Wirkstoff reagiert. Das heißt: Starker Mehltau in Weizen ist weder mit Flexity und erst recht nicht mit Property zu kontrollieren. Gegen Anfangsbefall ist eine Wirkung zu erwarten. In jedem Fall sollten nur volle Aufwandmengen zum Einsatz kommen.
Netzflecken traten in den letzten Jahren nur mit wenig Befall in Gerste auf. Gut so, denn die Wirksamkeit der Produkte ist stark eingeschränkt. Prothioconazol und Cyprodinil sind die Basiswirkstoffe zur Kontrolle von Netzflecken. Pyraclostrobin sollte bei höherem Netzfleckenbefall vorzugsweise als Zumischpartner zum Einsatz kommen. Deshalb sollte man dem Revytrex bei Netzfleckengefahr Comet zumischen – erst dann wird eine gute Netzfleckenwirkung möglich. Um die Wirksamkeit nachhaltig zu sichern, sind die genannten Wirkstoffe möglichst nur einmal in Spritzfolgen zu verwenden. Die Wirkung der Carboxamide gegen Netzflecken ist verbraucht.
Ramularia wieder sicherer zu kontrollieren
Strobilurine sind schon länger resistent. Carboxamide haben enorm abgebaut, dennoch war in 2022 von diesen eine Zusatzwirkung zu erkennen. Auch Prothioconazol hat zwar stark an Wirksamkeit verloren, allerdings hat sich die Wirkung hier auf einem mittleren Niveau stabilisiert. Wirkungsgrade um 50% sind möglich, insbesondere, wenn Doppeleinsätze (in EC 32 und 49) gefahren werden. Auch Revysol verliert langsam an Leistung, bringt aber von den Azolen noch die beste Wirkung (50 bis 70% Wirkungsgrad sind noch möglich).
Flüssige Schwefelprodukte ergänzen die Ramulariawirkung der Fungizide, allerdings nur mit leicht besseren Wirkungsgraden um 5 bis 10%.
Erfreulicherweise ist Folpan 500 SC nun zur Kontrolle von Ramularia zugelassen. Folpan zeigte in 2022 in Kombination mit Ascra Xpro und Balaya die besten Wirkungsgrade. Alternativ kann man die volle Menge Prothio + Folpan einsetzen, besonders dort, wo nicht immer der stärkste Ramulariabefall vorkommt. Grundsätzlich leistet Folpan einen Beitrag zur Resistenzvorsorge. In NRW haben wir mit dem Zusatz eine um 16% bessere Ramulariawirkung erreicht. In Situationen mit Starkbefall (oft in Süddeutschland) dürfte eine erste späte Blattbehandlung um EC 34/37 mit Balaya, gefolgt von einer späten Maßnahme (ins beginnende Ährenschieben) mit Ascra Xpro + Folpan die sicherste Wirkung bringen.
In unseren Versuchen zeigte die Kombination aus 1,0 l/ha Balaya + 150 g/ha Prothio auch eine gute Kontrolle von Ramularia. Besonders auf Standorten mit schwächerem bzw. nur kurzweiligem Befall reicht dieser Schutz oft aus. Ebenso beobachten wir in den Versuchen immer wieder, dass durch die Vorlage von 125 g/ha Prothioconazol zu EC 32 die Gesamtleistung verbessert wird. Dann sollte man aber optimalerweise einen Wirkstoffwechsel zur Abschlussbehandlung mit Revysol plus Folpan anstreben.