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topplus Forschungsprojekt CATCHY

Neue GAP: Lohnen sich Zwischenfrüchte noch?

Im Rahmen der neuen GAP nimmt die Bedeutung von Zwischenfrüchten ab. Ob sich der Anbau dennoch lohnt, zeigen Ergebnisse eines bundesweiten Projektes.

Lesezeit: 9 Minuten

Der Zwischenfruchtanbau dehnte sich in den letzten Jahren auf vielen Betrieben aus. Gründe dafür waren u. a. die Vorgaben im Rahmen des Greening und der Düngeverordnung.

SCHNELL GELESEN

Zwischenfrüchte anzubauen , wird ­politisch durch die neue GAP zwar weniger gefordert, es ist dennoch sinnvoll.
Wie der Anbau zu bewerten ist , wird im Rahmen des Projektes CATCHY ­bundesweit untersucht.
Ertrag und Kosten des Zwischen­frucht­anbaus halten sich in etwa die Waage – das zeigt eine Beispielrechnung für einen mitteldeutschen Betrieb.
Andere Faktoren wie Erosionsschutz, Biodiversität usw. lassen sich nicht ­monetär bewerten, sorgen aber für ­weitere Vorteile durch Zwischenfrüchte.

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Doch sollte man auch weiterhin auf Zwischenfrüchte setzen? Zweifel daran hatten einige Landwirte in diesem nassen und späten Frühjahr verstärkt: Zwischenfrüchte einzuarbeiten war oftmals herausfordernd und verzögerte die Aussaat. Das galt vor allem für Betriebe, die die Bestände schon probehalber ohne Glyphosat beseitigt haben. Zudem ist der Anbauzwang durch die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) deutlich zurückgegangen. Das gilt insbesondere für Ackerbaubetriebe, die nicht in einem nitrat- (roten) oder phosphatsensiblen (gelben) Gebiet liegen. Zwar verpflichtet die Konditionalität GLÖZ 6 zu einer Mindestbodenbedeckung über Winter auf 80 % der Ackerfläche eines Betriebs. Vor Sommerungen kann aber z. B. auch eine mulchende, nicht wendende Bodenbearbeitung die Vorgabe erfüllen.

Dennoch gibt es einige Gründe dafür, auch außerhalb der politischen Vorgaben Zwischenfrüchte anzubauen. Das zeigen unsere Ergebnisse des Forschungsprojekts CATCHY (siehe Kasten). Die Wirtschaftlichkeit des Zwischenfruchtanbaus lässt sich anhand der folgenden positiven und negativen Effekte berechnen, die wir aus der Literatur und aus der eigenen Forschung im Rahmen des Projekts abgeleitet haben.

Drei Argumente für Zwischenfrüchte

Drei positive Effekte durch Zwischenfrüchte lassen sich monetär bewerten.

  1. Ertragssteigerung der Folgekultur: Den Ertrag der Folgekultur steigern Zwischenfrüchte durch verschiedene Einflussfaktoren, wie beispielsweise die Bereitstellung von Nährstoffen oder eine bessere Wasserverfügbarkeit. So erzielte Mais nach Zwischenfrucht im Forschungsprojekt CATCHY Mehrerträge von über 10 % im Vergleich zu Mais nach einer Brache. Das gilt vor allem in Trockenjahren, in feuchten Jahren waren hingegen keine wesentlichen Ertragseffekte feststellbar.
  2. N-Lieferung an die Folgekultur: Durch Zwischenfrüchte wäscht über Winter weniger Stickstoff (N) aus, der dann der Folgekultur zur Verfügung steht. Darüber hinaus können Leguminosen in einer Zwischenfruchtmischung zusätzlich Stickstoff fixieren. Je nach Situation ermöglicht der Zwischenfruchtanbau insgesamt Einsparungen von ca. 30 bis 60 kg N/ha – dadurch lassen sich Düngerkosten reduzieren.
  3. Kohlenstoffsequestrierung: Zwischenfrüchte, insbesondere deren Wurzelbiomasse, erhöhen den Humusgehalt des Bodens. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein regelmäßiger Anbau von Zwischenfrüchten den Bodenhumusgehalt um durchschnittlich mehr als 1 t CO2/ha steigert. Auch wenn Carbon Farming durch Humusaufbau aktuell in der Wissenschaft kritisch diskutiert wird, gibt es weiterhin Anbieter im privaten Markt für Klimaschutzleistungen, die landwirtschaftliche Betriebe für die Speicherung von Kohlenstoff im Boden finanziell honorieren.

Künftig könnten hier insbesondere „Insetting“-Ansätze eine Rolle spielen, die Klimaschutzleistungen wie Humusaufbau bzw. Humuserhalt innerhalb der Wertschöpfungskette finanziell fördern. Dabei gibt es, wie bei jeder natürlichen Kohlenstoffsenke, ein sogenanntes „Permanenz-Risiko“. Das heißt: Können die humussteigernden bzw. -erhaltenden Maßnahmen dauerhaft aufrechterhalten werden oder kommt es irgendwann wieder zu einem stärkeren Bodenkohlenstoffverlust? Um dieses Risiko einzubeziehen, wird in vielen seriösen Programmen ein Risikopuffer vorgeschrieben. Dann werden beispielsweise nur 70 % des gebundenen Kohlenstoffs angerechnet; 30 % fließen in einen Risikopuffer, der bei Bedarf verwendet wird.

Ein weiterer Grundsatz im Bereich Carbon Farming ist die sogenannte „Zusätzlichkeit“: Betriebe können nur dann für Klimaschutzleistungen eine privatwirtschaftliche finanzielle Honorierung erhalten, wenn diese Leistungen ohne die finanzielle Unterstützung ausbleiben würden. Mit anderen Worten: Für etwas, das sowieso geschieht, ist niemand bereit, Geld auszugeben. Somit ist beispielsweise für den verpflichtenden Zwischenfruchtanbau im Rahmen der Düngeverordnung keine finanzielle Honorierung über den privaten Markt für Klimaschutzleistungen zu erwarten.

Vier Argumente gegen den ­Zwischenfruchtanbau

Den positiven Effekten des Zwischenfruchtanbaus stehen auch einige negative gegenüber. Vier dieser Effekte lassen sich monetär bewerten.

  1. Zusätzlicher Nährstoffbedarf: Der Mehrertrag der Folgekultur führt zu höheren Nährstoffentzügen, die man zusätzlich ausgleichen muss. Berechnet wird dieser Effekt durch den absoluten Mehrertrag multipliziert mit den Nährstoffentzügen der jeweiligen Kultur. In der Ergebnisdarstellung (siehe Übersicht 2) lässt sich die Ertragsstei­gerung und der zusätzliche Nährstoff­bedarf für den Mehrertrag ökonomisch in der sogenannten nährstoffbedarf­bereinigten Ertragssteigerung zusammenfassen.
  2. Saatgutkosten: Die Saatgutkosten von Zwischenfrüchten liegen in der Praxis je nach Art, Mischung und Aussaatstärke oft bei ca. 25 bis über 100 €/ha. Vor allem Feinsämereien sind teurer. In den pflanzenbau­lichen Versuchen im Rahmen von ­CATCHY ließen sich keine signifikanten Ertragsunterschiede von Mais nach Zwischenfruchtrein­saaten im Vergleich zu Mais nach Zwischenfruchtmischungen feststellen. Ein wesentlicher Vorteil der Mischungen besteht darin, dass sich je nach Aussaatbedingungen, Zeitpunkt und Witterung die ein oder andere Mischungskomponente besser entwickeln kann. Somit ist eine Mischung eine Art Risikoabsicherung für eine sichere Etablierung des Zwischenfruchtbestands.
  3. Chemischer Pflanzenschutz: Solange Glyphosat noch zugelassen ist, können Kosten im Bereich von Pflanzenschutzmitteln zur Abtötung von Zwischenfruchtbeständen anfallen – vor allem in Jahren mit milden Wintern. Auch ohne Glyphosat kann es in der Folgekultur zu höheren Herbizidkosten kommen, wenn Zwischenfrüchte durchwachsen und man sie dann mit hoher Intensität bekämpfen muss.
  4. Arbeitserledigungskosten: Um Zwischenfrüchte zu etablieren, fallen zusätzliche Arbeitserledigungskosten in Form von Bodenbearbeitungsgängen und Aussaat an. Auch für die eventuell benötigte Abtötung und Einarbeitung im Frühjahr sind oft zusätzliche Arbeitsgänge erforderlich.

Gut zu Wissen:Das Forschungsprojekt CATCHY ist ein Teil der ­Initiative „Boden als nachhaltige Ressource für die Bioöko­nomie – ­BonaRes“ und wurde vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufen.

In zwei unterschiedlichen Frucht­folgen und auf zwei Standorten in ­Süd- und Norddeutschland wird untersucht, wie sich Zwischenfrüchte auf den Boden und dessen Biologie sowie auf die Erträge der Folgekulturen auswirken. Zu den Zielen gehört auch ein besseres Verständnis der Ursache-­Wirkungs-Beziehungen von Boden­frucht­barkeitspara­metern, biologischen Funktionen und Wechselwirkungen in Boden und Rhizosphäre. ­Zusätzlich geht es um pflanzenbauliche und ­sozioökonomische Fragen.

Projektpartner sind die Universität Bremen, die Hochschule Weihen­stephan-Triesdorf (HSWT), das ­Leibniz-Institut für Pflanzengenetik & Kulturpflanzenforschung (IPK), die Leibniz Universität Hannover ­sowie die Deutsche Saatveredelung AG (DSV).

So lässt sich die ­Rentabilität ­von Zwischenfrüchten berechnen

Bestimmt man diese Effekte in €/ha und summiert man positive und negative Effekte auf, ergibt sich eine Änderung der direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistung. Diese kann man für einzelne Schläge, Kulturen oder den gesamten Betrieb berechnen. Ist diese Änderung positiv, ist der Zwischenfruchtanbau wirtschaftlich. Bei einer nega­tiven Änderung führen die Zwischenfrüchte zu betriebswirtschaftlichen Nachteilen. Hier ein Beispiel:

Um den Gesamteffekt des Zwischenfruchtanbaus auf die direkt- und ­arbeitserledigungskostenfreie Leistung darzustellen, wurden die positiven Effekte für einen typischen Betrieb in Mittelfranken, Nord­bayern, bewertet. Dieser Betrieb wurde zusammen mit agri benchmark, Beratern und Praktikern erstellt und ist folgendermaßen strukturiert:

  • Milchviehbetrieb mit 120 Kühen und einer 400 kW-Biogasanlage;
  • 160 ha Ackerfläche, davon 80 ha Zwischenfrüchte;
  • Fruchtfolge: Silomais – Winterweizen/Triticale – Zwischenfrucht – Silomais ­– Wintergerste–Zwischenfrucht.

Auf Basis von Literaturrecherchen, eigener Forschung und Erhebungen haben wir die Kosten aus Übersicht 1 angenommen, um die wirtschaftlichen Effekte des Zwischenfruchtanbaus auf diesem typischen Betrieb zu berechnen. Die dargestellte Schwankungsbreite gibt die Unterschiede zwischen Jahren, Schlägen und verschiedenen Zwischenfruchtmischungen wieder. Die im Rahmen von Carbon Farming-Programmen anrechenbare Kohlenstoffsequestrierung durch Humusaufbau beträgt null für Schläge, die in einem roten Gebiet liegen. Denn hier ist der Zwischenfruchtanbau vor einer Sommerung zwingend vorgegeben – das Zusätzlichkeitskriterium ist somit nicht erfüllt.

Kostendeckender Vorteil

Das Ergebnis der Berechnungen für den typischen Betrieb in Mittelfranken ist in Übersicht 2 dargestellt. Die Balken zeigen die Mittelwerte der ­jeweiligen Einflussfaktoren auf die Wirtschaftlichkeit, die oberen und unteren Striche geben den minimalen und maximalen Wert an.

Das Wichtigste: Der mit durchschnittliche knapp 200 €/ha größte Vorteil des Zwischenfruchtanbaus ist der um den zusätzlichen Nährstoffbedarf bereinigte Mehrertrag. Dieser schwankt aber auch stark zwischen den Jahren: in trockenen Jahren liegt er oft deutlich höher als in feuchten. An zweiter Stelle mit knapp 100 €/ha liegt die N-Lieferung an die Folgekultur, gefolgt von den möglichen Carbon Farming-Einnahmen durch Kohlenstoff-Sequestrierung. Auf der ne­gativen Seite der Wirtschaftlichkeit sind die Arbeitserledigungskosten der größte Kostenpunkt mit gut 200 €/ha. Der Aufwand für die Saatgutkosten und den chemischen Pflanzenschutz liegen deutlich darunter.

In Summe liegen die ökonomischen Vorteile im Mittel bei 301 €/ha (mindestens 20 bis maximal 583 €/ha) und die zusätz­lichen Kosten bei 319 €/ha (mindestens 215 €/ha bis maximal 422 €/ha). Der Zwischenfruchtanbau verändert die direkt- und arbeitserledigungskostenfreie Leistung im untersuchten typischen Betrieb also nicht wesentlich. Mit anderen Worten: Auch ohne politische Vorgaben decken die Vorteile die Kosten des Zwischenfruchtanbaus für den typischen Beispielbetrieb.

Zu beachten ist, dass wir hier nur Einflussfaktoren auf die Wirtschaftlichkeit betrachtet haben, die regelmäßig bzw. erwartbar auftreten und auf Basis bestehender Forschung relativ sicher zu bewerten sind. Gerade auf der Seite der Vorteile gibt es weitere Faktoren wie Erosionsschutz, Erhalt der Bodenstruktur über Winter, Aufschluss von Phosphor durch bestimmte Arten, Biodiversitätsförderung, gesellschaftliche Akzeptanz, die das Saldo des Zwischenfrucht­anbaus stärker auf die Habenseite bringen.

Der Anbau lohnt sich!

Für den betrachteten typischen Betrieb bieten Zwischenfrüchte im Durchschnitt kostendeckende Vorteile. Die größten Hebel für die Wirtschaftlichkeit sind Ertragssteigerung, N-Lieferung an die Folgekultur und die Arbeitserledigungskosten. Letztere lassen sich zwar durch weniger Arbeitsgänge reduzieren. Leiden da­runter aber die Etablierung gleichmäßiger Zwischenfruchtbestände oder die Aussaatbedingungen für die Folgekultur, können die genannten Vorteile von Zwischenfrüchten schnell dahinschmelzen.

Die Schwankungsbreite ist bei den ökonomischen Vorteilen deutlich größer als bei den Kosten, da die Witterung einen großen Einfluss auf den Ertragseffekt und die N-Lieferung an die Folgekultur hat. Werden nicht erwartbare und schwer zu bewertende Einflussfak­toren qualitativ mitberücksichtigt, ist der Zwischenfruchtanbau auf dem untersuchten Betrieb ökonomisch sinnvoll – auch ohne politische Vorgaben!

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