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topplus Rüben-Kampagne in NRW

Zuckerrüben: Besser als gedacht?

In NRW startete die Kampagne in diesem Jahr früher als sonst. Obwohl das Jahr von Trockenheit und Energieunsicherheit geprägt ist, sind bereits viele Rüben in den Zuckerfabriken verarbeitet.

Lesezeit: 10 Minuten

Dieser Artikel erschien zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Die Trockenheit hat bei einigen Landwirten zu verheerenden Ertrags- und Qualitätsverlusten geführt. Hinzu kam vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und einer gegebenenfalls eintretenden Gas-Knappheit die Sorge, dass nicht einmal alle Rüben verarbeitet werden können.

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Wie die Ernte und die Verarbeitung bisher laufen, verrieten Dr. Stefan Brinker, Leiter Abteilung Landwirtschaft Region Lage, sowie Heinz Leipertz, Leiter Landwirtschaft für die Region Rheinland (Appeldorn) von Pfeifer & Langen, und Moritz Vorholzer, Leiter Landwirtschaft am Standort Wabern der Südzucker AG, in einem Interview zur Zwischenbilanz der Kampagne 2022/23.

Die Verarbeitung läuft

Die Rübenkampagne ist in Wabern am 5. September, in Lage am 10. September und in Appeldorn am 27. September gestartet. Dabei läuft es bislang nicht immer reibungslos.

Vonseiten der Zuckerfabrik in Wabern ist man mit dem Verlauf im Werk sehr zufrieden. „Erschwerte Bedingungen gab es in diesem Jahr aufgrund der Trockenheit, sodass die Rodung insbesondere in der ersten Woche unter sehr widrigen Bedingungen stattfand“, so Vorholzer. Mit einsetzenden Niederschlägen zur Septembermitte habe sich die Situation aber schlagartig verbessert.

Auch in Appeldorn läuft die Verarbeitung bisher nahezu störungsfrei. „Die Tagesverarbeitung ist ­aktuell sogar höher als im Vorfeld angenommen“, berichtet Leipertz. Insofern läuft die Rübenanfuhr stetig und für die Rübenanbauer bisher zu den geplanten Abholterminen. Auch die Integration der Soester Liefergruppen habe reibungslos geklappt.

In Lage hatte man dagegen mit ungewöhnlich vielen Störungen zu kämpfen, sodass die Rüben gerade zu Beginn der Kampagne nicht wie geplant abfließen konnten. „Mit den betreffenden Landwirten wird aber im Nachgang und in Absprache mit dem Beirat der Rübenanbauer ­eine Lösung gefunden“, verspricht Dr. Stefan Brinker.

Stand der Kampagne

Aufgrund des im Vergleich zu den Vorjahren um etwa 10 bis 14 Tage früheren Starts, um der zu befürchtenden Gasknappheit zu entgehen, war in Lage schon Ende der vergangenen Woche mehr als ein Drittel der Rüben verarbeitet.

In Appeldorn lag der Starttermin dagegen zwischen dem „normalen“ Start Mitte September und dem der vergangenen Jahre – Anfang Oktober.

„Dies ist ein Kompromiss zwischen der risikohaften Energieversorgung und einem noch möglichst hohen Ertragszuwachs“, so Leipertz. „Gleichzeitig übernehmen wir aufgrund der ­unsicheren Gasversorgung in Lage einige Rüben­mengen aus dem Soester Anbauraum.“ So musste ein Kampagnenbeginn gefunden werden, der das Kampagnenende nicht zu weit in den Januar rutschen lässt, aber trotzdem noch Zuwächse berücksichtige. Aktuell ist auch dort etwas mehr als ein Drittel der Rüben verarbeitet.

Ertrag und Zuckergehalt

Die Erträge liegen in Lage bislang zwischen 50 und über 100 t/ha bei 16 bis 20 % Zuckergehalt.

Vorholzer berichtet aus Wabern von sehr hohen Zuckergehalten nahe der 20%-Marke zu Beginn der Kampagne, die aber mit überschaubaren Erträgen einhergingen. Durch die Niederschläge im September konnten die Rüben hier zwischenzeitlich deutlich wachsen, „was aber auch zulasten des Zuckergehalts ging“, so Vorholzer. Positiv waren die sonnigen Oktobertage, sodass insbesondere die Soester Börde inzwischen bei erfreulich hohen Erträgen und gleichzeitig guten Zuckergehalten angekommen ist.

Erfreulicher ist die Situation auch in Appeldorn: „Die Erträge übersteigen die Erwartungen der Landwirte. Im Durchschnitt stabilisieren sich die Rübenerträge mit etwas über 80 t/ha auf dem vor der Kampagne erwarteten Niveau“, berichtet Leipertz. Die Zuckergehalte sind dagegen noch unterdurchschnittlich. Das liege auch daran, dass sich viele Bestände nach Regen neu beblättert haben. „In den kommenden Wochen führen kühle Nächte und sonniges Herbstwetter hoffentlich wieder zu einem steigenden Zuckergehalt“, sagt Leipertz.

Regionale Unterschiede

Dabei schwanken sowohl die Rübenerträge als auch die Zuckergehalte bei allen Fabriken zwischen Regionen und Betrieben stark. Auffällig sind auch extreme Unterschiede durch Böden, Niederschläge und Blattgesundheit.

„In der Nähe des Teutoburger Waldes – abnehmend in östliche Richtung nach Lage hin – fielen im zurückliegenden Jahr mehr Niederschläge als in den Regionen im Mindener Land und im Weserbergland. Demnach finden sich auch erhebliche Ertragsunterschiede zwischen diesen Anbaugebieten“, so Dr. Brinker.

Auch Vorholzer erkennt ein geografisches Ertragsgefälle: „Je weiter man in Richtung Osten blickt, desto trockener war es in diesem Jahr. Dementsprechend kann man rund um Wabern ein deutliches West-Ost-Gefälle erkennen.“

Auch in Appeldorn sind die Schwankungen extrem: „Die Erträge liegen zwischen etwa 50 und 120 t/ha, die Zuckergehalte zwischen rund 15 und über 20 %“, so Leipertz.

Starkregen und Trockenheit

Doch wie kam es zu diesen enormen Unterschieden? Gerade der Vergleich zwischen benachbarten Beständen lässt mancherorts aufhorchen. „Wir haben in Appeldorn sehr unterschiedliche Regionen“, sagt Leipertz. „So hat die niederschlagsreiche Anbauregion im Bereich Wuppertal/Mettmann in eher trockenwarmen Jahren sehr hohe Erträge, da das Wasser dennoch ausreicht. Dieser Anbauraum lieferte bereits in der ersten Lieferwoche einen Durchschnittsertrag von über 100 t/ha Rüben!“ Im Westmünsterland wechseln die Böden dagegen stark. Auf leichten Böden waren – unterstützt durch Beregnung – aber auch noch 90 t/ha drin.

In Wabern und Appeldorn sind zudem oft schon lange vor der Sommertrockenheit große Verluste entstanden, berichten Vorholzer und Leipertz. „Kurz nach der Rübenaussaat hatten wir in allen Gebieten starke Niederschläge, mit der Folge von verkrusteten und verschlämmten Äckern“, so Vorholzer. „Zusammen mit kühleren Frühjahrstemperaturen haben sich die jungen Rüben nur sehr zögerlich entwickelt.“ In der Folge wurden einzelne Schläge umgebrochen und neu gesät – diese schneiden meistens deutlich schlechter ab als Bestände, die im Frühjahr zwar auch gelitten haben, aber stehen gelassen wurden.

Auch in Appeldorn wurden „viele Rüben kurz vor einer Starkregen-Phase gesät. Diese Flächen zeigten nach dem Regen geringere Feldaufgänge. Die Keimlinge auf den leichten Flächen wurden zugeschwemmt, auf schwereren Böden entstanden Verkrustungen, die die Rüben nur schwer durchstoßen konnten. Rüben, die ab Mitte März oder nach Ostern gesät wurden, hatten diese Feldaufgangsprobleme nicht“, sagt Leipertz.

Frühe Ernte, hoher Ertrag?

In den ersten Wochen der Zuckerrübenkampagne war also alles dabei: Von regelrechten Enttäuschungen bis hin zu absoluten Top-Erträgen. Doch diese extremen Unterschiede lassen sich erklären.

„Wir kommen in diesem Dürrejahr immer wieder auf die gleichen Erklärungen zurück: Niederschlagsverteilung, Bodengüte, Krankheitsgeschehen, Aussaatzeitpunkt, Unkraut- und Fungizidmaßnahmen und so weiter. Sicherlich – und das ist ja auch richtig so – werden zu Beginn die schwächeren Flächen geerntet und abgeliefert. Die besseren Flächen zeigen dann später auch den besseren Zuwachs. Daher erwarten wir auch in diesem Jahr eine ­gute Ernte mit eher süßen Rüben“, ist Dr. Brinker optimistisch.

Späte Krankheiten

Doch nicht nur der Zuckergehalt entscheidet über die Gesamtqua­lität von Zuckerrüben. Sind die ­übrigen Qualitätsparameter nach dem trockenwarmen Sommer besonders gut?

„Auffällig sind regionale große Unterschiede im Auftreten von Vergilbungsviren“, so Vorholzer. „Kleinräumig ist ein sehr starker Befall zu beobachten. Abgesehen davon hatten Blattkrankheiten in diesem Jahr – ebenso wie die Rüben – größere Schwierigkeiten, sich zu entwickeln.“ Die Witterung seit Ende Oktober mit Frühnebel und hohen Tagestemperaturen habe aber noch mal zu einem späten, sehr starken Zuwachs von Cercospora und Rost beigetragen.

Die Stickstoffgehalte in den Rüben sind in Appeldorn, bedingt durch die organische Düngung und demzufolge weniger planbare Nährstoffnachlieferung, immer etwas höher als in anderen Werken von Pfeifer & Langen, erklärt Leipertz. Trotzdem liegen die melassebildenden Inhaltsstoffe in diesem Jahr in einem normalen Bereich. Positiv aufgefallen sei auch hier, dass sich Rhizoctonia-Fäule durch die Trockenheit nahezu nicht etablieren konnte. „Vereinzelt bekommen wir aber Rüben mit Herz-und- Trockenfäule, ausgelöst durch ­einen trockenheitsbedingten Bormangel“, so Leipertz.

„Im Großen und Ganzen ist die innere Rübenqualität aber gut“, stellt Dr. Brinker vereinzelten Mängeln entgegen, „wenn auch auf einem etwas schlechteren Niveau als in den Vorjahren. Die äußere Qualität ist – der Trockenheit geschuldet – natürlich hervorragend. Mit weniger als 3 % Schmutzanteil sind die angelieferten Rüben sehr sauber.“

Bodenschonende Ernte

„Im August hatten wir noch Sorge, ob sich die Rüben bei den trockenen festen Bodenbedingungen gut und verlustarm roden lassen“, berichtet Leipertz. „Durch rechtzeitige Niederschläge Anfang September war diese Sorge grundlos. Die Rodebedingungen für die Rüben sind in diesem Jahr bisher optimal.“

Diese Erfahrungen teilen die Experten aus Lage und Wabern. „Auch in den nächsten Tagen geht der Wetterbericht nicht von stärkeren Regenereignissen aus. Größere Regenmengen sollten bei der aktuell guten Wasserdurchlässigkeit der Böden ohnehin nicht zu großen Ernteerschwernissen führen“, meint Dr. Brinker.

Zeitplan der Kampagne

Die Kampagne läuft seit mindestens sechseinhalb, teilweise seit über neun Wochen – aber nicht immer störungsfrei.

Mit Bezug auf die unruhige Kampagne in Lage appelliert Dr. Brinker auch an die Lieferanten: „Die auftretenden Störungen sind leider zum Teil auch fremdbestimmt. So stellen wir immer häufiger fest, dass die gute fachliche Praxis des Steineabsammelns in vielen Betrieben nicht mehr durchgeführt wird. Aufgrund der Dürre muss jede Rübe mitgeerntet werden und so gelangen unweigerlich viele Steine in die Fabrik. Wenn dann aus mehreren Abfuhrgruppen gleichzeitig Fuhren mit Steinanteilen angeliefert werden, stellt uns das in der Fabrik vor große Probleme. Hier geht unser Appell an die Landwirte, steinreiche Flächen nicht für den Rübenanbau vorzusehen und darüber hinaus regelmäßige Steinsammelaktionen durchzuführen. Aufgrund der Verlagerung von Rübenströmen in unsere Nachbarfabriken seit Beginn der Kampagne hoffen wir weiterhin, noch im ­Dezember fertig zu werden.“

In Wabern freut man sich dagegen über eine bislang schadenfreie Verarbeitung und geht nach wie vor vom anvisierten Kampagnenende aus.

Ähnlich gut läuft es in Appeldorn, erzählt Leipertz: „Die Fabrik läuft trotz einiger technischer Umrüstungen in der Energiezentrale sowie Optimierungen in der Verdampfstation sehr ruhig und auf einem unerwartet gleichmäßig ­hohen Niveau.“

Einfluss der Energiepreise

Dr. Brinker sieht das Werk in Lage gut auf die veränderten Bedingungen auf dem Energiemarkt eingestellt :„Wir haben noch einen Kessel, den wir mit Kohle betreiben können. Mit diesem sichern wir die Grundlast ab. Den Leistungsbedarf können wir aber nur über Gas abdecken. Um nicht Anfang des neuen Jahres von einer möglichen Gasknappheit überrascht zu werden, sieht unsere Strategie so aus, dass wir die Dauer der Kampagne verkürzen und möglichst im Jahr 2022 abschließen wollen.

Dies haben wir durch zwei Maßnahmen in die Wege geleitet: Zum einen durch einen frühen Kampagnenbeginn und zum zweiten durch eine Verlagerung von Zuckerrübenströmen in unsere Schwesterwerke nach Appeldorn und Könnern, Sachsen-Anhalt.“

Aus dem erstgenannten Werk berichtet Leipertz: „Pfeifer & Langen hat einige Zuckerfabriken zurückgerüstet auf Ölfeuerung. Das Werk in Appeldorn gehört dazu. Die Investitionen in Kessel und die zusätzlichen Kosten des Öleinkaufs sowie dessen Lagerung hat das Unternehmen übernommen, um die Rübenverarbeitung aller gewachsenen Zuckerrüben sicherzustellen. Die Zuckerfabrik kann somit sicher und gasunabhängigbetrieben werden. Daher übernimmt das Werk teilweise Rüben aus den Randbereichen des Schwesterwerkes in Jülich bzw. entfernungsmäßig transportierbare Rüben aus der Soester Börde, die zu Lage gehört.“

Im Rahmen der beeinflussbaren Möglichkeiten sieht sich auch die Südzucker AG in Wabern gut vorbereitet, sagt Vorholzer: „Über sogenanntes Hedging wird die benötigte Energie eines Standortes zu großen Teilen einige Jahre im Vo­raus eingekauft. Die spannende Frage ist in diesem Jahr, ob auch immer die entsprechenden Mengen zur Verfügung gestellt werden können. Südzucker hat sich bereits im Frühjahr mit der Frage beschäftigt, wie eine Zuckerrübenkampagne unter den erschwerten Bedingungen ablaufen könnte und für jedes Werk unterschiedliche Notfallmaßnahmen erarbeitet, auch für Wabern. Ziel ist und bleibt es, dass jede Rübe der Kampagne 2022 verarbeitet werden kann.“

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