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topplus GAP-Förderung ab 2023

Zweite Säule: Wie kommen die neuen Agrarumweltprogramme an?

Viele Bundesländer haben im Zuge der neuen GAP ihre Agrarumweltprogramme umgestaltet. Welche neuen Maßnahmen gibt es? Und wie stark fragen die Landwirte diese nach?

Lesezeit: 10 Minuten

Die Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mit der Einführung der Öko-Regelungen hat viele Bundesländer veranlasst, ihre Agrarumweltprogramme neu zu gestalten. Ein Ziel dabei war, die Maßnahmen so zu konzipieren, dass sie sich mit den Öko-Regelungen der 1. Säule kombinieren lassen. Zudem wollten die Bundesländer mit den neuen Programmen aktuelle Zielvorgaben wie Klima- und Trinkwasserschutz erfüllen.

Schnell gelesen

Die meisten Bundesländer bieten in der GAP-Förderperiode von 2023 bis 2027 neue Agrarumweltprogramme an.

Kleine Flächen und Extensivierung von Grünland sind die neuen Maßnahmen, die am stärksten nachgefragt werden.

Weite Reihen im Getreide, viel­fältige Fruchtfolgen sowie die Anlage von Blüh- und Wildpflanzenmischungen sind ebenfalls beliebte Neulinge.

Wir haben uns stellvertretend bei den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein umgehört, welche neuen Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen sie anbieten und wie stark diese von den Landwirten nachgefragt wurden.

Wenig Neues in Hessen und Schleswig-Holstein

Von den befragten Bundesländern haben nur Hessen und Schleswig-Holstein keine neuen Verfahren in ihre Umweltprogramme aufgenommen.

Die Hessischen Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen (HALM) wurden lediglich an das neue GAP-Recht angepasst, vor allem die Kombinationsmöglichkeiten mit den Öko-Regelungen. Zudem hat Hessen die Fördersätze für den Ökolandbau angehoben und fördert die erstmalige Umstellung nun fünf Jahre lang. Ab 2024 bietet Hessen die bisherige Maßnahme „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ in fünf Varianten als Top up zur Öko-­Regelung 2 an.

Kleine Schläge, Grosser Run

Die meisten Förderanträge gibt es für kleine Feldstücke, die einige Bundesländer neu in ihre Umweltprogramme aufgenommen haben (siehe Übersicht). So fördert Bayern jedes Feldstück, das kleiner als 0,5 ha ist, mit 60 €/ha, und jedes Feldstück zwischen 0,5 und 1 ha mit 30 €/ha. Im kleinstrukturierten Bayern stößt diese Maßnahme auf riesiges Interesse, zumal diese „Leistung“ in den Betrieben bereits vorhanden ist. 2023 haben rund 42.200 Betriebe Anträge für „Kleine Strukturen“ gestellt.

Nordrhein-Westfalen gibt ausschließlich Geld für kleine Ackerschläge. Betriebe, die nur Äcker mit einer Größe unter 5 ha bewirtschaften, erhalten dafür eine Prämie von 35 €/ha. Rund 4.000 Betriebe machen davon Gebrauch.

Extensive Grünlandnutzung

Sehr gut nachgefragt ist auch die extensive Grünlandnutzung, die Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern neu anbieten.

Niedersachsen schreibt für diese Maßnahme den Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemittel vor. Zudem darf die organische Düngung maximal 50 % des berechneten Bedarfs nach Düngeverordnung betragen. Im Gegenzug erhalten konventionelle Betriebe 453 €/ha und Ökobetriebe 373 €/ha.

In Baden-Württemberg haben über 6.000 Betriebe den „Verzicht auf chemisch-synthetische Produktionsmittel auf Grünland“ beantragt. Förderfähig sind Grünlandflächen, auf denen kein anderweitiges Verbot von chemischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln besteht. Die Prämie beträgt 80 €/ha.

Bayern hat im Rahmen der „Extensiven Grünlandnutzung mit Schnittzeitpunkten“ eine neue Maßnahme mit einem Schnittverbot bis 15. Juni geschaffen. Die Prämie beträgt 320 €/ha. Die förderfähige Fläche ist allerdings auf 3 ha je Betrieb begrenzt.

Neu ist in Bayern auch die „Insektenschonende Mahd“ mit einem Doppelmessermähwerk ohne Aufbereiter, für die das Land 60 €/ha zahlt. Sie ist mit anderen Verfahren wie dem Ökolandbau oder der Heumilcherzeugung kombinierbar und wurde von 629 Betrieben beantragt. Allerdings ist die Antragstellung mit viel Aufwand verbunden (siehe Reportage Julian Stöger).

Weite Reihen in Getreide

Im Ackerbau fallen vor allem der Getreideanbau in weiten Reihen und die besonderen Fruchtfolgen ins Auge. So fördert Mecklenburg-Vorpommern den Anbau von Sommer- und Wintergetreide mit doppeltem Reihenabstand von mindestens 25 cm. Gleichzeitig dürfen auf den beantragten Flächen keine Pflanzenschutz- und Düngemittel eingesetzt werden. Als Ausgleich zahlt das Land eine Prämie von 600 €/ha.

In Nordrhein-Westfalen muss beim Getreideanbau in weiter Reihe der Reihenabstand mindestens 20 cm betragen. Zudem darf kein Mineraldünger sowie keine Insektizide und Fungizide eingesetzt werden. Und die mechanische Unkrautregulierung ist nur bis 31. März erlaubt. Dafür gibt es eine Prämie von 540 €/ha.

Um extensiven Getreidebau geht es auch beim „Fungizidverzicht im Winterweizen-, Dinkel- und Triticaleanbau bis zum Ährenschieben“, den Baden-Württemberg neu anbietet. Eine Beizung des Saatgutes mit Fungiziden ist ebenso möglich wie eine Blütenbehandlung gegen Fusarien. Als Ausgleich zahlt das Land dafür 50 €/ha.

Stark nachgefragt sind in Süddeutschland auch die neuen Maßnahmen zu Fruchtfolgen. So haben in Bayern für 2023 über 1.900 Betriebe die „Vielfältige Fruchtfolge zum Humuserhalt“ beantragt, für die sie 350 €/ha erhalten. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass mindestens 40 % Ackerfutter oder bestimmte Gräser zur Energieerzeugung angebaut werden. Diese Maßnahme nutzen vor allem Biobetriebe, die mit hohen Kleegrasanteilen ihre Fruchtfolgen aufbessern wollen.

In Baden-Württemberg wird der „Mehr­jährige leguminosenbetonte Acker­­futterbau“ gut genutzt. Die Ackerfuttermischung muss wenigstens zwei Leguminosenarten mit insgesamt 33 % Gewichtsanteil enthalten. Der Fördersatz liegt bei 100 €/ha.

Blühflächen und Wildpflanzen

Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen bieten neue Maßnahmen zur Anlage von Blühflächen bzw. zum Anbau von Wildpflanzenmischungen an. Diese sind zum Teil einjährig, zum Teil mehrjährig. Die hohe Nachfrage in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern hat vermutlich mit der vergleichsweise interessanten Prämie zu tun.

So zahlt Niedersachsen für strukturreiche Blüh- und Schutzstreifen mit jährlicher Aussaat 1.088 €/ha für konventionelle Betriebe und 1.320 €/ha für Biobetriebe. Bei mehrjährigen Blühstreifen liegt der Prämiensatz etwas darunter. In der Summe werden beide Varianten von rund 1.150 Landwirten in Niedersachsen genutzt.

Mecklenburg-Vorpommern gewährt 800 €/ha für mehrjährige Blühflächen. Mit 158 Anträgen und rund 2.200 ha ist die Maßnahme gut nachgefragt.

Geld für Moorschutz

Erstmals haben Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auch Maßnahmen zum Schutz von Mooren in ihren Programmen, z. B. die Wiedervernässung von Flächen mit moorschonendem Einstau. Niedersachsen fördert auch die Umwandlung von Acker- in Dauergrünland auf Moorböden. Den Einstau haben in Niedersachsen 17 Betriebe beantragt, in Mecklenburg-Vorpommern 27 mit mehr als 4.200 ha.

Im ostdeutschen Bundesland hätte die Zahl der Anträge für diese Maßnahme noch viel größer sein können. Allerdings hatte der technische Dienstleister, der den Einstau gemäß Richtlinie zu betreuen hat, nicht genug Kapazitäten, um für alle Antragsteller die Betreuung zu gewährleisten.

Warum mir das Thema wichtig ist

Mit der Umschichtung der GAP-Gelder in die 2. Säule werden die Agrarumweltprogramme für Landwirte immer wichtiger. Sie erfüllen damit gesellschaftliche Anforderungen und werden dafür entlohnt. Die Länder nutzen dieses Instrument aber sehr unterschiedlich.

Klaus Dorsch, top agrar

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R E P O R T A G E

„Wir mähen 50 ha mit dem Doppelmesser“

Bayern belohnt seit diesem Jahr die insektenschonende Mahd.

Heumilcherzeuger Julian Stöger aus Rieden im Ostallgäu stellte 2022 das Mähen seiner rund 50 ha Grünland auf Doppelmesser um. „Wir wollten den Insektenschutz verbessern, eine Förderung gab es damals noch nicht“, blickt der Biolandwirt zurück.

Er kaufte ein Schmetterlingsmähwerk und ein weiteres Mähwerk mit Zuführschnecke für das Grünfutterholen. Dass Bayern seit diesem Jahr die insektenschonende Mahd mit 60 €/ha fördert, freut Stöger. Er sieht die Prämie aber auch als notwendigen Ausgleich.

Das Doppelmesser verbrauche zwar 30 % weniger Diesel als ein herkömmliches Mähwerk. „Ein 100 PS-Schlepper reicht für das Dreifachmähwerk“, so der Landwirt. „Andererseits müssen wir die Einstellungen oft nachjustieren und die Messer nach durchschnittlich 20 ha schleifen.“ Das erledigt der Hersteller seiner Mähwerke, der im Nachbarort ansässig ist. Die sechs Messer kosten ihn 120 € pro Schliff. Wer selbst schleife, müsse für ein Schleifwerk rund 11.000 € investieren, so Stöger.

Deutlich verbesserungsfähig ist aus seiner Sicht die Antragstellung. Wer mäht, muss auf jeder Fläche bei jedem Schnitt den Schlepper mit dem Mähwerk aus einigen Metern Entfernung fotografieren und die Bilder über die App „FAL-BY“ an die Landwirtschaftsverwaltung übermitteln. Um die App einzurichten, muss man die Betriebsnummer und die PIN eingeben. „Wenn Personen, die mähen und nicht zur Familie gehören, dazu ihr eigenes Handy nutzen, haben sie praktisch Zugriff auf alle Betriebsdaten“, kritisiert Stöger.

Weiteres Problem: Die App auf ­Stögers Handy lässt sich derzeit nicht aktualisieren. Sein Vorschlag zur Ver­einfachung: „In Betrieben, in denen nur Doppelmessermähwerke vorhanden sind, sollte die Dokumentation durch die Fotos nicht mehr nötig sein.“

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R E P O R T A G E

Biodiversität und Biogas

Der Betrieb Lölfer-Guhle Gbr aus Wettringen in NRW baut Wildpflanzenmischungen an.

Mareike Lölfer bewirtschaftet mit ihrer Familie einen Milchviehbetrieb im nördlichen NRW mit 170 Milchkühen und eigener Nachzucht. Zudem gehören zum Hof 125 ha Dauergrünland und Ackerflächen, auf denen sie Futtergras, Getreide und Mais anbauen. Auf zwei Hektar säen sie Wildpflanzen-mischungen an. Diese werden über die 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefördert.

Das Erntegut von diesen Flächen verkaufen sie an eine Biogasanlage. Die energetische Nutzung ist Voraussetzung für die Förderung. Zwar sind die Erträge gut 30 % geringer als beim Mais und auch die Förderung gleicht das Minus nicht komplett aus. Aber Lölfer zieht das Programm gegenüber klassischen Blühstreifen vor. „Es gibt nicht so viele Einschränkungen“, sagt die Landwirtin. So ist Düngen z. B. erlaubt, aber Pflanzenschutz nur im ersten Anbaujahr. Und man mache etwas für die Biodiversität und könne auch noch einen produktiven Nutzen daraus ziehen.

Lölfer erhält 460 €/ha. Auch andere Landwirte aus dem Ort machen bei dem Programm mit, alle mit Flächen zwischen 1 und 3 ha. Begonnen hat das Ganze schon vor drei Jahren, vor der Förderung über die GAP. Mit dem Projekt „Bunte Biomasse“, das der Kreis Steinfurt gefördert hat, fing es an. Familie Lölfer-Guhle baut die Mischung BG 90 an, die einjährige und zweijährige Pflanzen sowie Stauden enthält. Über die fünfjährige Laufzeit verändert sich so das Bild der Flächen immer ­wieder.

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R E P O R T A G E

Inseln für den Vogelschutz

Der Betrieb Breustedt aus Niedersachsen legt für Bodenbrüter Feldvogelinseln an.

In Bürokratendeutsch könnte man sagen: Gunnar Breustedt hält die Maßnahme AN 8 aus dem KLARA-Programm, dem Maßnahmenkatalog für die 2. Säule der GAP in Niedersachsen, Bremen und Hamburg für „naturschutzfachlich sehr vernünftig“. Hinter diesem sperrigen Namen verbergen sich Feldvogelinseln auf Äckern. Eine solche hat Breustedt auch bei sich an­gelegt. Sie bietet Platz für Bodenbrüter, die dort besser geschützt sind vor Raubwild als auf Brachen am Rand von Ackerflächen. Den Acker hat er testweise in drei verschiedene Strukturen aufgeteilt. Zum einen die fast quadratische Vogelinsel mit einer Größe von 0,75 ha. Dann zusätzlich: Eine weitere Brachfläche, die er über die Öko-Regelungen der 1. Säule gefördert bekommt, sowie die normale Ackerkultur. Breustedt baut auf seinem 320 ha-Betrieb bei Goslar Weizen, Zuckerrüben, Gerste und ­Raps an.

Da der Landwirt auch Jäger ist, weiß er um den Wert sicherer Aufzuchtplätze für Vögel und Hasen. Allerdings sei die Vergütung von 931 €/ha für die Maßnahme nicht wirklich profitabel, meint Breustedt. Mit Wildkameras kann er nachvollziehen, dass Füchse und andere Räuber diese Fläche deutlich weniger frequentieren als andere Standorte. Trotzdem stören ihn die sehr strikten Befahrungsverbote, auch außerhalb der Brutzeiten. Das macht Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen während der fünfjährigen Laufzeit des Programms um einiges aufwendiger.

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