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topplus Biomethanmarkt

Welche Absatzchancen bieten sich noch für Biomethan?

Die Märkte für Biomethan aus Wirtschaftsdünger, Nawaro oder Reststoffen entwickeln sich unterschiedlich. 2023 verhielt sich nach dem Ausnahmejahr 2022 komplett anders. Wie geht es in Zukuft weiter?

Lesezeit: 6 Minuten

Das Unternehmen agriportance aus Münster unterstützt Biogasanlagenbetreiber bei der Vermarktung von Biomethan, CO₂, THG-Quote und Bio-LNG sowie bei der Zertifizierung der Rohstoffe und der THG-Bilanzierung. Wir sprachen mit Firmengründer und Geschäftsführer Henning Dicks über die Erfahrungen, die Händler und Erzeuger im letzten Jahr machen konnten und über künftige Absatzwege für das Gas.

Der Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine hat sich jetzt zum zweiten Mal gejährt. 2022 haben wir aufgrund der Gaskrise eine starke Nachfrage nach Biomethan erlebt. Wie haben sich die Preise für Biomethan im letzten Jahr entwickelt?

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Dicks: Im Jahr 2023 gab es eine komplett andere Entwicklung. Dafür gibt es mehrere Gründe: Der milde Winter 2022/23, rückläufige Erdgaspreise und der gute Start in dem Import von Flüssigerdgas (LNG) via Schiff. Das Jahr war zudem geprägt von stark gesunkenen Preisen für die Treibhausgasminderungsquote (kurz: THG-Quote), die noch im Jahr 2022 sehr hoch waren. Die Ursache dafür war der massenhafte Import von chinesischem Biodiesel, der angeblich als fortschrittlich zertifiziert wurde. Mit dem Einsatz von diesem sehr günstigen Kraftstoff können Mineralölkonzerne ihre Verpflichtung zur THG-Minderung einhalten, ohne auf die THG-Quote zurückgreifen zu müssen, die beim Verkauf von Biomethan an Tankstellen entsteht. Und zuletzt ist der deutsche Kraftstoffsektor für Biomethan aus anderen EU-Mitgliedsstaaten geöffnet. Das alles hat die Lage für Biomethanerzeuger im Kraftstoffmarkt verschärft.

Wo liegt der Erdgaspreis und welche Aussichten haben Sie dafür?

Dicks: Wir sind jetzt bei etwa 4 ct/kWh, was ich für ein gutes Niveau halte, auch volkswirtschaftlich. Es ist aber auch nicht der Dumpingpreis von 1,5 bis 2 ct/kWh, wie wir ihn vor ein paar Jahren hatten. Dieser hatte es für Biomethan im Markt sehr schwer gemacht.

Was tut sich beim Quotenpreis?

Dicks: Dieser hat Schwankungen von 210 bis 1000 €/t CO₂ für für die doppelanrechenbare Quote hinter sich, die beim Einsatz von Biomethan aus Wirtschaftsdüngern im Kraftstoffmarkt erfüllt werden kann. Aktuell liegen wir bei 220 bis 240 €/t. Das ist eine große Herausforderung für Biomethanerzeuger. Solange die Bundesregierung nicht gegen die Billigimporte von falsch deklarierten Biodiesel einschreitet, wird sich daran wenig ändern.

Welche Folgen hat das?

Dicks: Der Erlös über die THG-Quote ist das am meisten preisbestimmende Element beim Biomethanverkauf im Kraftstoffsektor. Sind die Quotenpreise niedrig, geraten vor allem kleinere Biomethanerzeuger in Schwierigkeiten.

Wie entwickelt sich der Biomethanpreis?

Dicks: Hier muss man stark nach der Qualität unterscheiden. Kraftstoffbiomethan auf der Basis von Wirtschaftsdünger kostet derzeit etwa 12 ct/kWh. Biomethan aus dem Ausland ist ca. 0,5 ct/kWh günstiger, weil der Einsatz unter anderem mit gewissen administrativen Risiken verbunden ist, z.B. bezüglich Anrechenbarkeit auf die deutsche THG-Minderungsquote. Biomethan aus Bioabfall und anderen Reststoffen, die unter die Kriterien des „fortschrittlichen Biokraftstoffs“ fallen, liegt derzeit bei etwa 9,5 ct/kWh. Da die THG-Minderung hier nicht so hoch ist, geht dieses Gas nicht mehr in den Kraftstoffsektor, sondern z.B. in den Wärmemarkt oder in den Export. Auch Biomethan, das im BHKW verstromt wird und für das der Betreiber die EEG-Vergütung erhält, kostet rund 9,0 ct/kWh.

Im Jahr 2023 ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verabschiedet worden. Welche Chancen bietet es für den Absatz von Biomethan?

Dicks: Das GEG könnte den Absatz von Biomethan beflügeln, aber das ist noch nicht sicher. Es gibt noch keine nennenswerten Vertragsabschlüsse für Biomethan, das im Wärmebereich verkauft werden soll. Jedoch bietet das GEG eine gute Hochlaufkurve für den Biomethanabsatz. Ab 2029 müsste sogar mehr als 15 % des deutschen Gasabsatzes grün sein, ergo durch Biomethan, erneuerbares synthetisches Methan oder grünen Wasserstoff ersetzt werden.

Im vergangenen Jahr gab es viele Anlagenbetreiber, die von der Stromerzeugung auf die Gaseinspeisung umschwenken wollten. Wird sich das aufgrund der Marktlage ändern?

Dicks: Das kann man nicht pauschal sagen, denn es gibt bei Verstromungsanlagen schon länger eine Ernüchterung und mangelnde Perspektiven. Erst war es die Erlösabschöpfung aufgrund des starken Strompreisanstiegs im Jahr 2022, die viele Betreiber verunsichert hat. Dann kam die dreifache Überzeichnung der Ausschreibung für Post-EEG-Anlagen dazu, die sich um eine Anschlussvergütung beworben hatten.

Was sollten umstiegswillige Erzeuger beachten?

Dicks: Auch bei einem erneuten Anstieg der Biomethan- und THG-Quotenpreise ist der Umstieg auf die Gasaufbereitung für kleinere Anlagen oder Anlagen mit hohem Nawaro-Anteil weniger attraktiv, da im Kraftstoffmarkt vor allem Gas aus Wirtschaftsdünger oder zumindest aus Reststoffen gefragt ist. Daher gibt es derzeit einige Projekte, bei denen Betreiber ihre Anlagen mit einer Mikrogasleitung verbinden und die eine gemeinsame Gasaufbereitung bauen wollen. Damit kann die Produktion auch bei niedrigen Biomethanpreisen wirtschaftlich werden.

Bei rückläufigen Biomethanpreisen und der jetzt angehobenen Zuschlagswerte für Biomethan-BHKW könnte es zudem attraktiv werden, Biomethan aus dem Gasnetz in flexiblen BHKW zu verstromen. Weil der BHKW-Betreiber dafür die EEG-Vergütung erhält, wäre dann ‚EEG-Biomethan‘ gefragt, also Gas, das auch aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wurde.

Welchen Einfluss haben die stark gestiegenen Zinsen auf den Neubau von Anlagen?

Dicks: Es gibt eine starke Verteuerung von neuen Anlagen bei gestiegenen Zinsen für Produzenten und Verarbeiter. Das macht es herausfordernd für Projekte mit Biomethanverflüssigung zur Herstellung von Bio-LNG oder auch für eine Biogasanlage, die auf Biomethan umstellen will.

Wie geht es mit dem Absatz von Bio-LNG voran?

Dicks: Biomethan ist auf gutem Weg, fossiles LNG im Schwerlastverkehr zu verdrängen. Dafür entstehen derzeit größere, zentrale Verflüssigungsanlagen, die das Gas aus dem Netz beziehen. Die Verflüssigung direkt an der Biomethananlage ist selbst für sehr große Aufbereitungsanlagen kaum wirtschaftlich.  Zudem kommt, dass der Bio-LNG-Absatz begrenzt ist und es darauf ankommt die Biomethanverflüssigung möglichst preiswert realisieren zu können. Denn bei vielen Spediteuren ist in der Gaskrise das Vertrauen verloren gegangen, sie mussten auf einmal 5 €/kg und damit mehr als Fünffache für Bio-LNG bezahlen als vor der Krise. Dazu kommt, dass es keine Mautbefreiung für Gas-Lkw mehr gibt, womit ein weiterer Vorteil für Bio-LNG weggefallen ist.

Was ist mit der Verflüssigung von CO₂, wie entwickelt sich der Markt?

Dicks: Es gibt großes Interesse vor allem im Kraftstoffbereich, weil die CO₂-Nutzung die THG-Minderung weiter erhöht und das Biomethan damit aufwertet. Allerdings rechnet sich die CO₂-Verflüssigung vielfach erst ab einer Jahresmenge von 5000 t bzw. 1,5 MW Äquivalent.

Wird es auch Import von Biomethan geben?

Dicks: Ja, wir beobachten heute schon die Tendenz, dass Biomethan auf Basis von Wirtschaftsdüngern aus den Niederlanden, aus Spanien, Dänemark und dem Baltikum kommt. In den Ländern werden dazu neue Anlagen gebaut, die Handelsaktivitäten nehmen zu. Länder wie Polen werden auch verstärkt in den Export gehen, weil es im eigenen Land nur wenig Anreize für die Biomethannutzung gibt. Dagegen haben wohlhabende EU-Staaten wie Niederlande oder Österreich sehr hohe Biomethanziele. Sie könnten also große Gasmengen anziehen.

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