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topplus Zubauzahlen 1. Halbjahr 2023

BWE zum Windkraftausbau: „Der Süden muss endlich anfangen, zu handeln!“

Viele bürokratische Hürden hemmen den Windkraftausbau, der weit entfernt von den politischen Zielen ist. Das zeigen die Zahlen des 1. Halbjahres 2023. Zudem bleibt das starkes Nord-Süd-Gefälle.

Lesezeit: 8 Minuten

Im ersten Halbjahr 2023 wurden in Deutschland 331 Windenergieanlagen (WEA) an Land mit einer kumulierten Leistung von 1.565 Megawatt (MW) errichtet. Dies ist das Ergebnis der Auswertung der Deutschen WindGuard im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie (BWE) und des Verbandes VDMA Power Systems. Der Bruttozubau im ersten Halbjahr 2023 beträgt damit bereits 65 % des Zubaus des Gesamtjahrs 2022. Trotz der bestehenden Herausforderungen wird damit voraussichtlich der obere Bereich der Verbändeprognose von 2,7 bis 3,2 GW erreichbar. Allerdings bleibt der Zubau hinter den Ausbauzielen der Bundesregierung zurück, die 115 GW bis 2030 erreichen will.

Zu wenig Neugenehmigungen

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Schlüsselwert sind und bleiben laut BWE die Neugenehmigungen. Hieran wird sich der Erfolg der Bundesregierung messen lassen müssen. Der aktuelle Zubau geht vor allem aus den Genehmigungen vergangener Jahre zurück.

Die meisten neuen Windräder (125 Anlagen, 597 MW) sind in Schleswig-Holstein gebaut worden. Das sind 38 % der im 1. Halbjahr neu errichteten Windräder. Auf Platz 2 liegt Niedersachsen (52 Analgen, 17 %), gefolgt von Nordrhein-Westfalen (45 Anlagen, 13 %).

Die drei Länder profitieren bei der Platzierung von der Ausbauschwäche anderer Bundesländer. „Insbesondere in Süddeutschland stockt der Ausbau weiterhin, aber auch in den führenden Ländern besteht deutlich Luft nach oben“, bemängelt BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek. So sind in Baden-Württemberg lediglich acht neue Anlagen gebaut worden, in Bayern fünf und im Saarland vier. In den Flächenländern Thüringen und Sachsen dagegen gab es überhaupt keinen Zubau.

Der starke Anstieg der Genehmigungen stützt sich auf Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und etwas reduziert auf Brandenburg. „Dies sind zu wenige Länder! Es braucht jetzt in allen Ländern deutlich mehr Tempo. Um die angestrebten jährlich 10 GW Zubau zu erreichen, müssen mindestens 12 GW neu genehmigt werden. Der Süden muss endlich anfangen zu handeln“, fordert sie.

Wunsch und Wirklichkeit


Die Verbände bewerten die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung sowie die aktuelle Dynamik beim Zubau und bei den Genehmigungen positiv. Sie betonen aber ausdrücklich, dass auch die deutlich steigenden Genehmigungszahlen bei Weitem noch nicht ausreichen, um den Ausbaupfad von jährlich 10 GW ab 2025 zu stemmen. Die Diskrepanz zwischen Realität und Zielsetzung ist derzeit noch zu hoch und kann nur durch die konsequente und zügige Umsetzung der auf Bundesebene – vor allem auf Betreiben des Bundeswirtschaftsministeriums – beschlossenen Maßnahmen reduziert werden. Hierfür braucht es intensive Anstrengungen anderer Ressorts, wie des Bundesverkehrsministeriums, der beteiligten Landesministerien und der Behörden vor Ort. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Lücke zwischen Zubau und Ziel nicht größer, sondern kleiner wird. 
Das Verfehlen der Ausbauziele der Windenergie an Land kann Auswirkungen auf Fortschritte in anderen Sektoren haben. Wärmepumpen, Elektromobilität und grüner Wasserstoff können nur zur Erreichung der Klimaziele beitragen, wenn insbesondere Onshore-Wind den Ausbaupfad erreicht und somit ausreichend grüner Strom zur Verfügung steht. Verfehlungen in jedem Jahr erhöhen den Druck in den folgenden Jahren und verstärken Herausforderungen bei der Umsetzung. 


Hohe bürokratische Hindernisse

Langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Mangel an verfügbaren Flächen stellen weiter die größten Zubauhürden dar. Die Verfahrenslaufzeiten sind laut Fachagentur Wind an Land nach einem kurzen Rückgang im Jahr 2021 zuletzt sogar auf einen neuen Höchstwert angestiegen und liegen nun bei 24,5 Monaten. „Beschlüsse und Ziele sind vorhanden. Bis die Bundesländer diese Regelungen schlussendlich umsetzen, darf nicht weiter wertvolle Zeit verstreichen. Mit dem derzeitigen Tempo werden die Ziele verfehlt“, befürchtet Dr. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems. Hersteller und Zulieferer brauchen die zügige Projektrealisierung, auch um Fertigungskapazitäten auszulasten und Wertschöpfung für künftige Investitionen in den Kapazitätsausbau zu sichern.

Flaschenhals Transport

Auch die langwierigen Genehmigungsprozesse für die Transporte der Anlagen sind ein echter Flaschenhals für die Realisierung von Projekten und eine hohe Belastung für die Branche. Mit beschleunigten und verschlankten Genehmigungsverfahren muss die Zahl der Anträge deutlich verringert werden, die Branche und die Behörden müssen entlastet und die Genehmigungszeiten und Kosten deutlich gesenkt werden. „Während ein Schwerlasttransport in Holland in 4 bis 5 Tagen genehmigt wird, sind in Deutschland 12 Wochen die Regel. Das ist viel zu lang“, kritisiert er.

Zudem seien Behelfsmaßnahmen im Infrastrukturbereich notwendig, um Transportengpässe zu verringern. Noch bevor der Zubau anzieht, muss die Situation auf der Straße schnell und bundeseinheitlich gelöst werden. Die Binnenschifffahrt wird voraussichtlich erst mittel- bis langfristig größere Anteile des Transports übernehmen können, wenn Zuwege, Häfen, Wasserstraßen und Schleusen ausgebaut sind. Auch hier müsse die Lücke zwischen Realität und Zielen schnell geschlossen werden.

Zu wenig Repowering

Die Verbände sehen beim beschleunigten Repowering einen wichtigen Hebel zum schnellen Erreichen der Ausbauziele. Das Potenzial liegt laut BWE bei rund 13.600 Anlagen mit einer Leistung von mehr als 18 GW bis Ende 2028. Hier schlummert kurz- bis mittelfristig ein Repowering-Potential von bis zu 54 GW. „Der Ersatz von Windenergieanlagen, die ihr Lebensende erreicht haben, durch moderne Anlagen steigert die Effizienz der Stromerzeugung, senkt die Kosten und unterstützt die Akzeptanz der Windenergie. Es gilt, Repoweringprojekte durch Beschleunigung in den Genehmigungsverfahren deutlich voranzubringen“, fordert Heidebroek.

LEE SH: „Mehr Genehmigungen nötig“

„Wir freuen uns über die sehr positiven Genehmigungs- und Ausbauzahlen im ersten Halbjahr. Mit Genehmigungen von über 600 MW hat die Landesregierung einen guten Grundstein für die Zielerreichung bis 2025 gelegt. Trotzdem fehlen noch Genehmigungen für mindestens 400 MW“, erklärt Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (LEE SH).

Auch die Zubauzahlen von 597 MW laut WindGuard seien ein positives Signal, trotz der starken Verzögerungen und Preissteigerungen entlang der gesamten Lieferkette.

Wenn Schleswig-Holstein weiter Energiewendeland Nr. 1 sein möchte, müsse die diesjährige Dynamik bei den Genehmigungszahlen verstetigt werden, fordert Hrach. Dafür sei es zudem wichtig, schnellstens neue, bebaubare Flächen auszuweisen. Mit den neuen Vorgaben des Bundes hätten die Kommunen jetzt auch einen größeren Handlungsspielraum bei der weiteren Flächenausweisung auf ihrem Gebiet. „Die Kommunen kennen die Gegebenheiten vor Ort am besten. Daher ist es absolut richtig, dass sie einen größeren positiven Handlungsspielraum bekommen. Die Akzeptanz für die Windenergie ist hoch, das Land ist jetzt gefragt, die Kommunen schnellstmöglich mit Handlungsleitfäden zu unterstützen.“

Hohe Akzeptanz

Dass eine hohe Dichte an Windrädern nicht unbedingt auf Ablehnung stößt, zeigt das Beispiel Schleswig-Holstein eindrucksvoll. Das flächenmäßig sehr kleine Land hat mit 36 mit 38 kW installierter Leistung je Quadratkilometer Landesfläche mit Abstand die höchste Dichte an Anlagen in Deutschland. Trotzdem hat eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Netzwerkagentur Erneuerbare Energien aus dem April 2023 gezeigt, dass 96 % der Schleswig-Holsteiner den Ausbau der erneuerbaren Energien befürworten. Die regelmäßigen Umfragen der FA Wind zeigen seit 2015, dass die Akzeptanz der Windenergie auf einem gleichbleibend hohen Niveau ist. In der letzten Umfrage aus dem Jahr 2022 waren 84 % mit bestehenden Windenergieanlagen mit in ihrem direkten Umfeld einverstanden.

Auch Niedersachsen fordert weiteren Zubau

Der LEE Niedersachsen/Bremen sieht ebenfalls noch Nachholbedarf. „Wenn wir das Ziel von 48 Gigawatt durch den Einsatz von Windenergie bis 2045 in Niedersachsen erreichen wollen, müssen wir uns deutlich stärker anstrengen. Rein rechnerisch müssten wir in diesem Jahr 715 Megawatt an Onshore-Windenergie zubauen, also im zweiten Halbjahr noch einmal mehr das Doppelte gegenüber dem ersten Halbjahr“, erklärt Horst Mangel, Vorsitzender des BWE-Landesverbandes Niedersachsen-Bremen und LEE-Vorstandsmitglied.

Bürgerbeteiligung zu bürokratisch

Mangels führt weiter aus: „Der LEE begrüßt die geplante gesetzliche Ausweisung von Windflächenzielen für die niedersächsischen Planungsregionen. Die gleichzeitig in diesem Gesetzesverfahren geplante Bürgerbeteiligung sieht eine verpflichtende Beteiligung von Kommunen sowie von Bürgern an Wind- und Solarenergieprojekten vor. Die Umsetzung halten wir, wie auch die anderen beteiligten Branchenverbände, für nicht zielgerichtet und zu bürokratisch.

Es bestehe die Gefahr, dass die Wirtschaftlichkeit von Windenergie- und Solarprojekten deutlich gemindert, die Planung von Repowering-Vorhaben erschwert werde und der bürokratische und personelle Mehraufwand steige. Die Branche stehe zur finanziellen Beteiligung von Kommunen, wie sie in der Praxis gezeigt hat. „Sie muss aber Kommunen und Projektierern Freiräume in der Ausgestaltung der Zusammenarbeit lassen“, fordert Mangels-

Kommunale Öffnungsklausel begrüßt

„Richtig finden wir, dass die Bundesregierung die kommunale Öffnungsklausel im Baugesetzbuch umsetzt. Das bedeutet, dass die Gemeinden selbst planen können. Wir gehen davon aus, dass durch diese positive Gemeindeöffnungsklausel die Verfügbarkeit von Flächen steigt und der Ausbau von Windenergie beschleunigt wird“, bekräftigt er. Auf Grund der Größe der Windanlagen und des dadurch notwendigen Netzanschlusses werde die Konzentration von Standorten nicht gefährdet. Die von vielen Kommunen befürchtete Verspargelung der Landschaft sei nicht zu befürchten.

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