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Wasserstoff als Speicher und Kraftstoff

„Das Wasserstoffprojekt ist eine Blaupause für viele andere ländliche Regionen“

Im Emsland testen Projektpartner aus Wirtschaft und Wissenschaft die Kombination aus Windenergie und Speichertechnologien. Der Projektverantwortliche Christoph Pieper erläutert die Hintergründe.

Lesezeit: 6 Minuten

Im Modellprojekt „H2Agrar“ im emsländischen Haren erforschen die Projektpartner, wie sich eine Wasserstoffinfrastruktur für eine landwirtschaftliche Nutzung aufbauen lässt. Daran beteiligt ist u.a. der Landmaschinenhersteller Fendt.

Im Modellprojekt werden erstmalig Prototypen eines wasserstoffbetriebenen Traktors mit Brennstoffzelle auf landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt. Im Forschungsprojekt soll u.a. die Nutzbarkeit und das Leistungspotenzial von Wasserstoff für landwirtschaftliche Maschinen untersucht werden. Gleichzeitig werden die technischen Anforderungen an eine geeignete grüne Wasserstoff-Infrastruktur für die Landwirtschaft erforscht.

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Erstmals auf der Tarmstedter Ausstellung wurde das gesamte Projekt der Öffentlichkeit präsentiert. Wir haben den Projektverantwortlichen Christoph Pieper, Geschäftsführer der Clean Energy Conversion (CEC), nach weiteren Details zu dem Projekt befragt.

Im Mittelpunkt des Projekts stehen ja die Wasserstofftraktoren. Woher stammt der Wasserstoff?

Pieper: Die Basis dafür bildet ein Bürgerwindpark mit 16 Anlagen und 67,2 MW installierter Leistung. Auf halber Strecke zum Netzverknüpfungspunkt ist der H2-Hub Haren angelegt. Über eine eigene interne Stromleitung werden mit dem Windstrom zunächst alle Speicher versorgt, bevor der Reststrom ins Stromnetz eingespeist wird.

Ein Abnehmer ist ein Elektrolyseur mit einer elektrischen Anschlussleistung von 2 MW. Er soll ab Oktober grünen Wasserstoff für das Projekt produzieren. Außerdem betreiben wir zwei große Lithium-Eisenphosphat-Batterien mit 4 MW Leistung und 7,39 MWh Kapazität.

Was geschieht mit dem Wasserstoff?

Pieper: Wir versorgen damit unseren „Grünen Tankstellenpark Emsland“ in 2,5 km Entfernung, der auch auf Schwerlastfahrzeuge wie Lkw und Schlepper technisch ausgelegt ist. Außerdem bauen wir eine Abfüllanlage, um Wasserstoff in Lkw-Trailer oder Flaschen an andere Wasserstofftankstellen oder an Wasserstoff interessierte Kunden liefern zu können.

Die nicht benötigte Wasserstoffmenge wird in das Erdgasnetz der OGE eingespeist, einer der größten Erdgastransportleitungen in Deutschland. Zu dem Transportvolumen von 2 Mio. m3 Wasserstoff pro Stunde steuern wir max. 430 m3 Wasserstoff pro Stunde bei. Die maximal zulässige Wasserstoffkonzentration am Anschlusspunkt beträgt 0,1 %.

Warum haben Sie sich für Lithium-Eisenphosphat-Batterien entschieden?

Pieper: Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (LFP) sind umweltfreundlicher als andere Arten von Lithium-Ionen-Akkus, da sie nicht aus seltenen Erden hergestellt werden und keine giftigen Chemikalien enthalten. Sie beinhalten keine Stoffe wie Kobalt, die bezüglich Umweltschäden oder wegen der unethischen Arbeitsbedingungen beim Abbau in der Kritik stehen.

Gerade beim Recycling punktet der Lithium-Eisenphosphat-Akku im Vergleich zu anderen Materialkombinationen, denn alle verwendeten Metalle können bis zu 100 % wiederverwendet werden. Auch die Elektrodenmaterialien und weitere Bestandteile lassen sich zu über 90 % wiederaufbereiten. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung sind sie sehr sicher und stabil und weniger anfällig für thermische Instabilität, reduzieren also das Brandrisiko. Die Zellen weisen eine lange Lebensdauer auf und sind in einem großen Temperaturbereich einsatzfähig.

Insgesamt bieten LFP-Akkus viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf Sicherheit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Sie sind ideal für den Einsatz in Elektrofahrzeugen und stationären Energiespeichern und anderen Anwendungen.

Wie regeln Sie den Stromfluss, um Elektrolyseur oder Batterien gezielt anzusteuern?

Pieper: Wir haben mit der Stadt Haren einen Kooperationsvertrag geschlossen, in dem wir anstreben, 75 % aller Viertelstunden des Stromeigenbedarfs der Stadt Haren bilanziell mit grüner Energie zu versorgen. Einbezogen werden in der Region zwei Windparks, 20 Biogasanlagen und Solarstromanlagen mit knapp 30 MW Leistung im Stadtgebiet Haren. Für die Regelung des Stromfluss haben wir ein eigenes Energiemanagement programmiert. Die Speicher wie Elektrolyseur und Batterien werden bevorzugt dann eingesetzt, wenn wir in der Region eine Überdeckung haben, also zu viel Strom produziert wird.

Sie haben den „Grünen Ladepark Emsland“ angesprochen. Was ist damit gemeint?

Pieper: Die Ladepunkte sind Bestandteil des „Grünen Tankstellenparks Emsland“ und werden von dem H2-Hub Haren auch mit einer eigenen Stromtrasse versorgt. Wir haben dort einen der ersten Lkw-Schwerlastladeparks in Europa gebaut. Denn ein 40-Tonner passt nicht in die Parklücke zu einer E-Ladesäule für Pkw. Der „Grüne Tankstellenpark Emsland“ umfasst neben der Ladeinfrastruktur auch besagte Wasserstofftankstelle für Pkw, Schwerlast-Lkw, Busse sowie eine spezielle Auslegung für landwirtschaftliche Nutzmaschinen.

Wasserstoff für Schlepper ist ja bislang ein neues Feld. Welche Technik setzen Sie dabei ein?

Pieper: Unser Partner im Projekt ist der Landmaschinenhersteller Fendt. Er hat im H2Agrar-Projekt zwei Vorserienmodelle von Wasserstoffschleppern entwickelt. Die werden mit einer Brennstoffzelle betrieben, während sich die Wasserstofftanks auf dem Dach befinden.

Mit dem Wasserstoff erzeugt der Schlepper in der Brennstoffzelle Strom für den Antrieb oder zum Laden der Batterie an Bord. Der Schlepper hat 100 kW Leistung. Fendt plant bis 2030, Serienfahrzeuge anzubieten. Zwei unserer Landwirte sind jetzt mehrere Jahre Testfahrer.

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge der TU Braunschweig. Wir wollen u.a. untersuchen, ob sich der typische saisonale Schleppereinsatz mit der regenerativen Wasserstofferzeugung vor Ort unter gewissen Bedingungen versorgen lässt.

Warum setzen Sie nicht auf andere Optionen, die es heute schon gibt, wie CNG oder Pflanzenöl?

Pieper: Wir wollen mit dem Projekt eine Blaupause für andere landwirtschaftliche Regionen mit einem hohen Anteil von erneuerbaren Energien schaffen. Ein Argument des weltweit agierenden Landmaschinenherstellers ist, dass CNG oder Pflanzenöl nicht das Potenzial für alle Regionen haben, Wasserstoff dagegen schon.

Gerade die Verbindung von Wind- und Solarstrom mit der Landwirtschaft sind interessant, weil grüner Strom ja vor allem in landwirtschaftlichen Regionen erzeugt wird. Aufgrund des hohen Energiebedarfs von landwirtschaftlichen Nutzmaschinen werden hier Batteriesysteme mit hohen Speicherkapazitäten benötigt. Diese Systeme sind aktuell noch relativ teuer. Auch da sehen wir Vorteile für Wasserstoff.

Wenn sich Wasserstoff für den Schleppereinsatz durchsetzt: Ist das nicht auch eine Option für Lkw anstelle von Batterien?

Pieper: Es wird verschiedene Optionen geben. Früher hat das Gewicht der Batterie, deren Volumen und die Ladezeit gegen eine Anwendung im Lkw gesprochen. Bei einer normalen Schnellladesäule mit 300 kW Ausgangsleistung benötigt ein Pkw 15 Minuten zum Vollladen, ein Lkw würde dagegen 210 Minuten zum Laden benötigen. Das ist nicht alltagstauglich. In unserem Projekt haben wir die Ladeleistung durch deutlich leistungsstärkere Ladesäulen in Kombination mit dem Batteriespeicher wesentlich optimiert.

Für welche Anwendungen sind die Batterie-Lkw gedacht, für die regionale Logistik oder auch für den Fernverkehr?

Pieper: Grundsätzlich können Batterie-Lkw überall da eingesetzt werden, wo geringe Reichweiten ausreichen. Anwendungsbereiche sind der kommunale Bereich, der städtische Lieferverkehr oder die regionale Logistik mit Fahrleistungen oder Reichweiten von 200 bis 300 Kilometern. Rein technisch sind alle Fahrten auch mit Batterie-Lkw möglich. Bei Touren mit rund 500 km Strecke lassen sich gemäß aktuellen Studien aus technischer Sicht knapp 40 % der Lkw sinnvoll elektrifizieren. Vor allem bei Sattelzügen ist das Potenzial aktuell noch deutlich geringer als bei kleineren Solo-Lkw.

Durch den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Entwicklung des notwendigen Megawattladens (MCS) in den nächsten Jahren samt Nutzung der Pausenzeiten zum Zwischenladen sollen Tagesreichweiten zwischen 600 und 800 km möglich sein.

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