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topplus Nationalen Wasserstoffstrategie

Bundesregierung visiert zuverlässige Versorgung mit grünem Wasserstoff an

Die Bundesregierung will die Produktion und die Nutzung von Wasserstoff beschleunigen. Verbände sehen kritisch, dass der Bund dabei vor allem auf Importe, auch von Wasserstoff aus Erdgas, setzt.

Lesezeit: 7 Minuten

Das Bundeskabinett hat heute die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie beschlossen. Der Beschlussfassung im Kabinett vorausgegangen war eine politische Einigung aller Ressorts, einschließlich der fünf Kernressorts für Wasserstoff, d.h. der Bundesministerien für Wirtschaft, Umwelt, Entwicklung, Verkehr und Forschung.

Die Nationale Wasserstoffstrategie aus dem Jahr 2020 hat grundsätzlich weiter Bestand, wird nun aber mit der Fortschreibung an das gesteigerte Ambitionsniveau im Klimaschutz und die neuen Herausforderungen am Energiemarkt weiterentwickelt.

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Sie setzt staatliche Leitplanken für die Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff und seinen Derivaten und bündelt die Maßnahmen der Bundesregierung. Eine zuverlässige Versorgung Deutschlands mit grünem, auf Dauer nachhaltigem Wasserstoff ist dabei erklärtes Ziel der Bundesregierung.

Die konkreten Maßnahmen

Die Maßnahmen der Fortschreibung umfassen die gesamte Wertschöpfungskette, wurden vielfach bereits parallel zur Erarbeitung der Fortschreibung der Strategie begonnen oder sind kurzfristig für das Jahr 2023, mittelfristig für die Jahre 2024/ 2025 sowie teilweise bereits langfristig bis 2030 geplant. Mit den Maßnahmen soll das folgende Zielbild umgesetzt werden:

  • Die Marktentwicklung von Wasserstoff, seinen Derivaten und Wasserstoffanwendungstechnologien wird deutlich beschleunigt und das Ambitionsniveau entlang der gesamten Wertschöpfungskette massiv gesteigert.
  • Das Ziel für heimische Elektrolysekapazität im Jahr 2030 wird von 5 GW auf mindestens 10 GW erhöht. Der restliche Bedarf wird durch Importe gedeckt. Eine gesonderte Importstrategie wird entwickelt.
  • Von besonderer Bedeutung ist der Aufbau der notwendigen Wasserstoffinfrastruktur. Hierfür hat das Bundeskabinett Ende Mai mit der aktuellen Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) den rechtlichen und regulatorischen Rahmen für das zukünftige Wasserstoff-Kernnetz für Deutschland als erste Ausbaustufe der Wasserstoffinfrastruktur beschlossen. Bis 2027/2028 wird über die IPCEI-Förderung ein Wasserstoffstartnetz mit mehr als 1.800 km umgestellten und neu gebauten Wasserstoffleitungen in Deutschland aufgebaut; europaweit kommen ca. 4.500 km hinzu (European Hydrogen Backbone). Mittels Erweiterung werden bis 2030 alle großen Erzeugungs-, Import- und Speicherzentren mit den relevanten Abnehmern verbunden.
  • Bis 2030 werden Wasserstoff und seine Derivate insbesondere bei Anwendungen in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie zunehmend im Luft- und Schiffsverkehr eingesetzt. Im Stromsektor trägt Wasserstoff zur Energieversorgungssicherheit bei; durch auf klimaneutrale Gase umrüstbare Gaskraftwerke (H2-ready) und durch systemdienliche Elektrolyseure, insbesondere als variable und systemdienliche Stabilisatoren bzw. flexible Lasten. Zur perspektivischen Nutzung von Wasserstoff bei der zentralen und dezentralen Wärmeversorgung werden die Rahmenbedingungen aktuell im GEG, in der Wärmeplanung sowie im europäischen Gasmarktpaket weiterentwickelt.
  • Deutsche Anbieter bauen ihre Technologieführerschaft aus und bieten die gesamte Wertschöpfungskette von Wasserstofftechnologien von der Produktion (z. B. Elektrolyseure) bis hin zu den unterschiedlichen Anwendungen (z. B. Brennstoffzellentechnologie) an.
  • Rechtliche Voraussetzungen auf nationaler, europäischer und möglichst auch internationaler Ebene unterstützen die Marktentwicklung. Dies umfasst insbesondere effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren, einheitliche Standards und Zertifizierungssysteme, ausreichend ausgestattete und auf allen Ebenen koordinierte Verwaltung.
  • Zudem arbeitet die Bundesregierung seit Beginn der Legislaturperiode mit Nachdruck daran, die Verfügbarkeit von Wasserstoff neben dem Ausbau der heimischen Produktion durch Importe aus Partnerländern abzusichern. Hierfür wird parallel eine Importstrategie für Wasserstoff und seine Derivate erarbeitet. Darin werden auch Nachhaltigkeitskriterien im Sinne der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. verankert. Die Importstrategie wird das Signal an Partnerländer senden, dass Deutschland weltweit Kooperationen eingehen, verlässliche Lieferketten nach Deutschland ermöglichen, nachhaltige Standards etablieren und als Technologiepartner zur Verfügung stehen will. In diesem Frühjahr hat die die Bundesregierung sich bereits mit Norwegen auf die langfristige Versorgung mit Wasserstoff verständigt.

Stärken der Bioenergie

„Die Anpassung der Nationalen Wasserstoffstrategie ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Versorgungssicherheit und somit der wichtigen Unabhängigkeit von ausländischen Energieimporten. Es ist gut, dass in der Strategie ein technologieoffener Weg zur Bereitstellung von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gewählt wurde“, kommentiert Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, den heutigen Beschluss. Denn auch die Bioenergie knne ihren Beitrag zur Versorgung mit grünem Wasserstoff leisten. Zum einen könnten bereits heute Biogasanlagen Wasserstoff herstellen und so beispielsweise regionale Netze oder einzelne Industriebetriebe bedienen. Zum anderen können holzartige Biomassesortimente mittels Pyrolyseverfahren zu Wasserstoff umgewandelt werden. „Hierbei kann zusätzlich das bei der Wasserstoffgewinnung als Nebenprodukt anfallende CO2 aufgefangen und gespeichert werden, um so Negativemissionen zu schaffen. Diese sind für die angestrebte Klimaneutralität Deutschlands unverzichtbar“, sagt Rostek.

Viele neue Wasserstoffkraftwerke unnötig

Bei der Ausarbeitung der Strategie dürften jedoch die vielen Vorteile einer noch stärkeren Sektorkopplung nicht unter den Tisch fallen. Blockheizkraftwerke an Biogasanlagen könnten schon heute Wasserstoff nutzen und so Strom und Wärme regional und dezentral bereitstellen. Der Neubau großer Wasserstoffkraftwerke wäre damit in einem deutlich geringeren Maße notwendig. Auch sollten zusätzliche Elektrolysekapazitäten noch stärker in der Nähe von Biomethanaufbereitungsanlagen entstehen. Das bei der Biogasaufbereitung abgeschiedene Kohlendioxid kann laut Rostek zusammen mit grünem Wasserstoff in gasförmige oder flüssige Derivate wie synthetisches Methan oder Methanol aufbereitet werden. So ließen sich nicht nur die Energiedichte des Gases deutlich erhöhen und das bereits existierende Gasnetz auch langfristig nutzen, sondern ebenfalls negative Emissionen generieren. „Biogenes CO2, welches mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen wurde, ist ein Paradebeispiel der Kreislaufwirtschaft und ein Garant der Zielerreichung von 100 Prozent erneuerbarer Energien in 2040.“

BEE: Heimische Potenziale erschließen

Der Bundesverband Erneuerbare Energien sieht den Beschluss zum Import von großen Wasserstoffmengen auch aus fossilen Quellen kritisch. „Statt auf heimische Potenziale zur Produktion von grünem Wasserstoff zu setzen, zielt die Bundesregierung mit ihrer Strategie vorrangig auf Importe per Schiff, auch von blauem Wasserstoff. Der ist durch seine Vorkettenemissionen nicht nur viel klimaschädlicher als grüner Wasserstoff, sondern auch teurer, wie kürzlich eine Studie des Wuppertal Instituts gezeigt hat“, kritisiert BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter. Zur Information: Als „blau“ wird Wasserstoff bezeichnet, der durch die Dampfreformierung von Erdgas hergestellt wird.

Nach der durch die hohe Erdgasabhängigkeit verursachten Kosten- und Versorgungskrise des letzten Jahres drohe Deutschland, in neue Importabhängigkeiten zu geraten.

Angesichts der großen Invesititionsvolumina in die Wasserstoffproduktion und Infrastruktur, aber auch aufgrund steigender Anforderungen an Energiesicherheit und Resilienz seien Fehlinvestitionen und -anreize unbedingt zu vermeiden. Deutschland verfüge nicht nur über große Gas- beziehungsweise Wasserstoffspeichermöglichkeiten, es gäbe heute auch schon große Mengen an erneuerbarer Energie, die für die Wasserstoffproduktion eingesetzt werden könnten: Allein 2021 wurden 5.817 Gigawattstunden Strom aufgrund von Netzengpässen abgeregelt, die besser genutzt worden wären. „Zudem bieten Biogas und Holz Potenziale, heimischen grünen Wasserstoff zu erzeugen. Dieser regional erzeugte grüne Wasserstoff steigert nicht nur die Flexibilität unseres Energiesystems, um die fluktuierenden Quellen Wind und Solar auszugleichen, und stabilisiert damit die Strompreise, sondern kann durch den regionalen Aufbau von Elektrolyseuren, Dampfreformern (für die Biogasumwandlung) und Pyrolyseanlagen (für holzartige Biomassesortimente) auch den Standort für die Technologieproduktion verbessern“, sagt die Präsidentin. Statt den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen, sollte die Bundesregierung daher auf eine Strategie setzen, die zunächst die Ausweitung vor Ort anstroße und erst dann den verbliebenen Bedarf durch Importe decke.

Kosten der Abregelung vermeiden

Wegen der hohen Kosten der Abregelung der Stromnetze in Deutschland im Jahre 2022 von 4,25 Mrd. € aufgrund fehlender Möglichkeiten, erneuerbare Energie zu speichern, fordert Jorgo Chatzimarkakis, CEO des Wasserstoffverbandes „Hydrogen Europe“: „Die notwendige Sektor-Kopplung wird zwar angesprochen, aber die Brisanz dieser sehr stark gestiegenen Kosten ist nicht wirklich abgebildet. Wasserstoff wäre der ideale Stromspeicher, um damit auch die Kosten der Abregelung zu reduzieren.“ Zudem sieht auch Chatzimarkakis kritisch, dass biogener Wasserstoff sowie Waste-to-Hyrogen nicht berücksichtigt seien, obwohl sie negative Emissionen aufwiesen und einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten könnten.

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