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topplus Redispatch 2.0

Dienstleister nimmt Anlagenbetreibern Arbeit im Redispatch-Prozess ab

Die iTerra GmbH aus Niebüll hilft Anlagenbetreibern bei der Abrechnung nach Abschaltungen ihrer Anlage. Im top agrar-Interview erklären Dr. Peter Brodersen und Ralf Hargens, wie das funktioniert.

Lesezeit: 6 Minuten

Die iTerra GmbH aus Niebüll in Schleswig-Holstein hat seit 2009 für Betreiber von Wind- und Solarparks sowie Biogasanlagen Abrechnungen nach Abschaltungen erstellt, die die Netzbetreiber beim früheren „Einspeisemanagement“ (Kurz: Eisman) vorgenommen haben. Das war nötig, damit die Anlagenbetreiber ihre Entschädigungszahlungen erhielten, die ihnen gesetzlich zustehen.

Seit dem 1. Oktober 2021 hat das Redispatch 2.0 das bisherige Einspeisemanagement abgelöst. Betroffen sind Betreiber aller Anlagen über 100 kW. Wie die Praxis zeigt, sorgt das neue Redispatch-System für noch mehr Bürokratie und Arbeit bei den Anlagenbetreibern, wenn sie sich keines Dienstleisters bedienen.

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iTerra bietet deshalb als Dienstleistung die Übernahme der beiden Marktrollen „Einsatzverantwortlicher“ (EIV) und „Betreiber technischer Ressourcen“ (BTR) an, die sonst Betreibern ab einer Anlagengröße ab 100 kW zufallen. Wir sprachen mit Geschäftsführer Dr. Peter Brodersen und dem Redispatch-Experten Ralf Hargens, wie das genau funktioniert, welche Fehler Anlagenbetreiber vermeiden sollten und wo die Politik dringend nachlegen muss.

Sie helfen Anlagenbetreibern bei der Umsetzung von Redispatch 2.0. Warum ist das nötig?

Hargens: Schon die Abschaltungen im Rahmen des früheren Einspeisemanagements waren sehr zeitaufwändig für die Anlagenbetreiber. Bei den schwachen Netzen hier an der Westküste Schleswig-Holsteins standen viele Anlagen stundenlang still. Da mussten Anlagenbetreiber pro Jahr und Anlage hunderte Rechnungen stellen, um ihre Entschädigungszahlungen zu bekommen. Hierfür hat der Anlagenbetreiber (oder Dienstleister wie wir) die Ausfallmenge (kWh) und auch den monetären Schaden (€) ermittelt.

Redispatch 2.0 ist seit dem 1. Oktober 2021 das neue Netzengpassmanagement. Heute reden wir nur noch über Ausfallmengen in kWh, die ausgeglichen werden. Es wird - vereinfacht- so getan, als hätte der Anlagenbetreiber die Menge geliefert. In Wirklichkeit werden Energiemengen am Energiemarkt verschoben.

Ein großer Unterschied zur früheren Rechnungslegung durch den Betreiber ist, dass der Netzbetreiber im Standardfall nicht nur die Schaltungen durchführt, sondern jetzt auch das erste Angebot für den Ausfall vorgibt. Allein die Prüfung ist schon sehr kompliziert und aufwendig. Auch die Antwort muss auf diesem sehr technischen Weg (Marktkommunikation des Energiemarktes) erfolgen – spätestens nach drei Werktagen.

Allein wegen der hoch verschlüsselten digitalen Kommunikation ist das für Betreiber von Anlagen kaum möglich, den Redispatch-Prozess selbst zu durchzuführen. Darum bieten wir diese Dienstleistung an.

Wie genau sieht die jetzt aus?

Hargens: Beim Redispatch 2.0 gibt es zwei neue Marktrollen: den Einsatzverantwortlichen (EIV) und den Betreiber der technischen Ressource (BTR). Diese beiden Rollen fallen den Betreibern von Anlagen ab 100 kW von Gesetz her zu.

Die Marktrolle des EIV haben heute viele Anlagenbetreiber an ihren Direktvermarkter (DV) abgeben. Die Marktrolle des BTR wird häufig bei den technischen Betriebsführern abgearbeitet. Wer keines von beiden hat oder wer gerne eine unabhängige Prüfung möchte, ist bei uns richtig.

Als „technische Ressource“(TR) gilt in der Regel eine einzelne Anlage. In einem Windpark gibt es daher mehrere technische Ressourcen.

Der BTR muss in Einzelfällen Echtzeitdaten dieser TR weiterleiten und die täglichen Daten je TR mit dem Netzbetreiber und dem Datenprovider austauschen. Er übermittelt die meteorologischen Daten und empfängt die Lastgangdaten über die Marktkommunikation.

Der EIV meldet, auch über den sehr technischen Weg der Marktkommunikation, den Zustand der Anlagen (TR). Die zu beantwortenden Fragen aus Sicht des EIV sind bspw. „Ist die TR voll einsatzbereit?“ oder „Ist die technische Ressource voll oder nur teilweise für Redispatch-Schaltungen beanspruchbar?“.

Könnte das nicht auch der Direktvermarkter machen? Dann wäre doch alles in einer Hand.

Brodersen: Genau das ist das Problem. Wenn der Direktvermarkter das übernimmt, kann niemand kontrollieren, ob er die Abrechnung mit der tatsächlichen Abschaltung auch prüft oder nur ungeprüft angenommen hat und somit jedem Erstaufschlag des Netzbetreibers einfach zustimmt. Dieses Vorgehen wird oft im Vertrag mit dem Direktvermarkter überlesen und kann dem Betreiber wertvolle Strommengen kosten. Wir raten daher jedem Betreiber, einen unabhängigen Dienstleister zu wählen.

Wie genau läuft jetzt eine Maßnahme ab? Können Sie ein Beispiel geben?

Brodersen: Wenn der Netzbetreiber nach seinen Prognosen feststellt, dass es zu einem Zeitpunkt viel Wind oder Sonne gibt, der Verbrauch aber niedrig ist, kann das Netz zeitweise überlastet werden. Er kann also als Vorsichtsmaßnahme im Vorfeld zur Vermeidung des Netzengpasses bestimmte Anlagen gezielt abschalten. Der EIV erhält daraufhin einen Hinweis über die Abschaltung.

Nach der Abschaltung macht der Netzbetreiber einen ersten Aufschlag zur Ausfallarbeit, also einen Vorschlag der zu entschädigenden Energiemenge in kWh je Viertelstunde, die der Betreiber erhält. Dieser Erstaufschlag geht an den BTR, der die Richtigkeit prüft. Ist er einverstanden, wird dem Anlagenbetreiber diese Strommenge monetär erstattet.

Ist der BTR nicht mit der Berechnung des Netzbetreibers einverstanden, weil er aufgrund seiner Daten eine größere Strommenge errechnet hat, wird der erste Vorschlag des Netzbetreibers abgelehnt und die selbst errechnete Strommenge als Gegenvorschlag versendet.

Optimalerweise wird dieser Gegenvorschlag vom Netzbetreiber angenommen und vergütet. Sollte er allerdings abgelehnt werden, würden wir als BTR unser selbst entwickeltes automatisiertes Clearing, in dem es um den präzisen Abgleich aller betreffenden Daten geht, starten.

Erst seit diesem Jahr ist Redispatch 2.0 ja nach 1,5-jähriger Übergangszeit in der Praxis angekommen. Laufen die von Ihnen beschriebenen Prozesse schon rund oder gibt es noch Verbesserungsbedarf?

Hargens: Es gibt noch viele Probleme in der Praxis und definitiv Verbesserungsbedarf! Dazu gehören fehlende Schnittstellenstandards und fehlerhafte Abläufe bei der Kommunikation zwischen BTR und EIV. Kurz: Das ganze System läuft noch nicht rund, wirkt stellenweise unfertig. Für die Berechnungen benötigen wir z.B. Lastgangdaten – es ist nicht nachzuvollziehen, dass dem BTR diese Daten nicht automatisch in dem Prozess zustehen. Wetterdaten wie Windgeschwindigkeit oder Sonneneinstrahlung haben noch immer keinen Standard bei der Übermittlung. Das ist teilweise problematisch und verzögert die Bearbeitung.

Auch die Nichtverfügbarkeiten von den technischen Ressourcen müsste der BTR bekommen, denn diese braucht er genau wie die jeweilige Abschaltmitteilung für den Ablaufprozess der Redispatch-Berechnung. Aber das funktioniert nicht immer, weil der EIV, also meist der Direktvermarkter, dazu nicht verpflichtet ist.

Sie haben jetzt immer von großen Solar- oder Windparks gesprochen. Aber auch eine 100 kW-Photovoltaikdachanlage kann ja im Rahmen des Redispatch abgeschaltet werden. Ist das Verfahren für den Betreiber nicht viel zu aufwendig?

Brodersen: Wir setzen uns für Kunden mit kleineren 100 kW-Anlagen ebenso ein, wie für Großkunden mit mehreren Megawatt. Da gibt es für uns keinen Unterschied. Bei kleineren Photovoltaik-Anlagen ändert sich meist nur das Abrechnungsmodell. Die pauschale Abrechnung ist durch die fehlenden Einstrahlungsdaten nicht so genau, aber wesentlich einfacher und für kleinere Anlagenbetreiber empfehlenswert.

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