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topplus Klimaschutz im Kuhstall

Forschungsprojekt: Kuhstallluft als Kraftstoff für Traktoren

Im Projekt MethAnLand suchen Wissenschaftler nach Wegen, um die methanhaltige Luft in Kuhställen energetisch zu nutzen. Das wäre ein doppelter Beitrag zum Klimaschutz.

Lesezeit: 5 Minuten

Die methanhaltige Luft aus Rinderställen trägt erheblich zu den klimaschädlichen Emissionen in der Landwirtschaft bei. Bislang gelten diese Emissionen allerdings größtenteils als unvermeidbar, weil sie bei Verdauungsprozessen entstehen. Wissenschaftler des Institutsteils für Mobile Arbeitsmaschinen (Mobima) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie (FNB) aus Dummerstorf (Mecklenburg-Vorpommern) suchen jetzt nach Wegen, um diese Luft nicht nur aufzufangen, sondern das enthaltene Methan u.a. als Kraftstoff für Traktoren zu nutzen. Wir sprachen mit den Projektverantwortlichen Christina Gerdes und Felix Pult vom KIT über die Hintergründe.

In Ihrem Projekt haben Sie die methanhaltige Luft aus Rinderställen im Fokus. Wieso genau diese?

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Pult: Die Tierhaltung war im Jahr 2022 für etwa die Hälfte der nichtenergetischen Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich. Das sind etwa 26 Mio. t CO₂-Äquivalente im Jahr. 76 % davon stammten von Methanemissionen aus den Verdauungsprozessen vor allem von Rindern. Wenn man dieses Methan auffangen und nutzen könnte, bevor es in die Atmosphäre gelangt, hätte man einen doppelten Klimaschutzeffekt: Man würde die Emission vermeiden und könnte fossiles Methan z.B. aus Diesel oder Erdgas ersetzen.

Welche Nutzung streben Sie mit dem Methan an?

Pult: Wir prüfen, ob man das Methan als Kraftstoff für Traktoren und andere landwirtschaftliche Maschinen einsetzen kann.

Wie würde das technisch ablaufen?

Pult: Wir haben das Forschungsprojekt in vier Teile gegliedert und die Aufgaben zwischen uns und dem FNB Dummerstorf aufgeteilt. Zunächst testen wir die Möglichkeit, die Stallluft aufzufangen und den Methangehalt zu konzentrieren, um dann das Methan-Luft-Gemisch mittels kryogener Aufbereitung zu trennen.

Was bedeutet kryogene Aufbereitung? Und warum ist eine Aufkonzentration nötig?

Pult: Bei der kryogenen Aufbereitung werden die Gase unter ihre Siedetemperatur abgekühlt. Die Gase verflüssigen sich bei unterschiedlichen Temperaturen, z.B. Methan bei -163 °C und Sauerstoff bei -183 °C. Wenn das Gasgemisch schrittweise heruntergekühlt wird, kann man das kalte, verflüssigte Methan von den anderen Gasen wie Sauerstoff, Stickstoff und CO₂ trennen. Allerdings liegt der Methangehalt in der üblichen Stallluft nach Messungen des FNB nur bei 0,1 %. Es wäre also ein hoher energetischer Aufwand, die ganze Luftmenge abzukühlen, um einen geringen Methananteil abzutrennen. Daher suchen wir nach Wegen, um den Methangehalt aufzukonzentrieren.

Gerdes: Unsere These dabei ist: Methan ist leichter als Sauerstoff oder Stickstoff und reichert sich daher im oberen Bereich z.B. in einem Rohr an und kann abgesaugt werden. Wir streben dabei einen Methangehalt von 3,5 % an, damit die Konzentration unterhalb der Explosionsgrenze liegt.

Anders, als Schweineställe, sind Kuhställe offen. Zudem sind viele Kühe im Sommer auf der Weide. Wie lässt sich die Luft in diesem Fall auffangen?

Gerdes: Mit diesem Thema wollen wir uns in einem Folgeprojekt näher beschäftigen. Erst müssen wir ermitteln, ob sich die Abluft überhaupt aufkonzentrieren und das Methan abtrennen lässt. Sollte das gelingen, gibt es bereits Überlegungen, die Luft aufzufangen. Rinder stoßen das meiste Methan beim Ruktus, also durch das Maul, aus. Zudem setzt das Wiederkäuen 30 bis 45 Minuten nach der Fütterung ein. In diesem Fall liegen sie in den Boxen. Es gibt erste Versuche mit sogenannten Headerboxen, die die Abluft aus dem Kopfbereich der Kühe absaugen. Der Forschungsbedarf ist aber noch relativ hoch.

Pult: Das Konzept könnte man auch beim Weidegang der Tiere anwenden, indem man sie zunächst im Stall füttert und erst nach dem Wiederkäuen auf die Weide lässt.

Wie viel Gas könnte man denn pro Kuh und Jahr mit diesem Verfahren gewinnen?

Gerdes: Pro Tag stößt eine Milchkuh 400 bis 500 g Methan aus. Rechnet man diese Zahl hoch, so kommt man pro Jahr und Kuh auf eine produzierte Methanmenge von etwa 146 bis 183 kg. Wie viel Methan davon am Ende im Tank ankommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Auch hierzu soll das Forschungsprojekt Antworten liefern.

Wenn Sie Methan abgetrennt haben: Wie soll es als Kraftstoff dienen?

Gerdes: Da wir das Methan in diesem Fall schon verflüssigt haben, würde sich eine Nutzung in Form von Liquified Natural Gas (LNG) anbieten. Würde man das Gas wieder erwärmen, wäre auch eine Nutzung als CNG, also komprimiertes Biomethan, oder als Brennstoff in einem BHKW zur Wärme- und Stromproduktion denkbar. Besitzt der Betrieb eine Biogasanlage, könnte man das Methan auch in die Anlage leiten und dann weiterverarbeiten, im BHKW verbrennen oder auch zum Heizen verwenden. Um den Bedarf in der Landwirtschaft abzufragen, haben wir eine Umfrage entwickelt, die noch bis zum 30. September 2023 läuft: https://www.umfrageonline.com/c/r3mnncy3

Landwirtschaftliche Maschinen sind – anders, als Lkw – nur saisonal und da auch nur in sehr unterschiedlichen Intervallen im Einsatz. Bio-LNG steht im Verdacht, dass es aus dem Tank entweicht, wenn die Maschine länger steht und sich das Flüssiggas erwärmt. Wie kann man das verhindern?

Pult: Sie sprechen von dem sogenannten Boil-Off-Gas. Hierzu hatten wir bereits das Forschungsprojekt ProBioLNG am Institut, bei dem wir verschiedene Möglichkeiten ermittelt haben, um im Tank eine niedrige Temperatur aufrecht zu erhalten und damit ein Entweichen zu vermeiden. Zielführend ist hier selbstverständlich der Einsatz in Maschinen, die annähernd kontinuierlich in Betrieb sind, wie z.B. ein Traktor.

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