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Solarparks: Pachtverträge nicht blind unterschreiben!

Solarprojektierer locken mit Pachten von 2.000 €/ha. Lesen Sie, warum Sie da unbedingt einen kühlen Kopf bewahren müssen und die Verträge nicht blindlings unterschreiben dürfen.

Lesezeit: 8 Minuten

Auch wenn es sich „nur“ um einen Pachtvertrag handelt: Wer Flächen für Freiflächenphotovoltaik (Freiflächen-PV) verpachten möchte, sollte sich dringend beraten lassen, wie bereits Rechtsanwalt John Booth mahnte.

Hierüber sprachen wir auch mit Harald Wedemeyer, Justitiar beim Landvolkverband Niedersachsen:

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Mit Pachterlösen von bis zu 5.000 €/ha können Freiflächen-Solaranlagen ein wichtiges Standbein für die Landwirtschaft sein. Trotzdem sehen Sie den ­aktuellen Boom kritisch. Warum?

Wedemeyer: In der Tat wäre die Wertschöpfung auf den ersten Blick hoch. Darum lehnt das Landvolk Niedersachsen Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen nicht grundsätzlich ab.

Ein wirtschaftender Eigentümer kann selbst entscheiden, ob er auf seine Fläche verzichten kann. Allerdings haben wir in Niedersachsen ­einen Pachtflächenanteil von 50 bis 70 %. Daher muss sichergestellt sein, dass Landwirte nicht Flächen verlieren, auf deren Nutzung sie dringend angewiesen sind.

Das betrifft vor allem Tierhalter. In der ­Regel muss ein ­Betrieb für einen landwirtschaftlichen Stallneubau oder eine Umrüstung langfristige Pachtverträge vorlegen, um die Futtergrundlage nachweisen zu können. Anderenfalls erhält er keine Genehmigung.

Kann man das überhaupt verhindern?

Wedemeyer: Wir fordern, dass die Landwirtschaftskammer als Fach­behörde die Verträglichkeit vor dem Aufstellen von Bebauungsplänen für den Betrieb von Freiflächenanlagen prüft. Dies ist auch in der vom ­Niedersächsischen Landkreistag und dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund jüngst herausgegebenen Arbeitshilfe zur Planung von Solarparks ausdrücklich berücksichtigt worden.

Wer ist für die Bebauungspläne ­zuständig und müsste demnach die Fachbehörde einschalten?

Wedemeyer: Im Fall von Freiflächenanlagen ist das die Gemeinde bzw. die Stadt, in der die fragliche Fläche liegt. Denn anders als bei der Windenergie sind Solarparks im Außenbereich nicht generell, sondern nur entlang ­eines Streifens von 200 m entlang von ­Autobahnen und Schienenwegen ­bauplanungsrechtlich privilegiert zulässig. Für den Bau und den Betrieb ist ­daher in der Regel ein vorhaben­bezogener Bebauungsplan notwendig – genauso wie bei nicht privilegierten Biogasanlagen.

Die Kommune kann Kriterien ­festlegen, anhand derer ein Bebauungsplan geprüft und verabschiedet wird. Bei diesen Kriterien kann sie ein Fachgutachten fordern, ob und wie stark der Solarpark die ­landwirtschaftliche Produktion in der Region einschränkt. Außerdem kann die Kommune den Bau auf Flächen lenken, die entweder schon vorbelastet oder aus Sicht der Landwirtschaft minderwertiger sind. Diese Kriterien hat beispielsweise in vorbildlicher Art und Weise die Stadt Walsrode verabschiedet.

Welchen Einfluss hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf Bebauungspläne?

Wedemeyer: Der Einfluss besteht nur indirekt. Aber in dem EEG 2023 ist erstmals definiert, dass erneuerbare Energien im „überragenden öffentlichen Interesse“ stehen. Wir sehen ­daher die Gefahr, dass die Landwirtschaft hierbei unter die Räder kommen könnte, wenn man sich nur auf die Stromproduktion fokussiert. Dieser Grundsatz des öffentlichen Interesses ist zwar nicht zu umgehen. Aber die Gemeinde muss auch andere Belange berücksichtigen. Darum ist es wichtig, dass die Kommune eng mit der Landwirtschaftskammer oder – in anderen Bundesländern – mit einer anderen Fachbehörde zusammenarbeitet.

Pachtbetriebe dürfen nicht unter dem Solarboom leiden."-Harald Wedemeyer

Vor allem müssen die Kriterien für die Standortfindung bestehen, bevor es eine Welle von Anträgen von ­Projektierern gibt.

Häufig gehen die Projektierer nicht auf die Kommune, sondern mit Pacht­verträgen direkt auf die Landwirte zu. Wie sollen sie sich verhalten?

Wedemeyer: Wichtig ist, dass sie ­kühlen Kopf bewahren und die Verträge nicht blindlings unterschreiben. Es gibt unseriöse Projektierer, die Druck machen mit der Aussage, der Park hätte nur eine Chance auf ­Realisierung, wenn der Flächeneigentümer schnell unterschreibt.

Zudem ­locken gerade bei älteren Menschen die hohen Beträge von 2.000 €/ha und mehr. Wenn es um eine Fläche mit 10 ha geht, sind das 20.000 € im Jahr – mehr als so manche Rente. Wir können nur daran appellieren, dass die Flächenbesitzer die Verträge vor der Unterschrift z. B. bei uns im Landvolk eingehend prüfen lassen. Denn wir können sie auch auf die steuerrecht­lichen Schwierigkeiten und andere Probleme hinweisen.

Welche können das sein?

Wedemeyer: Zu nennen sind zum ­Beispiel die Rückbaukosten. Sie entstehen, wenn der Projektierer den Park nach 30 Jahren wieder abbauen muss. Hierfür sollte er eine Bankbürgschaft stellen. Schwierig ist es, wenn er die Rückbaukosten in Prozent der ­Investitionssumme angibt. Denn das ist keine seriöse Kalkulation. Besser wäre es, wenn ein Sachverständiger die Kosten kalkuliert. Am besten sollte er nach etwa zehn Jahren erneut prüfen. Sind die Rückbaukosten z. B. aufgrund zusätzlicher Entsorgungskosten ­gestiegen, kann der Betrag der Bankbürgschaft entsprechend erhöht ­werden.

Ein neues Problem, das sich zeigt, sind Schwermetallbelastungen im ­Boden. So können die Gestelle bei Korrosion Zink abgeben. Das sollte auch im Vertrag stehen, damit der Landwirt nach dem Abbau der ­Anlage nicht noch den Boden aus­tauschen muss. Hier käme auch eine ­Bankbürgschaft in Betracht.

Ebenso gibt es steuerrechtliche ­Fragen. So gilt die Fläche mit dem ­Solarpark nicht mehr als landwirtschaftlich, sondern als gewerblich. ­Entsprechend höher ist die ­Grundsteuer. Auch diese Differenz sollte der Solarparkbetreiber zahlen, weil sich die Pachteinnahmen sonst deutlich mindern können. Besonders problematisch sind die aus dem ­Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht resultierenden Konsequenzen. Ohne vorherigen Rat durch einen Steuer­berater darf keine Unterschrift ­geleistet werden. Aufpassen sollten Verpächter auch auf Klauseln zur naturschutzrechtlichen Kompensation.

Was ist damit gemeint?

Wedemeyer: Wenn ein Solarpark im Außenbereich gebaut wird, ist wie bei anderen Bauten wie Ställen, Straßen usw. naturschutzrechtlich ein Ausgleich nötig. Meist wird dafür eine ­andere Fläche ökologisch aufgewertet. Weil ein Solarpark aber selbst eine Art Brache mit ökologischer Aufwertung ist, gibt es die Bestrebung einer „inte-grierten“ Kompensation mit der Ansaat bestimmter Blühpflanzen oder dem Anlegen eines Biotops auf der ­Solarparkfläche.

Die Gefahr dabei: Wenn sich bestimmte Tiere oder Pflanzen ansiedeln, könnte die Fläche nach dem Abbau der Anlage als Biotop oder ähnliches gelten, also landwirtschaftlich ­entwertet sein. Auch könnte in den nächsten 30 Jahren – denn solange wird in der Regel die Fläche als Solarpark genutzt – das Naturschutzrecht verschärft werden. Eigentlich müssten die Projektierer den damit verbundenen Wertverlust der Fläche ausgleichen und mit einer Bankbürgschaft absichern. Aber das machen die wenigsten. Auf jeden Fall raten wir dazu, dass eine Kompensation auf der Fläche als besondere Leistung angesehen und ­daher im Pachtvertrag gesondert ­geregelt und vergütet wird.

Was raten Sie noch bei der Pachthöhe?

Wedemeyer: Diese sollte sich prozentual an den Erlösen orientieren. Aktuell werden um 5 % der Erlöse angeboten. Wichtig ist, dass im Vertrag nicht nur von ‚Stromverkaufserlösen‘ die Rede ist. Denn künftig kann es weitere Einnahmen geben, wie z. B. den Verkauf von CO2-Zertifikaten oder auch von Wasserstoff sowie Pachteinnahmen, wenn beispielsweise ein Funkmast in dem Solarpark installiert wird. Daher sollte es eine Beteiligung an allen Erlösen geben, die aus dem Betrieb des Solarparks resultieren.

Wenn ein Projektierer eine Fläche pachten will: Ist diese dann immer für den Betrieb der Solaranlage auch ­besonders geeignet?

Wedemeyer: Das würde ich nicht ­sagen. Ich rate auch den Landwirten, die selbst eine Fläche anbieten wollen, dazu, nicht nur auf eine günstige Lage zum Stromnetz und damit geringen Netzanschlusskosten zu achten. Denn wir werden künftig ein ­massives Problem bekommen: Die Bundesregierung will die Solarstromleistung bis zum Jahr 2040 vervier­fachen. Damit wird es mittags eine große Strommenge geben, die die Netze belastet – vor allem im ländlichen Raum, wo es wenig Strom­abnehmer gibt. Das kann dazu führen, dass die Anlage zwangsweise vom Netz getrennt wird.

Noch bekommen die Anlagenbetreiber einen finanziellen Ausgleich in Höhe der ­entgangenen EEG-Förderzahlungen. Die Frage ist, wie lange sich das halten lässt. Zudem entfällt bei Anlagen mit einer installierten Leistung ab 500 kW der Anspruch auf EEG-Förderung, wenn der Spotmarktpreis über einen Zeitraum von vier Stunden negativ ist.

Bei Solarparks sind auch Speicher mit einzuplanen"-Harald Wedemeyer

Dies dürfte künftig immer im Sommerhalbjahr die Regel sein. Darum sind Alternativen in Form von Speichern nötig. Gerät der Betreiber eines Solarparks dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten, wird er zuerst die ­Flächenpacht „drücken“ wollen. Dies haben wir in ähnlichen Situationen in der Vergangenheit schon bei Windparks gesehen.

Die wesentliche Speichertechnologie wird künftig die Wasserstoffproduktion aus Solar- und Windstrom sein. Der grüne Wasserstoff wird gerade im Winterhalbjahr gebraucht, insbesondere in Zeiten der Dunkelflaute, um die fossilen Energieträger zu ersetzen. Daher ist bei der Suche nach einem ­geeigneten Standort die Nähe zu einem Gasnetz oder einer Gaskaverne von Vorteil.

Ebenso fällt in dem Elektro­lyseur Wärme an, weshalb der Bau in der Nähe von einem Wärmeabnehmer sinnvoll ist, da der Gesetzgeber bereits jetzt im EEG Anforderungen an die Wärmenutzung stellt. Da ein Solarpark 20 oder 30 Jahre besteht, sollten ­Betreiber und Flächenbesitzer dieses unbedingt im Blick haben.

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