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Strukturwandel

Balmann: „Es gibt kein Recht darauf, Landwirt zu sein“

Der Wandel geht weiter, so oder so, prognostiziert IAMO-Direktor Balmann. Er sieht deshalb keinen Sinn darin, überkommene Agrarstrukturen zu konservieren und plädiert für konsequenten Subventionsabbau.

Lesezeit: 4 Minuten

Strukturwandel war in den vergangenen Jahrzehnten ein steter, doch unwillkommener Begleiter der deutschen Landwirtschaft. Schließlich geht mit jedem Hof auch ein Stück bäuerlicher Kultur und Erfahrung verloren. Nach Überzeugung des Direktors vom Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in Halle, Prof. Alfons Balmann, lässt sich diese Entwicklung aber ohnehin nicht aufhalten. Er plädiert deshalb dafür, bestehende politische Bremsen zu lösen und den Agrarsektor „gesundzuschrumpfen“.

Demografie und Geldmangel stehen der Landwirtschaft im Weg

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Wie Balmann gestern beim Talkformat „The Future of Food and Farming“ deutlich machte, gibt es zwei wesentliche Treiber des Strukturwandels in Deutschland: Die demographische Entwicklung und die prekäre Einkommenssituation der kleinen Agrarbetriebe.

Die Überalterung der Bevölkerung wird nach Einschätzung des Hallenser Agrarökonomen dafür sorgen, dass sich der Fachkräftemangel in der Landwirtschaft noch deutlich verschärfen wird. Neue Leute dürften in zehn, zwanzig Jahren für Agrar-Jobs kaum noch zu finden sein, wenn die nachfolgende Generation im ländlichen Raum nicht einmal halb so groß ist wie die alte. Der Wettbewerb um neue Mitarbeiter dürfte dann noch deutlich steigen, prognostiziert Balmann.

Das wird gerade die kleineren Unternehmen vor große Hürden stellen, denn die hohen Investitionen in zukunftsträchtige Automatisierung oder andere Technologien zur Reduzierung des manuellen Arbeitsbedarfs fallen solchen Betrieben deutlich schwerer als großen. Verschlimmert wird die Situation durch die Einkommenslage solcher Betriebe. Laut dem Agrarökonomen erwirtschaften „Kleinere Betriebe“ langfristig im Schnitt Gewinne, die pro Arbeitskraft regelmäßig unter dem Mindestlohn liegen. „Das heißt, wir haben ein erhebliches Einkommensproblem“, verdeutlichte Balmann.

Agrarförderung hilft nicht

Nach seiner Überzeugung helfen die Agrarförderungen im Rahmen der GAP und andere Privilegierungen wie die Pauschalierung hier nicht weiter, sondern bremsen allenfalls den Ausstieg der nicht zukunftsfähigen Betriebe. Und das zu hohen Kosten für die Gesellschaft und hohem Geldtransfer zu den Bodeneigentümern.

Da die Veränderungen – ob gesellschaftlich, ökonomisch oder technologisch – aber ohnehin auf die deutsche Agrarwirtschaft zukommen, rät Balmann, „populäre Narrative“ wie „Small is beautiful“ oder „Regional“ zu hinterfragen und „Privilegien der Landwirtschaft“ abzuschaffen, die den strukturellen Entwicklungen nur im Wege stehen.

„Privilegien“ abschaffen

Derartige „Privilegien“ sind für den IAMO-Direktor beispielsweise die Direktzahlungen und andere Umverteilungsprämien, aber beispielsweise auch die Junglandwirteförderung oder der §13a EstG. Ihm ist klar, dass ohne diese ein „Tal der Tränen“ durchschritten werden muss und es auch „Verlierer“ geben wird. Dennoch sei es besser, die Landwirte mit klaren Ausstiegsfristen aus Direktzahlungen und anderen Förderinstrumenten auf die unvermeidlichen Veränderungen vorzubereiten, als untaugliche Versuche zum Bremsen des Strukturwandels zu unternehmen.

Dabei gehe es nicht darum, größere Agrarbetriebe zu schaffen, betont Balmann. Vielmehr müsse die „ruinöse Konkurrenz“ zwischen den Unternehmen reduziert werden. Das funktioniere nicht über eine Regulierung des Bodenmarktes, sondern durch den Verzicht auf die Förderung unrentabler Betriebe. Hätten die zukunftsorientierten Betriebe beispielsweise zehn Jahre Zeit, sich auf den Ausstieg aus Direktzahlungen vorzubereiten, werde das auch Folgen für den Pachtzins und den Wettbewerb um die Fläche haben, so der Agrarökonom.

Nur noch gesellschaftliche Leistungen fördern

Die Agrarunternehmen müssen nach seiner Auffassung in Zukunft auch ohne Subventionen rentabel sein – allenfalls für die Erfüllung gesellschaftlich gewünschte Leistungen kann sich Balmann für die dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts noch öffentliche Zahlungen vorstellen. Die kleinen Agrarbetriebe, die es unter diesen Bedingungen nicht schaffen, bliebe dann früher oder später nur der Ausstieg.

In diesem Zusammenhang warnt Balmann die Landwirtschaft vor einem Anspruchsdenken: Man könne natürlich einen Hof erben, aber „es gibt kein Recht, Landwirt zu sein“. Die Idee, die Gesellschaft müsse etwas für die Landwirtschaft tun, sorge nur dafür, dass diese die Betriebe am Ende mit Einkommenssubventionen „zu Tode fördert“.

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