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BMEL will Tierhaltungskennzeichnung am Eier-Modell orientieren

Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will die Eierkennzeichnung zum Modell für die gesamte Tierhaltung machen. Bisher würde davon vor allem der Ökolandbau profitieren.

Lesezeit: 6 Minuten

Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) rückt mit ersten Ideen für die Ausgestaltung der im Koalitionsvertrag versprochenen Tierhaltungskennzeichnung raus. In einer Runde mit landwirtschaftlichen Verbänden hat es in dieser Woche seine Pläne vorgestellt.

Die Überlegungen heben sich erheblich von dem bisher in der Borchert-Kommission verhandelten Konzept ab. Danach beabsichtigt das BMEL die Einführung einer verpflichtenden staatlichen Haltungskennzeichnung nach dem Modell der Eierkennzeichnung. Vorgesehen sind vier Stufen, die sich an der Kennzeichnung für Eier anlehnen sollen:

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  • 0 = Bio
  • 1 = Auslauf
  • 2 = Außenklima
  • 3 = Stall

Die höchste Stufe wäre damit allein Biofleisch vorbehalten und würde mit einer 0 gekennzeichnet. Konventionelles Schweinefleisch könnte höchstens die Stufe 1 erreichen. Die niedrigste Stufe wäre die 3, in der alle Formen der reinen Stallhaltung gruppiert wären. Dazu zählen sowohl der gesetzliche Mindeststandard als auch die Tierwohlprogramme in der Stallhaltung. Für einen Sprung auf Stufe 2 würde der Kontakt zu Außenklima benötigt. Die nächsthöhere Stufe 1 erforderte die Möglichkeit zu Auslauf. Neben der staatlichen Kennzeichnung soll es aber noch weitere Kennzeichnungen geben dürfen. Damit blieben Zusatzlabel etwa die Verbandsbiolabel weiter erlaubt.

Kennzeichnung erstmal nur für Schweinefleisch und Mast

Geplant ist die Kennzeichnung nach Informationen aus dem Kreis der Verbände zunächst nur für Schweinefleisch. Dabei soll sich die Kennzeichnung zudem erstmal auch nur auf die Mast konzentrieren. Die Sauenhaltung bleibe ausgeklammert, heißt es.

Auch der Geflügelbereich bleibt zunächst unberücksichtigt. Grund ist, dass es dort bereits EU-Haltungsnormen gibt, die mit der verpflichtenden staatlichen Haltungskennzeichnung in Konflikt geraten könnten.

Transport und Schlachtung bleiben unberücksichtigt

Anders als die bisherigen Entwürfe in der Borchert-Kommission will das BMEL sich allein auf die aktuelle Haltung bei der Kennzeichnung konzentrieren. Die Bereiche Transport und Schlachtung fallen nicht bei der Kennzeichnung ins Gewicht. Sie sollen ordnungsrechtlich über Verordnungen geregelt werden, teilen mehrere Teilnehmer aus der Branche gegenüber top agrar mit.

Zudem ist die Kennzeichnung zunächst nur für frisches Schweinefleisch und verpackte Waren in Supermärkten vorgesehen. Die Einbeziehung von verarbeiteter Ware und Wurst soll danach wohl erst in einem späteren Schritt folgen. Handelsunternehmen und Gastronomie sollen allerdings zur Kennzeichnung verpflichtet werden.

Finanzierungskonzept steht noch nicht

Ein Finanzierungskonzept für die zusätzlichen laufenden Kosten, die durch die Umstellung entstehen, hat das BMEL bisher noch nicht ausgearbeitet. Weil die FDP keine Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch will und die Grünen ein privates Umlagemodell als nicht umsetzbar einschätzen, konzentrieren sich die Verhandlungen aktuell vor allem auf die Erhebung einer Tierhaltungsabgabe. Das bestätigte Agrarminister Cem Özdemir am Donnerstag im Gespräch mit Agrarjournalisten in Berlin. Im Bundeshaushalt eingestellt sind bisher nur die 1 Mrd. €, die von 2023 bis 2026 zur Förderung von Investitionskosten zum Stallumbau genutzt werden sollen.

Konkreter Entwurf Ende April erwartet

Bisher gibt es noch keinen konkreten Referentenentwurf über die BMEL-Pläne. Bis Ende April will das BMEL allerdings einen Entwurf ausgearbeitet haben und veröffentlichen, heißt es aus Koalitionskreisen. Zuvor soll es noch weitere Gespräche geben und auch der Handel mit einbezogen werden.

Modell trifft auf Skepsis in der Landwirtschaft

Bei den landwirtschaftlichen Verbänden stoßen die Pläne auf Skepsis. Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) und Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbandes ist zum einem überrascht, dass das BMEL die bereits geläufige vierstufige Haltungsformkennzeichnung des Handels mit „1“ für Stallhaltung, „2“ für Stallhaltung Plus“, „3“ für Außenklima und „4“ für Premium quasi auf den Kopf stelle. Aber das ist seiner Meinung nach politisch bereits durch. „Jetzt kommt es darauf an, die Stufen zu definieren. Und da fordern wir eine eigene Stufe für Betriebe, die an der Initiative Tierwohl (ITW) mitmachen. Sonst wären 90 % aller ITW-Betriebe in der Stufe 3 des BMEL – und das kann nicht sein!“, sagt Beringmeier.

Hohe Hürden für Tierhalter

Dass konventionelle Tierhalter jetzt nicht mehr die höchste Stufe erreichen können, ärgert auch Martin Schulz, Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Zudem würden die Hürden für Tierhalter, die in Tierwohl investieren wollten, in diesem System sehr hoch gelegt, so Schulz. Das sei, solange es kein verlässliches Finanzierungskonzept gebe, schwierig. Zudem missfällt ihm, dass sich die Kennzeichnung nur auf die Mast bezieht. „Gerade die Sauenhalter brauchen aber eine Perspektive“, sagt er. Schulz befürchtet, dass der mühsam erarbeitete Konsens aus der Borchert Kommission zum Umbau der Tierhaltung damit aufs Spiel gesetzt wird. „Das wird der Sache nicht gerecht, eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung zu bekommen und alle Beteiligten mitzunehmen“, so Schulz.

Agrarwirtschaft warnt vor Vertrauensverlust

Die Agrarwirtschaft meldete sich diese Woche über ein Positionspapier der Zentralen Koordination Handel und Landwirtschaft (ZKHL) dazu zu Wort. „Die Wirtschaftsbeteiligten in der Lebensmittelkette wollen auch weiterhin die Transformation der Tierhaltung aktiv mitgestalten. Eine Kernforderung ist jedoch, dass die wirtschaftsgetragenen Programme fortbestehen und sinnvoll mit den staatlich geplanten Maßnahmen verknüpft werden können“, schreibt die ZKHL, in der auch Bauernverband und Raiffeisenverband Mitglied sind. Darin lässt sich die Kritik am Modell des BMEL lesen, welches eine Weiterführung der Programm der Initiative Tierwohl (ITW) schwierig macht. Ein unterschiedlicher Weg der Politik zur aktuellen Vorgehensweise der Wirtschaft würde die Erfolge der Wirtschaft konterkarieren und das Vertrauen der Wirtschaftsbeteiligten und der Verbraucher gefährden, heißt es weiter. ZKHL-Geschäftsführer Hermann-Josef Nienhoff bringt es gegenüber top agrar auf folgende Formel: „Bitte lasst uns etwas zusammen machen, Wirtschaft und Staat“.

Auch Tierschützer sind nicht begeistert

Auch bei den Tierschützern trifft das Modell auf Ablehnung. Sie kritisieren vor allem die Deckelung und Alleinstellung der Kennzeichnung für Bio bei 0. Die EU-Ökoverordnung, die ebenso darein fallen würde, entspreche schon heute nicht mehr „dem Gold-Standard einer tiergerechten Haltung am Markt“, sagt Anne Hamester von pro Vieh gegenüber top agrar. Zudem könne sich die Kennzeichnung nicht im Zeitverlauf weiterentwickeln, weil besser als 0 kaum zu definieren sei. Problematisch finden die Tierschützer auch, dass der Transport und die Schlachtung nicht in die Kennzeichnung rein fallen.

Ökoverbände freuen sich über eigene Stufe

Zufrieden mit dem Konzept zeigen sich hingegen die Ökoverbände. Sie erhalten im Vergleich zu den Vorgängermodellen jetzt die von ihnen immer geforderte eigene Haltungsstufe. „Die Grundausrichtung ist richtig und begrüßenswert“, sagt Gerald Wehde von Bioland. Über die Anlehnung an die Eier sei die Kennzeichnung einfach zu verstehen und EU-konform, argumentiert er. Die Unterschiede innerhalb der Bio-Tierhaltung könnten über die Verbandslogos noch ausgelobt werden, erläutert er.

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