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topplus Reaktionen auf das Borchert-Aus

Entsetzen über das Ende der Borchert-Kommission - Özdemir übt Schadensbegrenzung

Die Auflösung des Kompetenznetzwerks sorgt für scharfe Kritik an Özdemir, der Ampel, aber auch an der Vorgängerregierung. Özdemir setzt weiter auf eine Finanzierungslösung für den Tierwohlumbau.

Lesezeit: 5 Minuten

Die gestern bekanntgegebene Auflösung des als Borchert-Kommission bekannten Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung kam nicht ganz unerwartet. Zu viel Frust hatte sich in den letzten Monaten wegen der ausbleibenden Fortschritte bei der Finanzierung des Tierwohlumbaus aufgestaut. Dennoch sorgt das endgültige Aus des Expertengremiums für ein kleines politisches Erdbeben, auch wenn sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht.

Özdemir: Brauchen zusätzliche Mittel

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Özdemir dankte der Borchert-Kommission und ihrem Namensgeber Jochen Borchert für ihre „erfolgreiche und zukunftsweisende Arbeit“. Für den Minister besteht kein Zweifel daran, „dass wir ohne die Arbeit der Borchert-Kommission nicht da wären, wo wir jetzt sind. Ich bin entschlossen, diesen Weg fortzusetzen und die Ziele der Borchert-Kommission Schritt für Schritt zu erreichen“.

Özdemir reagiert allerdings auch auf den Vorwurf der Kommission, dass die Ampel es bisher nicht geschafft hat, eine tragfähige Finanzierung für den Umbau der Nutztierhaltung auf die Beine zu stellen. Er räumt ein, dass für die weiteren Schritte zusätzliche Mittel benötigt werden. Dafür will er sich „voll einsetzen“, verweist jedoch auf den Deutschen Bundestag als Haushaltsgesetzgeber. Dort liege der Ball im Moment.

Stegemann: Schallende Ohrfeige

Das überzeugt den Agrarsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, aber nicht. Er findet es „mehr als bedauerlich aber auch nur folgerichtig, dass das hochrangige Expertengremium rund um Bundesminister a.D. Jochen Borchert seine Arbeit für die Bundesregierung einstellt“. Nach Stegemanns Auffassung „konnten und wollten“ Özdemir und die Ampel-Parteien sich nicht auf eine tragfähige Finanzierung zum Umbau der Tierhaltung und ein dazugehöriges Gesamtkonzept einigen.

Der Ausstieg des Kompetenznetzwerks gleicht deshalb laut Stegemann einer schallenden Ohrfeige für die Politik von Minister Özdemir und der Ampel. Für die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber handelt es sich ebenfalls um das „sichtbare Signal des Scheiterns von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir beim Tierwohl“. Sie wirft ihm und der Ampel vor, auf diese Weise mutwillig wertvollen Strukturen zu zerstören, welche richtungsweisende Vorschläge für eine machbare Zukunft der Nutztierhaltung, für gesellschaftlichen Konsens und für ein gutes Miteinander aller Akteure entwickelt haben.

Krüsken: Wir arbeiten gegen die Zeit

„Die Borchert-Kommission hat ihre Aufgabe erfüllt und ein schlüssiges Konzept für den Umbau der Tierhaltung in Deutschland vorgelegt“, stellte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, klar. Gerade deshalb ist es aus seiner Sicht wirklich mehr als bedauerlich, dass die Bundesregierung diesen Weg nicht entschlossen mitgeht. „Letztlich wird damit die Möglichkeit verspielt, den gesellschaftlich gewünschten Umbau der Tierhaltung auf den Weg zu bringen“, verdeutlichte Krüsken. Dabei sei der Handlungsbedarf hoch, denn „wir arbeiten gegen die Zeit und gegen den Export der Tierhaltung aus Deutschland".

DBV-Veredlungspräsident Hubertus Beringmeier stellte klar, dass der Bauernverband von Anfang an hinter der ganzheitlichen Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission gestanden hat. Er verlangt, dass die Umsetzung dieser Empfehlungen auch nach Auflösung des Gremiums weiterverfolgt wird.

Holzenkamp: Ampel bietet keine Perspektive

„Der Ampelregierung aber fehlt die Entschlossenheit zur Transformation der Nutztierhaltung. Gleiches gilt für die Vorgängerregierung“, konstatierte der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV). Er war selbst Mitglied des Gremiums und findet es nur konsequent, dass die Borchert-Kommission ihre Arbeit beendet hat.

Laut Holzenkamp hat die Ampel es bislang nicht geschafft, den landwirtschaftlichen Betrieben eine Grundlage für den Umbau ihrer Ställe zu geben. Auch der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 biete keine verlässliche Perspektive. Der DRV-Präsident befürchtet, dass „die politische Tatkraft fehlt, die Tierhaltung in Deutschland halten zu wollen.“

Heigl: Tierwohlumbau wird abgewürgt

Hubert Heigl, ebenfalls Kommissionsmitglied und Vorstand Landwirtschaft des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), warnt seinerseits vor der Gefahr, dass der Umbau und damit die Perspektive für eine bessere Tierhaltung abgewürgt wird, da die notwendige Finanzierung nicht ausreicht. Er appelliert an Landwirtschaftsminister Özdemir und Finanzminister Lindner, den Vorschlag der Kommission für eine Abgabe für Fleisch als Gegenfinanzierung aufzugreifen. Die kann nach seiner Überzeugung einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die zu geringen bereits eingeplanten Bundesmittel zu ergänzen.

AbL-Chef Schulz: Ergebnisse der Kommission nutzen

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sieht die Gefahr, dass sich die unterschiedlichen Vertreter der Borchert-Kommission nach ihrem Ende wieder auseinanderdividieren. Der Verbandsvorsitzende Martin Schulz ruft Minister Özdemir auf, wenigstens die vorliegenden Ergebnisse der Borchert-Kommission hinsichtlich Finanzierung und die bereits erarbeiteten Tierwohlrichtlinien der Arbeitsgruppen als politische Grundlage für die Weiterentwicklung der Tierhaltung zu nutzen.

Armutszeugnis für die jetzige und die Vorgängerregierung

Von einem „Armutszeugnis sowohl für die jetzige Bundesregierung als auch für die Vorgängerregierung“ spricht der Vorstandsvorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums OM (AEF), Sven Guericke. Spätestens jetzt müsse der Politik klar sein, dass das Vertrauen der Agrar- und Ernährungswirtschaft in die Bundespolitik und deren Wirkmechanismen aufgebraucht und maximal geschwächt ist.

Der Berufsverband Rindermast kritisiert, dass die Bundesregierung trotz der von der Kommission vorgelegten realistischen Lösungsansätze die Chance für den Umbau der Tierhaltung hat verstreichen lassen. Offenbar fehle es der Ampel am politischen Willen, diese Lösungen umzusetzen.

Tierschutzbund pocht auf Umbau der Tierhaltung

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, warnt davor, die Ergebnisse der Borchert-Kommission in die Schublade zu legen. Die wichtigste Erkenntnis des Kompetenznetzwerks ist für ihn: Die landwirtschaftliche Tierhaltung muss grundlegend umgebaut werden, sonst wird diese keine gesellschaftliche Akzeptanz erfahren und keine Zukunft haben.

„Die Bundesregierung ist mehr denn je gefordert, endlich eine verlässliche und nachhaltige Strategie für den Umbau der Tierhaltung vorzulegen, die auch der von der Zukunftskommission Landwirtschaft einstimmig vorgegebenen Prämisse ‚weniger Konsum, weniger Produktion‘ folgt“, so Schröder.

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