Massive wirtschaftliche Herausforderungen sieht der Klimaforscher Prof. Hermann Lotze-Campen auf die Tierhaltungs- und die Futtermittelbranche zukommen. „Um das 2°Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, ist eine Reduktion der Viehzahlen um mindestens 50 % bis zum Jahr 2050 notwendig“, mahnte der Agrarökonom bei der Jahrestagung des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT) am vergangenen Freitag in Berlin.
Lotze-Campen räumte ein, dass eine Emissionsbepreisung und damit einhergehende Effizienzsteigerungen in der Futterverwertung, im Wirtschaftsdüngermanagement oder dem Einsatz bestimmter Zusätze in Wiederkäuerfuttermitteln ein nicht unerhebliches Einsparpotenzial haben. Dennoch gingen alle langfristigen Modellierungen davon aus, dass eine Reduzierung des Konsums tierischer Produkte um mindestens die Hälfte erforderlich sei, um das 2°Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Die nächsten 30 Jahre sind entscheidend
Dem Wissenschaftler zufolge werden die klimabedingten wirtschaftlichen Schäden in der Landwirtschaft enorm sein, sollten die politisch festgelegten Emissionsreduktionsziele verfehlt werden. „Jedes Zehntel Grad Erwärmung erhöht die klimabedingten Risiken“, warnte der Abteilungsleiter des Bereichs „Klimaresilienz“ am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Die nächsten 30 Jahre seien daher für die langfristige Entwicklung entscheidend.
Der Agrarsektor trägt Lotze-Campen zufolge mit 25 % zu den globalen Gesamtemissionen bei. Davon seien 70 % dem Tierhaltungssektor zuzuschreiben. Sämtliche Pfade, die zu einer Begrenzung der Erderwärmung auf 2°Grad führen, erfordern laut dem Wissenschaftler eine Verminderung des Methanausstoßes um die Hälfte. Damit stehe die Tierproduktion im Fokus.
Weitere Potentiale zur Klimafolgenbekämpfung sieht Lotze-Campen in innovativen Landnutzungsformen wie Agro-Forst, die zu einer verstärkten Kohlenstoffbindung in der agrarischen Landnutzung beitragen könnten. Ebenso sei eine Wiedervernässung von Mooren von hoher Priorität. Laut dem Wissenschaftler sind 6 % der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands trockengelegte Moorböden, diese seien jedoch für 6 % der Gesamtemissionen Deutschlands verantwortlich.