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50 Einzelmaßnahmen

Pauschalierung, Abschreibung, Pachten & Co.: Das hat der Bundestag entschieden

Der Bundestag hat dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Einige Passagen betreffen auch Landwirte. Für Pauschalierer enthält das Gesetzespaket eine bitter Pille.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Bundestag hat Freitag (17.11.2023) in zweiter und dritter Lesung das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Das Gesetzespaket umfasst 50 Einzelmaßnahmen. Einige Passagen des rund 245 Seiten umfassenden Papiers sind auch für Landwirte relevant.

Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss allerdings noch der Bundesrat zustimmen. Die Länder sollen zwei Drittel der Kosten tragen und haben bereits Widerstand angekündigt. Es kann somit noch zu Änderungen kommen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Beschlüssen des Bundestages und wie es weitergehen könnte:

Was wurde beschlossen?

Für Landwirte sind vor allem diese Änderungen relevant:

  • Die Grenze für die Buchführungspflicht wird gelockert. Bislang sind Betriebe von der Buchführung befreit, wenn ihr Umsatz nicht mehr als 600.000 € und/oder ihr Gewinn nicht mehr als 60.000 € beträgt. Stattdessen dürfen diese Landwirte einfachere Methoden wie die Einkommen-Überschuss-Rechnung oder die 13a-Buchführung anwenden. Künftig liegt die Grenze bei einem Umsatz von 800.000 € und/oder einem Gewinn von 80.000 € pro Jahr.
  • Die Sonderabschreibung steigt von 20 auf 50 %.
  • Das Gesetzespaket sieht eine befristete degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter vor. Im Gegensatz zur linearen Abschreibung können Sie mit dieser Methode in den ersten Jahren deutlich höhere Beträge absetzen und somit Ihre Steuerlast stärker senken. Konkret sehen die Pläne vor: Die Ausgaben für Wirtschaftsgüter, die Sie zwischen dem 1.10.2023 und dem 1.1.2025 kaufen, sollen Sie mit bis zu 25 % und maximal dem 2,5-fachen des linearen Abschreibungsbetrags berücksichtigen dürfen (gilt für das Anlagevermögen).
  • Für Wohnungen bzw. Häuser hat die Koalition eigene Abschreibungsregeln vorgesehen: Für Immobilien, die Sie zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.09.2029 bauen bzw. kaufen, können Sie im Jahr der Fertigstellung bis zu 6 % der Kosten abschreiben. In den folgenden Jahren jeweils 6 % vom Restwert. Sie sollen jederzeit in die lineare Abschreibung wechseln dürfen (3 % pro Jahr). Einzige Voraussetzung: Das Wohngebäude muss mindestens dem Effizienzstandard 55 entsprechen.
  • Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter steigt von 800 € auf 1.000 €. Hintergrund: Wenn Sie z.B. einen Schlepper kaufen, müssen Sie diesen über mehrere Jahre abschreiben. Bei geringwertigen Güter ist das anders. Diese können Sie stattdessen sofort und in voller Höhe in Abzug bringen.
  • Mieten und Pachten: Es soll eine Freigrenze von 1.000 € pro Kalenderjahr für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geben. Das bedeutet, dass erst ab einem Betrag von mehr als 1.000 € Pacht pro Kalenderjahr Steuern gezahlt werden müssen. Allerdings verlangt das Finanzamt bei einer Freigrenze für den gesamten Betrag Steuern, wenn die Grenze überschritten wird (auch für die ersten 1.000 €). Bei einem Freibetrag wären in diesem Fall 1.000 € steuerfrei, unabhängig davon, ob die Grenze überschritten wird oder nicht.
  • Elektronische Rechnungen:Ab dem 1.1.2025 werden sogenannte E-Rechnungen zwischen Unternehmen Pflicht. Papierrechnungen sind dann nicht mehr erlaubt.

Was ändert sich für pauschalierende Landwirte?

Die Vorsteuerpauschale für pauschalierende Landwirte soll am 1.1.2024 von 9 % auf 8,4 % sinken. Pauschalierer dürfen somit ab dem 1.1.2024 nicht mehr 9 %, sondern nur 8,4 % abrechnen. Bereits in der Vergangenheit gab es Kürzungen. Bislang war das Pauschalieren dennoch für viele Betriebe die bessere Option.

Der geplante Einschnitt könnte allerdings einige bislang pauschalierende Betriebe in die Regelbesteuerung treiben. Lesen Sie dazu auch den Beitrag: Ackerbau, Kühe und Schweine: Für viele Landwirte wird das Pauschalieren jetzt zum Verlustgeschäft

Gibt es Kritik?

Es gibt mehrere Kritikpunkte an dem Gesetz:

  • Pauschalierung: Es gibt Kritik an der Berechnung des Vorsteuersatzes von 8,4 %. Dazu muss man wissen: Vor ein paar Jahren hat die EU Deutschland kritisiert. Der damals gültige Satz von 10,7 % sei viel zu hoch angesetzt. Pauschalierer hätten dadurch einen Vorteil gegenüber regelbesteuerten Betrieben. In Deutschland dürften außerdem zu viele Landwirte pauschalieren. Dabei sei die Methode nur für kleinere Höfe gedacht, um deren Betriebsleitern den Aufwand durch die Umsatzsteuererklärung zu ersparen. Seitdem überprüft die Regierung jedes Jahr den Vorsteuersatz aufs Neue und passt diesen gegebenenfalls an die aktuelle Marktlage an. Und seit 2022 dürfen nur Landwirte pauschalieren, die nicht mehr als 600.000 € Umsatz erwirtschaften. In die jährliche Neuberechnung des Vorsteuersatzes fließen immer die Daten aus den drei vergangenen Jahren ein, für die die Umsätze der Betriebe vollständig vorliegen. Der neue Satz von 8,4 % leitet sich daher aus den Umsätzen der Jahre 2019, 2020 und 2021 ab. Das Problem: Mit der Einführung der 600.000-Euro-Grenze wechselten zahlreiche Betriebe in die Regelbesteuerung, deren Umsätze aber trotzdem in die aktuelle Berechnung eingeflossen sind. Dadurch sei das Ergebnis zuungunsten der pauschalierenden Landwirte verzerrt, sagen Kritiker. Mehr dazu lesen Sie hier: Pauschalierung der Umsatzsteuer: Steuergerechtigkeit für Landwirte sieht anders aus!
  • Investitionsprämie: Das Wachstumschancengesetz beinhaltet eine Prämie für Betriebe, die in besonders umweltfreundliche Technik investieren wollen. Nach derzeitiger Lage dürfen Landwirte diese aber nicht in Anspruch nehmen. Der Grund: Wenn die Regierung auch Landwirten die Investitionsprämie zahlen würde, müsste sie dies zunächst mit der EU abstimmen. Diesen Aufwand will man offensichtlich vermeiden.
  • Effekt: Eine bisher unveröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, aus der die Rheinische Post (RP online) zitiert, kommt zu einem für die Regierung ernüchternden Ergebnis: Das Wachstumschancengesetz wird demnach die Wirtschaft kaum ankurbeln. Die Forscher prognostizieren lediglich ein Wachstum von 0,05 % pro Jahr. Dem mageren Ergebnis stehen dem Bericht zufolge überproportionale Steuer-Mindereinnahmen gegenüber. Diese würden vor allem die Kommunen belasten. Es drohe eine Überforderung der Städte und Gemeinden.

Wann treten die Änderungen in Kraft?

Das Gesetz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Zuvor muss noch der Bundesrat beraten. Dies wird voraussichtlich am 24.11.23 der Fall sein. Zunächst hatte es geheißen, die Länderkammer werde am 15.12.23 über den Gesetzentwurf abstimmen. Wenige Stunden nach der Abstimmung im Bundestag erfolgte die Terminänderung. Möglicherweise deutet dies darauf hin, dass der Bundesrat ein Veto einlegen will. Dann muss der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss finden, was Zeit kostet. Wäre das Gesetz erst am 15.12.23 Thema im Bundesrat gewesen, wäre der Starttermin Anfang des Jahres wohl in weite Ferne gerückt (aktualisiert am 17.11.23 um 15:30 Uhr).

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