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topplus Kommentar

Pauschalierung der Umsatzsteuer: Steuergerechtigkeit für Landwirte sieht anders aus!

Die Regierung will den Pauschalierungssatz von 9 % auf 8,4 % senken – obschon die dafür maßgebliche Berechnung einen gravierenden Fehler enthält. Damit darf sie keinesfalls durchkommen.

Lesezeit: 4 Minuten

Mehr Fortschritt wagen - so steht es über dem inzwischen in die Jahre gekommenen Koalitionsvertrag von SPD, Grüne und FDP. Fortschritt stellt sich jedoch nicht von selbst ein. Zuerst muss man erkennen, dass bisher bewährte Lösungen nicht mehr zeitgemäß sind. Und dann erfordert es Mut, neue Wege zu gehen.

Wer aktuell das Gezerre um den für Landwirte wichtigen Pauschalierungssatz beobachtet, der stellt fest: Erkenntnis und Mut - von beidem hat die Ampel-Koalition derzeit zu wenig.

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Wer pauschaliert, verliert

Zum Jahresende soll der Pauschalierungssatz für Landwirte von 9 % auf 8,4 % sinken. In den vergangenen Jahren hat die Regierung die Betriebe bereits regelmäßig mit Kürzungen konfrontiert. Im Laufe der Zeit sank die Vorsteuerpauschale von 10,7 % auf 9 %. Dennoch konnten die meisten Landwirte damit bislang gut leben. Die Einschnitte waren unterm Strich ausgewogen. Doch diesmal ist die Situation anders. Das legen unsere Berechnungen offen: Ackerbau, Kühe und Schweine: Für viele Landwirte wird Pauschalieren jetzt zum Verlustgeschäft

Um es klar zu sagen: Wer 2024 noch pauschaliert, verliert. Die meisten Betriebe sind mit der Regelbesteuerung besser bedient.

Ein Fehler bleibt ein Fehler

Schuld daran ist die Berechnungsmethode für die Vorsteuerpauschale. In diese fließen die Umsätze der drei zurückliegenden Jahre ein, für die die entsprechenden Werte vollständig vorliegen.Der Satz von 8,4 % leitet daher sich aus den Umsätzen der Jahre 2019, 2020 und 2021 ab.

Die Sache hat aber einen Haken. Seit 2022 dürfen nur noch Betriebe pauschalieren, die nicht mehr als 600.000 Euro pro Jahr erwirtschaften. Die Datengrundlage bildet somit nicht den Kreis derer ab, die pauschalieren dürfen. Stattdessen enthält sie Umsätze von Landwirten, die schon lange in die Regelbesteuerung gewechselt sind. Erst 2026 fallen diese so genannten Optierer wieder aus dem Datenpool heraus. Erst dann dürfte die Unwucht aus dem Ergebnis verschwinden.

Schwache und verdrehte Gegenargumente

Die Regierung kann darin kein großes Problem erkennen und bringt gerne folgende Gegenargumente ins Spiel: Die Berechnungsmethode entspreche den Vorgaben des Bundesrechnungshofs und der EU-Kommission. Zudem habe man auch in den vergangenen Jahren bereits nach dem gleichen Muster den Pauschalierungssatz berechnet. Die plötzlich aufkeimende Kritik könne man daher nicht nachvollziehen. Gerne duckt sie sich in der Debatte auch weg und zeigt schon fast ängstlich auf die scheinbar übermächtige EU-Kommission. Diese verlange die Korrekturen. Man könne nicht anders.

Man reibt sich angesichts der verdrehten und schwachen Gegenargumente verwundert die Augen. Richtig ist, die Kritik an dem Verfahren gibt es bereits seit Jahren. Und etwas, das bereits in der Vergangenheit falsch war, ist jetzt nicht automatisch richtig. Vor allem nicht, wenn die Ungerechtigkeit so offensichtlich zu Tage tritt wie jetzt.

Steuergerechtigkeit sieht anders aus

Und ja, Deutschland überprüft den Pauschalierungssatz nicht aus eigenem Antrieb. Der aufwändige Prozess geht tatsächlich auf einen Konflikt mit der EU zurück. Diese kritisierte vor einigen Jahren, dass der damals geltende Satz von 10,7 % viel zu hoch sei und zu viele Betriebe pauschalieren dürften. Diese Methode sei schließlich für kleinere Betriebe gedacht, um diesen den Aufwand der Umsatzsteuererklärung zu ersparen. Deutschland verpflichtete sich deshalb, den Satz jedes Jahr zu überprüfen und den Kreis der Pauschalierer kleiner zu ziehen.

Aber hat die EU wirklich gewollt, dass die Regierung über das Ziel hinausschießt und die Pauschalierung für Landwirte zum Nachteil wird? Wohl kaum! Und sicherlich wollte die EU nicht, dass die Regierung gegen den Grundsatz der Geleichbehandlung im Steuerrecht verstößt.

Korrekturen bis 2026 aussetzen

Noch ist Zeit, gegenzusteuern. In dieser Woche wird der Bundestag vermutlich über das Wachstumschancengesetz entscheiden, in dem die Pauschalierung ein Teil von rund 50 Steueränderungen ist.

Die Berechnungsmethode gehört auf den Prüfstand oder die Vorsteuerpauschale bis 2026 bei 9 % eingefroren.Sollte die EU – was unwahrscheinlich ist – erneut mit einem Strafverfahren drohen, hätte die Regierung die besseren Argumente zur Hand. Auf ein Gefecht mit der Kommission könnte sie es ankommen lassen. Das wäre mutiges, fortschrittliches und faires Handeln. Was wir jetzt sehen, ist hingegen zögerlich, rückwärtsgewandt und ungerecht.

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