Sarah Wiener reckt die Arme in die Höhe des Saals Antall 4Q2 des Europaparlamentes in Brüssel als klar ist, dass der von ihr ausgehandelte Kompromiss zur EU-Pflanzenschutzverordnung eine Mehrheit im Umweltausschuss bekommen hat: Am Dienstagvormittag haben die Abgeordneten im Umweltausschuss im EUropaparlament ihre Position zur EU-Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (sustainable use regulation, SUR) beschlossen.
Wiener hat für Mehrheiten gesorgt
Für die meisten der Kompromissvorschläge der Berichterstatterin Sarah Wiener (Grüne) fand sich eine Mehrheit aus linken, sozialdemokratischen, grünen und liberalen Abgeordneten. Das deutete sich bereits am Ende vergangener Woche an, wie top agrar berichtete.
Was war Wieners Aufgabe?
Wiener kam als Berichterstatterin die Aufgabe zu, mit den politischen Gruppen im Umweltausschuss mehrheitsfähige Änderungsvorschläge am Verordnungsentwurf der EU-Kommission auf den Weg zu bringen. In diesen sogenannten Kompromissvorschlägen hat Wiener eine Reihe der insgesamt 2959 Änderungsanträge der Abgeordneten im Umweltausschuss zusammengefasst.
In seiner Position zur SUR fordert der Umweltausschuss nun, dass in sogenannten „sensiblen Gebieten“ ausschließlich Bio-Pflanzenschutzmittel und solche Pflanzenschutzmittel zugelassen sein sollen, die für den ökologischen Landbau zugelassen sind. Die Position sieht zwar ebenfalls vor, dass die EU-Mitgliedstaaten Ausnahmen von den Regeln beschließen können. Allerdings erst nach einem potenziell langwierigen Antragsverfahren.
Europäische Volkspartei warnt vor Bürokratiemonster
Alexander Bernhuber, der die SUR für die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP) im Umweltausschuss betreut, warnte indes vor einem Bürokratiemonster. Bevor ein solcher Antrag genehmigt sei, seien beispielsweise Kartoffeln schon lange von der Kraut- und Knollenfäule zerstört, so Bernhuber im Vorfeld der Abstimmung.
EVP: Agrarausschuss beachten
Bernhuber und weitere EVP-Abgeordnete haben ihren Kollegen im Umweltausschuss eigene, alternative Kompromissvorschläge vorgelegt. Diese fanden – zumindest unter den Umweltpolitikern – keine Mehrheit.
Die EVP-Abgeordneten orientierten sich in ihren Vorschlägen an der Position des Agrarausschusses im Europaparlament. Der forderte im Vergleich zum Umweltausschuss etwa niedrigere Reduktionsziele für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und mehr Zeit um diese zu erreichen.
Komplette Position des Umweltausschusses im Laufe der Woche
In fast 100 separaten Abstimmungen haben die Abgeordneten des Umweltausschuss über einzelne Aspekte der Pflanzenschutzverordnung abgestimmt. Die einzelnen Textbausteine werden nun in eine zusammenhängende Position gegossen und im Laufe der Woche veröffentlicht.
Im November geht es weiter
Die Position, die der Umweltausschuss am Dienstag beschlossen hat, ist noch nicht die finale Position des EU-Parlamentes. Diese müssen alle Parlamentarier im Plenum beschließen. Das ist für die Plenarsitzung vom 23.-26. November 2023 geplant.
Mit der Position, die im Plenum eine Mehrheit findet, geht das EU-Parlament in die Trilogverhandlungen mit den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission, um die schlussendliche Verordnung auszuhandeln. Die Mitgliedstaaten konnten sich bislang noch auf keine Position zur SUR einigen.