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„Politik trifft Praxis“

SPD-Politikerin Lehmann: Bei Glyphosat deutschen Sonderweg vermeiden

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Sylvia Lehmann steht hinter den Brüsseler Reduktionszielen für Agrarchemie. Beim Glyphosat ist sie gegen ein Verbot, allerdings für strenge Vorgaben bei der Anwendung.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Landwirtschaft soll hohe Erträge ernten und gleichzeitig die Artenvielfalt fördern – das fordert die Gesellschaft. Doch wie geht das zusammen? Was erwarten Praktiker und Politiker voneinander? Wo fehlt es an Verständnis, wo an Fachtiefe? Und welche Lösungsansätze halten beiden Blickrichtungen stand?

Am 9. November wollen wir dieses Thema im Rahmen der top agrar-Veranstaltungsreihe "Politik trifft Praxis" mit Ihnen und vier Bundestagsabgeordneten diskutieren, darunter die SPD-Bundestagspolitikerin Sylvia Lehmann. Im Vorfeld haben wir mit ihr über ihre Meinung zum Pflanzen- und Artenschutz gesprochen. Auch Sie können Sylvia Lehmann oder den weiteren Teilnehmern per E-Mail Ihre Fragen stellen (Fragen@topagrar.com) oder direkt selbst teilnehmen. Hier geht es zur Anmeldung: "Politik trifft Praxis".


Frau Lehmann, Ihre Parteikollegin, Dr. Franziska Kersten, lehnt pauschale Pflanzenschutzverbote in Sensiblen Gebieten ab. Schließen Sie sich an oder halten Sie den vollständigen Verzicht auf chemischen Pflanzenschutzregional für geboten? Was sollte ansonsten für den Pflanzenschutzeinsatz in der Fläche gelten?

Lehmann: Wir brauchen sowohl eine modifizierte Definition der Sensiblen Gebiete, die Schutzgüter und landwirtschaftliche Produktion in Einklang bringt als auch eine Beschreibung der vorgesehenen Einschränkungen in diesen Gebieten. Darüber wird derzeit diskutiert. Unsere Zielvorgabe ist, bis 2030 unseren Einsatz an Pflanzenschutzmitteln um 50 % zu reduzieren. Wir sind da in Deutschland bereits auf einem guten Weg - daher bleibt zu klären, was die Referenzgröße ist, von der aus wir 50 % reduzieren wollen.

Das Totalherbizid Glyphosat befindet sich im europäischen Wiederzulassungsverfahren. Viele Landwirte wünschen sich den Erhalt des Mittels, da die mechanischen Alternativen Hacke oder Pflug wesentlich stärker in den Boden eingreifen. Wofür plädieren Sie?

Lehmann: Zunächst gilt es, die Entscheidung aus Brüssel abzuwarten. Für den Fall, dass es zu einer erneuten Zulassung von Glyphosat kommen sollte, bin ich gegen einen deutschen Sonderweg. In diesem Fall plädiere ich für strenge Auflagen, was den Umgang mit Glyphosat betrifft.

Die Anwendung von Glyphosat sollte in meinen Augen nur in Ausnahmen erfolgen

Die Anwendung von Glyphosat sollte in meinen Augen nur in Ausnahmen erfolgen, beispielsweise für Sonderkulturen wie beispielsweise Wein oder bestimmte Methoden der Bodenbearbeitung wie unter anderem Direktsaat, die ganz auf das Pflügen verzichten. Beide kommen bisher noch nicht ohne Glyphosat aus.

Was ist besser für die Biodiversität: Ein stillgelegter Acker oder eine nachhaltig bewirtschaftete Nutzfläche? Oder anders gefragt: Sollte Artenschutz Vorrang vor der Ernährungssicherung haben?

Lehmann: Ich möchte den Artenschutz und die Ernährungssicherheit nicht gegeneinander ausspielen. Das halte ich ehrlich gestanden für überholt. Beides ist wichtig und möglich. Bereits einfachere Maßnahmen wie mehrjährige Blühstreifen oder vielfältigere Fruchtfolgen können die Biodiversität maßgeblich verbessern. Solche Maßnahmen in Kombination mit Naturschutzgebieten und stillgelegten Flächen halte ich für sinnvollen Biodiversitätsschutz.

Manchen gilt der Ökolandbau als Königsweg hin zu einem naturverträglicheren Ackerbau. Sehen Sie das auch so? Immerhin liegen die Erträge hier regelmäßig deutlich niedriger als bei konventioneller Landwirtschaft - Bio braucht deshalb deutlich mehr Fläche.

Lehmann: Die wirklichen Vorteile von Labeln wie Öko und Bio bestehen darin, dass sie klar definiert sind.

Die wirklichen Vorteile von Labeln wie Öko und Bio bestehen darin, dass sie klar definiert sind.

Es gibt Regeln. Bis 2030 wollen wir 30 % Bio- und Ökolandbau erreichen. Das ist ein gutes Ziel, dem ich gerne ein weiteres an die Seite stellen würde: 70 % der Fläche werden dann anders bewirtschaftet. Auch dort wird wertvolle Arbeit geleistet, auch dort wollen sich die Landwirtinnen und Landwirte auf den Weg der Nachhaltigkeit begeben, beispielsweise durch regenerative oder konservierende landwirtschaftliche Praktiken. Für sie sollten wir Regeln und vor allem Maßnahmen bereit halten, damit es leichter möglich ist und sich auch wirtschaftlich lohnt, umwelt- sowie ressourcenschonend zu arbeiten.

Was wäre Ihr Vorschlag für eine produktive Landwirtschaft, die alle Belange berücksichtigt: Genug Agrarprodukte von der begrenzten Fläche zu holen und gleichzeitig Artenschutz zu ermöglichen. Reichen Blühstreifen dafür aus?

Lehmann: Blühstreifen reichen hier nicht aus. Ansätze wie in der konservierenden und regenerativen Landwirtschaft liefern uns zahlreiche Maßnahmen und Möglichkeiten. Die Antwort habe ich bei den vorigen Fragen bereits gegeben. In solch unsicheren Zeiten sollte man sich nie auf eine Maßnahme verlassen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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