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Betriebsstrategien

Spezialisierung auf Milchkühe: Entscheidung für den Betriebsweg früh treffen

Der Niedersachse Steffen Kiesekamp setzt auf Kühe, daher mussten die Bullen vor 13 Jahren vom Hof weichen. Er hat bereits vor der Hofübernahme Investitionsentscheidungen getroffen.

Lesezeit: 5 Minuten

Alles auf eine Karte setzen und zum Profi für ein Produkt werden: Das zeichnet spezialisierte Betriebe aus. In Teil 3 unserer Serie "Betriebsstrategien" haben wir zwei Betriebsleiter mit Fokus auf ein Produkt nach ihrem Weg gefragt.

Von Beginn an viel Entscheidungsfreiheit - das sieht Steffen Kiesekamp als seinen persönlichen Glücksfall an. "Zwischen 25 und 30 Jahren findet man sich selbst und schiebt eigene Projekte an. Mein Vater ließ mich direkt etwas umsetzen und unterstützte mich im Hintergrund. Aus meiner Sicht viel besser, als einen perfekten Hof zu erben, aber mit Schulden für Projekte, die ich vielleicht so nicht angestoßen hätte."

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Heute bewirtschaftet der 41-jährige einen Milchviehbetrieb mit 220 Kühen, eigener Nachzucht und 144 ha Ackerbau im niedersächsischen Epe. Er ist seinem Vater dankbar, dass er direkt eigene Entscheidungen treffen durfte. "Als ich aus der Lehre kam, haben wir direkt die Aufgabenbereiche auf uns geteilt", sagt Kiesekamp. Sein Vater behielt den Ackerbau und Steffen, der lieber im Stall arbeitet, bekam die Verantwortung für die Tiere und durfte auch langfristige Investitionsentscheidungen treffen. Trotzdem konnte er sich auf den Rat seines Vaters verlassen.

So interessierte er sich Anfang 2007, ein Jahr nach der Hofübergabe, für Biogas. Er plante den Bau einer 350 kW-Anlage, mit der er die nahe gelegene Schule und das Hallenbad heizen wollte. Schlussendlich hat er sich dagegen entschieden. Die Investitionssumme war ihm damals einfach zu hoch. "Ich fühlte mich in dem Sektor zu unsicher, weil ich davon zu wenig Ahnung hatte", sagt er. Daher hat er sich für den Kuhstall entschlossen, denn Kühe kennt er in- und auswendig.

Durchstarten mit Kühen

2006 hatte Steffen Kiesekamp schon in seiner Meisterarbeit das Projekt Erweiterung durchgerechnet, damals mit 110 Kühen und als Umbau des bestehenden Bullenstalls. Sein Fazit damals: Dieses Konzept rechnet sich nicht. Daraufhin ging er zum Kreis, um zu fragen, was an seinem Standort möglich ist. Das Ergebnis war ein großer Wachstumsschritt: Von 40 Kühen stockte der Betrieb auf 220 auf. "Kuhmäßig ist der Standort nun komplett ausgereizt", sagt der Milchviehhalter.

Anfangs hatte er auch darüber nachgedacht, in die Hähnchenmast einzusteigen, da sich diese bei vielen Betrieben gut rechnet. "Das hat der Kreis direkt mit hohen Auflagen abgeblockt, sodass dieser Gedanke vom Tisch war", erinnert er sich. Er konnte für knapp 7.000 €/Kuhplatz günstig bauen. Dieser Preis ist heute nicht mehr möglich, der Kuhplatz kostet mehr als das Doppelte. "Zu den heutigen Preisen würde ich keinen neuen Stall bauen. Das würde sich nicht rechnen", sagt er.

Zu den heutigen Preisen würde ich keinen neuen Stall bauen." - Steffen Kiesekamp

Die Bullen, die sein Vater damals noch gemästet hat, sind mit dem neuen Kuhstall 2009 vom Hof verschwunden. Mittlerweile stehen in dem Stall die Rinder zur Aufzucht. Die alten Spalten hat er gegen neue ersetzt, auf denen eine Gummimatte liegt. Liegeboxen konnte er nicht einbauen, da das Gebäude zu eng dafür ist.

Er behält 25 % der Kälber für die weibliche Nachzucht. Den Rest verkauft er mit 14 Tagen. Weibliche Kühe, die er nicht gut für die Zucht befindet, besamt er auch mit Fleischrassen, sodass die Kälber sich noch besser für die Mast eignen.

Ein Schock für Kiesekamp war das Jahr 2018. Damals brach das bovine Herpesvirus bei ihm aus, sodass er alle Kühe töten lassen musste. "Wirtschaftlich hatten wir keinen Schaden, die Versicherung übernahm alles. Die Bilder bleiben aber im Kopf", erinnert sich Steffen Kiesekamp. Seitdem ist deutlich weniger Verkehr auf dem Hof. Früher führte der Landwirt viele Schulklassen für Besichtigungen über den Hof, jetzt ist es nur noch die Grundschule im Ort.

Automatische Zukunft

Mit seiner Leistung ist der Landwirt zufrieden. Eine Kuh gibt im Schnitt 11.645 l/Jahr. Bei der Lebensleistung strebt er mindestens vier Laktationen an. Mittlerweile hat er seinen Stall soweit optimiert, dass er die Arbeit gut mit zwei Auszubildenden und einem Mitarbeiter schaffen kann.

Wichtig ist ihm, dass er an normalen Tagen auch pünktlich Feierabend hat. Auch will er wenigstens einmal im Jahr in den Urlaub fahren. "Mein Vater hat immer nur für den Hof gelebt, ich kann an einer Hand abzählen, wie oft wir gemeinsam weg waren", erinnert er sich. Daher hat er damals sofort die Direktvermarktung von eigenen Kartoffeln eingestellt. "Die Kunden kamen zu jeder Tageszeit, meist am Sonntag, und wollten bedient werden", sagt er. Auch war ihm das Risiko mit der Direktvermarktung zu groß, denn in seinem Umfeld mussten einige Direktvermarkter aufgeben.

Ich will pünktlich Feierabend haben, um Zeit für Familie und Freunde zu haben." - Steffen Kiesekamp

Die Milch vermarktet Hof Kiesekamp schon immer über das Deutsche Milchkontor (DMK). Heute sichert sich Steffen Kiesekamp auch einen Teil seiner Milch über die Börse ab, die DMK betreut für ihn die Kontrakte. "Ich biete die Menge an und nach zwei Tagen bekomme ich eine Zusage für die gesamte Menge oder für eine Teilmenge zu einem von mir bestimmten Preis. Den Rest, also den Kontakt mit dem Käufer, die Milchlieferung und alles weitere regelt DMK", erklärt er.

Für die Zukunft will er noch mehr automatisieren, da es immer schwieriger wird, gute Mitarbeiter zu finden. Seit einem Jahr hat er einen Roboter zum Futteranschieben. auch ein Melkroboter wäre eine Option für ihn. Im Moment melken sie zwei Stunden pro Melkzeit in einem Doppel 16er Fischgrätenstand. "Diese Entscheidung treffe ich aber nur gemeinsam mit meinem Sohn. Dafür ist sie zu langfristig", so der Landwirt. Sein 16-jähriger Sohn Moritz will nach dem Abitur seine landwirtschaftliche Ausbildung starten.

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