Alles auf eine Karte setzen und zum Profi für ein Produkt werden: Das zeichnet spezialisierte Betriebe aus. In Teil 3 unserer Serie "Betriebsstrategien" haben wir zwei Betriebsleiter mit Fokus auf ein Produkt nach ihrem Weg gefragt.
Die Chance des Standorts nutzen, die eigenen Ziele verfolgen, aber auch sein eigenes Schicksal annehmen und klar festlegen, was man nicht will", so erklärt Rolf Hach seine Strategie für die Bewirtschaftung seinesDemeterbetriebes, der nur 700 m von der Nordseeküste entfernt auf der Halbinsel Eiderstedt in Schleswig-Holstein liegt.
Hach übernahm den Hof als Biolandbetrieb mit Milchvieh, Weidemast und Getreideanbau. Gemeinsam mit seiner Frau Inke entschied er sich schon früh gegen die Viehhaltung und den Einstieg in den Tourismus: "Wir konnten uns beide einfach nicht vorstellen, täglich um fünf die Kühe zu versorgen", erklärt Rolf Hach. Stattdessen stieg Hach in den Gemüseanbau ein. Zum einen, weil der Standort dafür prädestiniert ist und weil Westhof-Bio, ein benachbarter Biobetrieb, sich innerhalb weniger Jahre zu einem großen Biogemüsebetrieb mit 1.000 ha und eigener Handelsgesellschaft entwickelt hatte und Anbauer suchte.
Man sollte auch ehrlich festlegen, was man nicht will." - Rolf Hach
Doch im Jahr 2012 mischte dann das Schicksal die Karten neu: Rolf Hach erlitt einen schweren Arbeitsunfall, was zu einer Veränderung des Betriebes führte. Gemüsebau war in der Form nicht mehr möglich. In einem intensiven Austausch mit dem Westhof kam die Idee "Hand in Hand".
Rolf Hach übernimmt seitdem den Getreideanbau für den Westhof und der Westhof dafür die Arbeit im Gemüsebau. "Von da an wurde ich zum spezialisierten Getreidebauer auf ständig wechselnden Flächen in 30 km Umkreis", erzählt Rolf Hach. Auch für Ehefrau Inke eine Herausforderung, die lachend von diversen Irrfahrten in der Feldmark berichtet: "Einmal habe ich mit dem Mittagessen für meinen Mann sogar einen fremden Mähdrescher angesteuert."
Alles auf Glutenfrei gesetzt
Vor acht Jahren hörte Rolf Hach dann zum ersten Mal vom glutenfreien Hafer. "Als ich verstanden habe, dass für Menschen mit der Autoimmunkrankheit Zöliakie der Verzicht auf Gluten die einzige Therapie ist, war ich sofort motiviert, glutenfreien Hafer anzubauen", erzählt Rolf Hach.
Weil er durch die wechselnden Flächen keine Fruchtfolgeprobleme zu fürchten hat und glutenfreier Hafer besser bezahlt wird als normaler Hafer, kam schnell die Idee auf, sich ganz auf glutenfreien Hafer zu spezialisieren. Denn die Herausforderung dabei ist, Hafer ohne jegliche Beimengungen anderer Getreidearten zu produzieren. Hafer ist zwar von Natur aus glutenfrei, in normalen Fruchtfolgen besteht aber das Risiko, dass z. B. einzelne glutenhaltige Weizenkörner aus Mähdrescher oder Drillmaschine im Hafer landen. Der erste Schritt zum Einstieg war eine neue Trocknung.
Über die Erträge machte sich Rolf Hach keine Sorgen: "Unser Standort mit dem kühlen Klima und 60-80 Bodenpunkten ist für Hafer eine Gesundlage, da sind 40 dt/ha keine Seltenheit", stellt er fest. Beim Anbau setzt Hach auf "tief lockern und flach wenden" mit einem Schälpflug und einer Lockerung vor der Direktsaat im April bis Mitte Mai. Gedrillt wird dann in weiter Reihe (25 cm): "Das sorgt dafür, dass das Hektolitergewicht stimmt. Das tiefe Lockern verbessert die Wasserführung nach unten, und durch das intensivere Wurzelwachstum werden Trockenperioden besser überstanden", so Hach. Es folgen nach dem Walzen mehrere Striegel- und ein bis zwei Hackgänge auf zwölf Meter breiten permanenten Fahrgassen.
Eigenes Saatgut vermehren
Geerntet wird dann Mitte bis Ende August mit dem eigenen Mähdrescher mit 12 m Mähwerk, der nur im glutenfreien Hafer drischt. Auch das hofeigene Lager ist für den eigenen Hafer reserviert. Selbst beim Saatgut geht Rolf Hach keine Kompromisse ein: "Ich bin als Saatgutvermehrer zertifiziert, so dass ich mein eigenes Saatgut habe", so Hach, dessen Lieblingssorte der Weißhafer "Ivory" ist.
Bei der Nährstoffversorgung setzt Hach auf Kleegras, das 20 % der Fruchtfolge einnimmt. Den Schnitt tauscht er gegen Mist ein. Da sein Marienhof ein Demeterbetrieb ist, sind biodynamische Präparate für Rolf Hach eine Selbstverständlichkeit. Um zur besten Rezeptur zu kommen, schätzt Hach den Austausch von Erfahrungen und Präparaten in der Präparategruppe aus verschiedenen Demeterbetrieben. Aber auch sonst ist er gern unterwegs: "Wir Bauern neigen ja dazu, auf unserer Scholle zu sitzen, aber hin und wieder muss man einfach raus", findet er. Auch deshalb unternimmt er jedes Jahr einen Segeltörn mit lauter Nichtlandwirten. "Es ist einfach interessant, sich mit anderen Sichtweisen auseinanderzusetzen."
Wir Bauern neigen dazu, auf unserer Scholle zu sitzen, aber hin und wieder muss man einfach raus." - Rolf Hach
Bei der Vermarktung setzt Rolf Hach auf die Bauck-Mühle und die Bioland-Vermarktungsgesellschaft in Neumünster: "Das ist noch eine echte Genossenschaft, bei der die Bauern mit am Tisch sitzen und mit den Mitarbeitern Entscheidungen und Strategien bestimmen", berichtet er.
Was die Zukunft angeht, sind Inke und Rolf Hach entspannt: "Derzeit sieht es so aus, als wenn unser 19-jähriger Sohn den Betrieb übernimmt. Obwohl wir ihm immer geraten haben, sich auch was anderes anzuschauen, brennt er für die Biolandwirtschaft." Das gesamte derzeitige Betriebskonzept betrachten Inke und Rolf Hach für sich als Idealzustand. Das radikale Umsteuern auf ein Produkt ist für Inke Hach eine direkte Folge des schrecklichen Arbeitsunfalls: "Ich hätte nie geglaubt, dass es möglich ist: Aber bei uns ist tatsächlich aus etwas Schlimmem etwas Gutes entstanden", sagt sie lächelnd und schaut über die hohen Hofbäume zum Deich.