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Wie Medien über Landwirtschaft berichten

Wie wird Landwirtschaft in den Pressemedien dargestellt? Eine Auswertung der Hochschule Osnabrück zeigt: Das Bild ist besser als gedacht.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Die Proteste der Bauern haben es wieder gezeigt: Die Landwirtschaft fühlt sich zu wenig wertgeschätzt und sogar missachtet, besonders durch die Medien und die Medienberichterstattung. Andererseits ist eine neue Wertschätzung zu beobachten. Seit der Corona-Krise wird Landwirtschaft mehr denn je als „systemrelevant“ wahrgenommen. Aber stimmt das alles so? Wie stark wird die Landwirtschaft wertgeschätzt oder kritisiert und missachtet?

1.600 Artikel ausgewertet

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir die Presseberichterstattung der überregionalen Tageszeitungen „Die Welt“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Tageszeitung“, außerdem die wöchentlich erscheinenden Pressemedien „Die Zeit“ und „Spiegel“ sowie vier regionale Tageszeitungen für 2019 und 2020 ausgewertet.

Wir haben sie gezielt nach 29 Codewörtern wie „Bauer“, „Massentierhaltung“, „Umweltschützer“, „Missachtung“, „Tierquäler“, „Sündenbock“, „Pranger“, „Nachhaltigkeit“ oder „Agrarwende“ durchsucht. Mehr als 1600 Artikel mit insgesamt 2200 Aussagen wurden erfasst und nach vier Grundmustern bewertet, die hier nur kurz skizziert werden können:

  • Akzeptanz: Übereinstimmung mit einer Handlung, einem Vorschlag oder einer ­Meinung aus der Landwirtschaft.

  • Wertschätzung: Direkte Äußerung der Begriffe „Wertschätzung“, „Anerkennung“, „Respekt“ oder Ähnliches gegenüber einzelnen Handlungen oder Meinungen aus der Landwirtschaft.

  • Kritik: Direkte Äußerung der Begriffe „Kritik“, „Widerspruch“, „Ablehnung“ oder Ähnliches gegenüber einzelnen Handlungen oder Meinungen der Landwirtschaft.

  • Missachtung: Grundsätzliche Ablehnung der Landwirtschaft, auch Beleidigung, Degra­dierung oder Herabwürdigung durch Diffamierung, Entwertung der Leistung oder Lebensweisen der Landwirtschaft.

Um es gleich zu sagen: Solche direkt missachtenden Aussagen gegenüber der Landwirtschaft waren in den untersuchten Medien selten. Ihr Anteil lag bei 2,6 % aller ausgewerteten Artikel.

Was aber stattfand, war Kritik an landwirtschaftlicher Praxis, etwa an einzelnen Produktionsbereichen. Diese Kritik war aber nicht beleidigend oder missachtend, auch nicht auf das Persönliche bezogen, sondern an thematischen Sachverhalten orientiert. Auch zeigte sich, dass der Anteil an „wertschätzenden Äußerungen“ deutlich höher war als der der Missachtung. Wir konnten gleichwohl zeigen, dass in den Medien die Missachtung der Landwirtschaft ein Thema war – nicht, indem die Medien Missachtendes äußerten, sondern indem sie solche Äußerungen von Dritten gegen­über Landwirten wahrnahmen und darüber berichteten.

Landwirte kommen selbst zu Wort

Noch etwas ist bemerkenswert: Die Landwirtschaft ist die Personengruppe, die in den ausgewerteten Beiträgen am häufigsten zu Wort kam, wenn es um Äußerungen zur Zustimmung oder Ablehnung von Landwirtschaft ging. Es ist also nicht so, dass nur „andere“ in den Medien über Landwirtschaft sprechen. Es sind vielmehr die Landwirtinnen und Landwirte selbst, die am meisten in den Medien bei diesem Thema zu Wort kommen, um dort zu äußern, dass sie sich missachtet fühlen.

Schock-Ereignisse wie die Corona-Epidemie stellen für die Landwirtschaft Chancen zur gesellschaftlichen Wertschätzung dar. Dieser Effekt hält jedoch nicht lange an. Auch die damit verbundene Relevanz des Themas „Versorgungssicherheit“ war nur von kurzer Dauer.

Verzerrte Wahrnehmungen

Wie aber ist es zu erklären, dass Landwirtinnen und Landwirte sich in einem Maß durch Medien missachtet fühlten, das so offenkundig nicht der Realität entspricht – zumindest nicht für den untersuchten Zeitraum? Wir haben dazu drei Vermutungen:

  • Landwirtinnen und Landwirte hören vor allem dann hin, wenn über sie negativ berichtet wird, deshalb nehmen sie das ­verzerrt wahr.

  • Sie verstehen sachliche Kritik als missachtende oder beleidigende Aussagen. Auch das wäre eine Verzerrung.

  • Missachtung oder Beleidigungen finden gar nicht in den journalistischen Medien statt, sondern im Netz oder in anderen Kommunikationszusammenhängen. Die Landwirtinnen und Landwirte rechnen diese unwillkommenen Aussagen dann anderen, letztlich falschen Quellen zu.

Dass der „Corona-Bonus“ gegenüber der Landwirtschaft und der Bezug auf die Versorgungssicherheit nicht so lange anhielt, führen wir auf die Arbeitsweise der Medien zurück, fortwährend über Neues zu berichten. Nach einiger Zeit ist dieses Thema halt abgearbeitet. Es stößt nicht mehr auf ein so starkes Leserinteresse wie zu Beginn. Die Medien wenden sich dann Neuem zu.

Wo bleibt das Positive?

Was können wir der Landwirtschaft empfehlen? Wir wissen zwar nicht, welche der drei angeführten Vermutungen den größten Effekt haben. Gleichwohl dürfte, um alle drei Verzerrungen zu korrigieren, Folgendes für Landwirtinnen und Landwirte hilfreich sein:

  • Sie sollten genauer reflektieren, ob sie den negativen, unsachlichen und polemischen Berichten in den Medien zu viel Beachtung schenken und dabei übersehen, dass dort auch in hoher Zahl positiv über Landwirtschaft berichtet wird.

  • Sie sollten genauer hinsehen, ob die Aussage als sachliche Kritik oder tatsächlich als beleidigende missachtende Aussage zu verstehen ist. Sie sollten auch fragen, aus welchen Quellen sie missachtende Aussagen beziehen und ob es vielleicht eher die sozialen Netzwerke sind, in denen zugespitzte und polemische Aussagen zu finden sind.

  • Sie sollten bei ihren eigenen Botschaften in Richtung Medien überlegen, ob es immer sinnvoll ist, über mangelnde Wertschätzung und Missachtung zu klagen, oder ob sie nicht lieber mit anderen Themen assoziiert werden wollen.

Nach Abklingen des Corona-Effekts wäre es vermutlich jetzt ein Fehler, primär auf die Systemrelevanz und die Versorgungssicherheit zu setzen. Stattdessen dürfte es sinnvoll sein, stärker über andere Themen hör- und sichtbar zu werden. Dazu gehören etwa Fragen der Nachhaltigkeit und der zukünftigen Gestaltung der Landwirtschaft.

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