Zur Getreidernte gehört in den meisten Fällen auch die Abrechnung der vermarkteten Partien, und dabei sorgen zahlreiche Tricks und Nickeligkeiten einiger Abnehmer weiterhin für Frust bei vielen Landwirten.
In den vergangenen Monaten haben wir einige Getreide- und Rapsabrechnungen gesehen, bei denen sich die Erzeuger fragen, ob diese korrekt sind, oder ob ihr Abnehmer getrickst hat. Denn eines ist deutlich: Fragliche Abrechnungsmodalitäten fallen fast nie zugunsten der Landwirte aus. Daher sollten Sie vor allem die folgenden Punkte in Ihren Abrechnungen für Weizen, Gerste und Co. kontrollieren:
1. Grundpreis und Valuta
Den Preis sollten Sie spätestens vor der Ablieferung Ihrer Ernte ausgehandelt und möglichst schriftlich fixiert haben. Hinzu kommen mögliche Zu- und Abschläge, z. B. für Qualität und Unterfeuchte. Kosten für die Trocknung und Analysen werden abgezogen. Die Umsatzsteuer kommt ganz am Ende hinzu.
Das Valuta-Datum gibt an, bis wann Ihr Abnehmer zahlt. Wenn zwischen Lieferung und Zahlung mehrere Monate liegen, sollten Sie auf eine schnellere Überweisung pochen.
2. Qualitätskennzahlen
Die Anforderungen an Qualitätsparameter (z. B. Hektoliter-Gewicht, Fallzahl, Sedimentationswert, Proteingehalt) werden von einigen Erfassern und Verarbeitern teils höher angesetzt als regional üblich. Bei der Vergütung stellen sie dann Abzüge für die Unterschreitung in Rechnung.
Bei A-Weizen sind folgende Mindestwerte üblich: 13 % Protein, 40 ml Sedi, 220 bis 230 sec. Fallzahl, 76 bis 77 kg je hl Gewicht. Für B-Weizen gelten normalerweise mindestens: 12 % Protein, 30 ml Sedi, 200 bis 220 sec. Fallzahl und 76 kg/hl Gewicht.
Ganz wichtig: Informieren Sie sich vorher über die jeweiligen Anforderungen Ihres Abnehmers und wie dieser mit minimalen Abweichungen umgeht. Auch in dieser Saison sind wieder teils deftige Abzüge bei nur kleinen Abweichungen aufgefallen.
Preisabzüge für Mindernaturalgewicht sind besonders bei Futtergetreide eigentlich ungerechtfertigt, denn ein niedriges Gewicht bedeutet nicht unbedingt eine schlechtere Qualität.
3. Trocknung
Trocknungskosten, Basisfeuchte und Schwundfaktoren bieten oftmals Anlass für Streit. Viele Abnehmer tun sich weiter schwer, ihre Trocknungskostentabellen zu veröffentlichen. Fragen Sie nach den aktuell geltenden Tabellen! Einige Erfasser stellen diese auch ins Internet. Daran kann man sich grob orientieren.
Informieren Sie sich auch über die angesetzte Basisfeuchte! Für Brotgetreide liegt diese meist bei 14,5 %, immer öfter aber auch bei 14 %. Futtergetreide sollte auf Basis 15 % abgerechnet werden.
Fragen Sie auch nach den angewendeten Schwundfaktoren. Bis 15,5 % reicht der Faktor 1,2 bei Weizen, Triticale sowie Roggen, (Gerste und Hafer 1,3), um den Gewichtsverlust bei der Trocknung herauszurechnen. Erst ab 19 % Feuchte wären Faktoren von 1,4 bzw. 1,5 gerechtfertigt.
Kommen sie darunter zur Anwendung, sollten Sie Einspruch erheben, schließlich bezahlt der Abnehmer weniger Getreide, als er von Ihnen erhalten hat.
4. Besatz, Reinigung
Unterscheiden sollte man übrigens bei der Reinigung zwischen unverwertbarem Besatz, wie beispielsweise Unkrautsamen, Steinchen und „Kornbesatz“ aus Schmachtkörnern oder Fremdgetreide.
An der Besatzhöhe, also den Gewichtsanteil, der durch die Reinigung abgezogen wird, sollen schon langjährige Handelsbeziehungen zerbrochen sein. Fakt ist: Sauber gedroschenes Getreide enthält selten mehr als 1 % Besatz (auch Schwarzbesatz, Windabgang, Aspiration, Reinigungsverlust genannt).
UPDATE: Aktuell erreichen uns
2 % Besatz, egal welcher Art, sollten Erfasser abzugsfrei akzeptieren. Das bedeutet aber auch, dass höhere Besatzwerte ohne die ersten 2 % abgezogen werden sollten. Vorsicht: Wenn alle gelieferten Partien einheitlich 2 % Besatz enthalten, wurde vermutlich gar keine Analyse gemacht.
Kontrollieren sollten Sie auch, dass Ihr Abnehmer Kornbesatz, Schmachtgetreide oder Fremdgetreide angemessen vergütet. Üblicherweise werden für Sortiergetreide rund 80 % des Futtergetreidepreises bezahlt. Noch genauer nachfragen sollten Sie bei Mehrfachabzügen, z. B. wenn zusätzlich zum Besatz noch Gewicht für Staub oder andere Reinigungsabfälle abgezogen wird.
5. Probe- und Wiegekosten
Nicht wenige Erfasser sind kreativ, was weitere Abzugsposten betrifft. Dort fallen auch schon mal Kosten für „Hygienemaßnahmen“ und Staubentsorgung (auch nachdem bereits Gewicht dafür abgezogen wurde) an, oder das Wiegen wird pauschal mit 5 € für jeden Anhänger berechnet. Solche Posten sollten Sie nicht akzeptieren. Probe- und Analysekosten sollten nicht aus dem Rahmen fallen und nur einmal pro Partie berechnet werden.
Konditionen vorher klären!
Die genannten Punkte sollten Sie in den Abrechnungen der Ernte 2023 kontrollieren. Der Fahrplan für die Ernte 2024 sollte folgendermaßen aussehen:
Vor der Ernte: Informieren Sie sich vor der Lieferung bei Ihrem möglichen Abnehmer über Preise, Trocknungskosten, Besatzgrenzen, Abzugsregelungen usw. Lassen Sie sich alle Neben- und Transportbedingungen zeigen. Halten Sie diese bestenfalls gemeinsam schriftlich fest.
In der Ernte: Ziehen Sie bei der Ablieferung eigene Proben, bewahren Sie Probenquittungen gut auf. Bringen Sie Lagergebühren spätestens jetzt in Erfahrung.
Nach der Ernte: Prüfen Sie, ob Zahlungsziele eingehalten werden. Rechnen Sie nach und zögern Sie nicht, nachzufragen. Nachverhandeln ist nicht verboten. Gibt es Zweifel, lassen Sie Rückstellproben untersuchen.
Raps: Auch nicht ohne Fehler
Raps wird üblicherweise und seit vielen Jahren zu den „Ölmühlenbedingungen“ abgerechnet. Diese bundesweit einheitliche Branchenvereinbarung von Qualitätsparametern sowie Zu- und Abschlägen sorgt für mehr Transparenz. Folgende Punkte sind geregelt:
Ölgehalt, mind. 40 %. Zuschläge beim Auszahlungspreis gibt es für höhere Gehalte im Verhältnis 1,5 zu 1.
2 % Besatz, Zuschlag bei saubereren Partien, Preisabschlag bis 4 % Besatz, Reinigungskosten ab 4 %.
9 % Feuchte, 0,5 % Preiszuschlag je Prozentpunkt Unterfeuchte bis 6 %.
Dieser Rahmen reicht für deutlich mehr Übersichtlichkeit in den Rapsabrechnungen. Allerdings sind auch die Ölmühlenbedingungen eine freiwillige Vereinbarung und schützen nicht vor „Nickeligkeiten“ zulasten der Verkäufer: Einige Abnehmer senken die Basisfeuchte ab, um bei der Vergütung von minderfeuchten Partien zu sparen. Auch beim Raps kommt es vor, dass Besatz über 2 % vollständig abgezogen wird. Allerdings sind auch nach den Ölmühlenbedingungen 2 % Besatz frei, bei 3,5 % sollten also nur 1,5 % abgezogen werden.