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topplus Erbsen, Bohnen und Lupinen

Körnerleguminosen: Regeln Sie die Vermarktung vorher!

Der Anbau von Erbsen, Bohnen und Lupinen wächst. Entscheidend ist die lukrative Vermarktung. Wie vielfältig die Absatzwege für die pflanzlichen Proteinlieferanten sind, zeigt unsere Analyse.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: Dr. Nikos Förster Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), Kassel

Erklärtes Ziel der Ackerbaustrategie ist, die Vielfalt in den Fruchtfolgen deutlich zu erhöhen. Schon heute sind immer häufiger Erbsen, Bohnen oder Lupinen auf den Feldern zu sehen. Die Körnerleguminosen sollen bis 2030 aber auf 10 % der deutschen Ackerfläche wachsen – doppelt so viel, wie aktuell. Die proteinreichen Pflanzen gelten als wichtiger Lösungsbaustein bei Themen wie Klimaschutz, Biodiversität, heimische Eiweißträger und Einkommenssicherung.

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Die ehrgeizigen Ziele werden sich nur dann erreichen lassen, wenn sich der Anbau für die Betriebe auch wirtschaftlich rechnet. Dies ist der Fall, wenn flexible Verwertungs- und Vermarktungsmöglichkeiten bestehen, und der Deckungsbeitrag der gesamten Fruchtfolge steigt. Allein den Vorfruchtwert einer Ackerbohne in der Folgefrucht (weniger Krankheitsdruck, N-Fixierung) bewertet die Saatenunion mit 160 bis 190 €/ha.  

Vermarktung vorher regeln!

Eine der wichtigsten Grundregeln lautet jedoch: Kein Anbau ohne Vermarktung! Nicht selten lassen sich Betriebe spontan zum Nischenanbau verleiten, ohne zuvor die Verwertungs- und Vermarktungsfrage geklärt zu haben. Groß ist dann die Enttäuschung, wenn sich für die Leguminose keine Abnehmer finden lassen bzw. die Partien nur mit Preiszugeständnissen am Markt unterzubringen sind.

Tatsächlich ist der Bedarf an heimischen Eiweißfuttermitteln und pflanzlichen Proteinen für die Humanernährung in den vergangenen Jahren beträchtlich gestiegen und dürfte künftig noch weiter wachsen. Veränderte Ernährungsgewohnheiten und die Marktverwerfungen durch den Ukrainekrieg verstärken den Trend.

In den Trog, auf den Teller …

Was noch fehlt, sind weitere, stabile Wertschöpfungsketten für pflanzliche Proteine, mit denen Absatzmärkte für Futtermittel und Lebensmittel für die Humanernährung konsequent ausgebaut werden können. Das Hauptproblem besteht darin, dass lokale Märkte oft nur begrenzt aufnahmefähig sind. Deshalb sollten Sie keinen Absatzweg kategorisch ausschließen.

Heimische Proteine sollen vor allem Sojabohnen aus Südamerika langfristig ersetzen. Findet die Leguminose als GVO-freies Futtermittel auf dem eigenen Hof keine Verwendung, kann man sie auch z. B. im Stall eines Berufskollegen veredeln und bestenfalls Wirtschaftsdünger zurückerhalten. Genau solche Kooperationen ermöglichen die oft gewünschte nachhaltige Kreislaufwirtschaft.

Auch in der menschlichen Ernährung spielen die Hülsenfrüchte als Fleischersatz eine immer größere Rolle. Der Markt für vegetarische und vegane Produkte wächst rasant – die Absatzpotenziale sind enorm. Ein Drittel der EU-Bürger will seinen Fleischkonsum verringern. Hinzu kommen die positiven ernährungsphysiologischen Eigenschaften der pflanzlichen Eiweiße.

Anfänglich eroberten Start-ups, wie z. B. Beyond Meat, den Markt für Fleischersatzprodukte. Inzwischen profitieren verstärkt größere Unternehmen aus der Fleischindustrie vom Trend. So investierte Tönnies in Böklund, Schleswig-Holstein, extra ein neues Werk, um den Veggie-Markt bedienen zu können. Unter anderem rollen an diesem Standort jährlich ca. 1.200 t Gutfried Veggie-Fleischwürste vom Band.

Auch das Unternehmen Rügenwalder Mühle hat früh den Markt für Veggie-Produkte auf Basis pflanzlicher Proteine für sich entdeckt und gilt als „Umsteiger-Pionier“. Der Produzent von Wurst- und Fleischprodukten hat 2021 mehr Umsatz mit veganen und vegetarischen Produkten erzielt als mit fleischbasierten Erzeugnissen. Insgesamt 263,3 Mio. € erlöste Rügenwalder mit den fleischfreien Alternativen, was einem Umsatzplus von knapp 13 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.

… oder ins Chemiewerk?

Der Einsatz der Körnerleguminosen zu Nahrungszwecken ist aber längst nicht mehr die einzige Verwertungsmöglichkeit. Die Proteine vom Feld sind inzwischen auch in der chemischen Industrie gefragt, wo sie gerade ein regelrechtes Comeback feiern. Früher wurden pflanzliche Rohstoffe häufig als Bin­demittel oder Leim verwendet.

In verschiedenen Forschungsprojekten, wie z. B. TeFuProt („Innovationsallianz Technofunktionelle Proteine“), in die auch das Fraunhofer Institut eingebunden ist, wird aktuell der Einsatz pflanzlicher Proteine als Bindemittel getestet. Proteinhaltige Produktionsreste aus Ölschroten könnten als Zusatzstoff für Farben, Klebstoffe, Schmiermittel, Baumaterialien oder Reinigungsmittel Anwendung finden.

Die Forscher und Unternehmen wollen mit dem Projekt einer Verknappung und langfristigen Verteuerung fossiler Rohstoffe entgegenwirken. Sollte der Einsatz pflanzlicher Proteine in den Chemiewerken im großen Stil starten, würden sich für die Leguminosen weitere, bedeutende Absatzwege ergeben.

Damit wird aber auch klar: Die bestehenden und künftigen Absatzwege für Körnerleguminosen sind zahlreich, aber oft noch schmal und schwer zu finden. Hilfe versprechen überregionale Online-Handelsplattformen wie Leguminosenmarkt.de oder regionale Abnehmerkarten wie die der Saatenunion helfen, Anbieter und Nachfrager zusammenzubringen und Informationsdefizite abzubauen.

Zunehmend helfen auch lokale Ini­tiativen, neue Verwertungswege für Ackerbohnen & Co. zu erschließen. Beispiel: Der Verein Rheinische Ackerbohne e.V. vernetzt seit 2017 Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Naturschutz und Vermarktung, um Ackerbohne aus dem Rheinland als gentechnikfreien und regionalen Eiweißträger bekannt zu machen. Der Verein hat Kooperationen mit Mühlen und Bäckereien im Rheinland aufgebaut, die sogar Brot aus Ackerbohnenmehl anbieten.

Schwierige Preisfindung

Dass mehr Transparenz nötig ist, zeigt auch die schwierige Preisfindung bei der Vermarktung von heimischen Körnerleguminosen. Der oft regionale und begrenzte Nischenmarkt spiegelt die wahre Nachfrage und das Angebot häufig nicht hinreichend wider – zulasten der Preise.

Schließen Sie keine Vermarktungsoption vorschnell aus!

Wissenschaftliche Studien zu diesem Thema zeigen immer wieder, dass der Marktpreis frei Lager des Landhandels meist deutlich niedriger ist als der tatsächliche Futterwert. Dieser ist in der Regel aber nur bei der hofeigenen Verwendung der Leguminose oder einer zwischenbetrieblichen Kooperation erzielbar.

Als Indikator können in einer Preisfindungsformel jedoch die Preise für Futterweizen und Raps- bzw. Sojaschrot herangezogen werden. Von diesen lassen sich dann die Preise für Futtererbsen und Ackerbohnen ableiten.

Aktuell erlösen Ackerbohnen bei Vermarktung an den Landhandel je nach Region um 340 €/t frei Landlager. Futtererbsen gingen im September mit ca. 346 €/t in die Bücher, während Landwirte für Sojabohnen bis zu 600 €/t und für Süßlupinen um 360 €/t erlösten. Bei diesen Angaben ist wie gesagt zu berücksichtigen, dass die Preisnennung des Landhandels nicht unbedingt den wahren Wert der Leguminose widerspiegeln.

Initiativen wie zum Beispiel ein sogenanntes „Dashboard“ für den Leguminosenmarkt mit Informationen zu den Ern­temengen, Lagerbeständen, Im- und ­Exporten sowie Erlösen könnten in ­Zukunft zu mehr Markttransparenz beitragen. Bis es soweit ist, sollten Erzeuger im Sinne einer Maximierung ihrer Wertschöpfung generell keine Vermarktungsoption ausschließen und bereits vor dem Anbau die Vermarktung und Verwertung planen.

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