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Kabinettsbeschluss

Einigung auf Lieferkettengesetz löst Sturm der Kritik aus

Das Kabinett einigt sich beim Lieferkettengesetz. Der deutsche Maschinenbau warnt, die Sanktionsdrohungen treiben die Hersteller in den Ruin; die Ernährungsbranche sieht mangelnde Rechtssicherheit.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Bundeskabinett hat sich am Mittwochvormittag auf das sogenannte Sorgfaltspflichtgesetz geeinigt. Großen deutschen Firmen drohen Bußgelder in Millionenhöhe, wenn sie die Vorgaben zur Einhaltung der Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette missachten. Außerdem können sie vorübergehend von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.

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Nun prasselt von verschiedensten Seiten Kritik herein:

So zeigen sich Umweltverbände und Menschenrechtsgruppen empört: Der Schutz von Umwelt und Klima bleibe in dem Entwurf "größtenteils unberücksichtigt", erklärte die Deutsche Umwelthilfe. Außerdem entlasse das Gesetz in seiner jetzigen Form die Unternehmen durch die Beschränkung auf direkte Zulieferer bei der Rohstoffgewinnung "aus der Verantwortung".

Auch der WWF kritisierte, dass die Einhaltung von Umweltstandards "nur eine Nebenrolle" spiele. Das Gesetz betrachte "nicht die gesamte Wertschöpfungskette mit gleicher Sorgfalt". Jedoch passierten gerade am Anfang der Wertschöpfungsketten Menschenrechts- und Umweltverstöße. Auch ein weiteres Bündnis von 100 zivilgesellschaftliche Organisationen meint, der Gesetzentwurf unterlaufe geltende Menschenrechtsstandards der UNO und der OECD.

VDMA: Sanktionskatalog statt Schutz der Menschenrechte!

Verärgert zeigt sich der Maschinenbauverband VDMA: „Der Entwurf stellt einen weitreichenden Eingriff in den Mittelstand dar. Vor allem die angedrohten Sanktionen sind völlig überzogen. Die Bußgelder könnten im Einzelfall sogar für Unternehmen den Ruin bedeuten. Denn es reicht aus, dass die Unternehmen die geforderte Risikoanalyse ihrer Lieferketten, wie es heißt, „zu niedrig‘ oder „nicht vollständig‘ durchgeführt haben“, kritisiert VDMA-Präsident Karl Haeusgen.

Er fordert deshalb das Parlament auf, dem Regierungsentwurf in der vorliegenden Fassung seine Zustimmung zu verweigern.“ Der Gesetzentwurf müsse zunächst grundlegend überarbeitet werden, betont Haeusgen.

Der VDMA richtet seine Kritik darauf, dass einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 ;io. € Geldbußen von bis zu 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes drohen. Zwangsgelder in Höhe von 50.000 € könnten noch hinzukommen.

„Dabei ist in dem Gesetz nicht eindeutig festgelegt, wann genau welche Sanktionen drohen“, bemängelt Haeusgen. „Wir fordern deshalb einen klaren Orientierungsrahmen für das gesetzlich vorgeschriebene unternehmerische Verhalten. Die Kriterien müssen für die zuständige Prüfungsbehörde (BAFA) und die zu prüfenden Unternehmen zweifelsfrei definiert sein.“

Der VDMA-Präsident spricht sich dafür aus, die Sanktionsmöglichkeiten auf grob fahrlässiges Verhalten zu begrenzen. Geldstrafen sollten sich nicht am Gesamtumsatz des Unternehmens orientieren, da diese für Unternehmen mit einer geringen Gewinnmarge existenzbedrohend sein können.

BVE: Zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe

Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) verlangt umfangreiche Nachbesserungen: So sehe man die Verantwortung bei der gesetzlichen Regelung als europäische Aufgabe. Als Blaupause für den zeitnah zu erwartenden EU-Gesetzesvorschlag sei der heutige Kabinettsbeschluss nicht dienlich, heißt es.

"Das Lieferkettengesetz definiert die unternehmerische Sorgfaltspflicht an vielen Stellen unzureichend und zu weitreichend. Die so notwendige Rechtssicherheit wird nicht geschaffen", sagt BVE-Geschäftsführerin Stefanie Sabet. "Unternehmen benötigen verbindliche Standards für das von ihnen erwartete Verhalten und die erwarteten Verfahren in der Lieferkette, insbesondere braucht es für die mittelbare Lieferantenebene eine deutliche Beschränkung der Sorgfaltspflichten", sagte sie am Donnerstag.

Das vorgelegte Gesetz enthält ihrer Ansicht nach viele unbestimmte Rechtsbegriffe und lässt offen, was als angemessen zu bewerten ist. Es fehle nicht nur an Rechtssicherheit, sondern auch an Rechtsgleichheit, da Unternehmen ohne Sitz in Deutschland, die hierzulande aber Geschäftstätigkeiten haben, nicht erfasst werden.

Das führt laut Sabet zu unfairen Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen. Auch verlangt sie klare Kriterien, wer die geplante Prozessstandschaft erhalten kann, hier müsse Transparenz geschaffen werden. Schließlich blieben die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten weitreichend und unkonkret; auch fehle eine Klarstellung, wie mit bereits bestehenden Berichtspflichten, Brancheninitiativen oder Zertifizierungen umgegangen wird.

"Wir erwarten eine große Betroffenheit unserer mittelständischen Branche durch dieses Gesetz, da die große Mehrheit der Lebensmittelhersteller großen Unternehmen zuliefert, die in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen. Insofern ist die mangelhafte Rechtssicherheit und der weitreichende Geltungsbereich auf die gesamte Lieferkette absolut unbefriedigend und im parlamentarischen Prozess zwingend zu korrigieren", sagt Sabet.

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