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Schweine-Exodus in Dänemark

Wegen sinkender Schlachtzahlen und hoher Ferkelexporte blutet die dänische Schweinebranche aus. Diese kämpft gegen den Exodus – das hat auch Folgen für Deutschland.

Lesezeit: 6 Minuten

In der Schweinebranche galt Dänemark EU-weit stets als Stabilitätsanker, der jeden Schweinezyklus gut überstand und durch Leistungssteigerung anschließend noch mehr Ferkel exportieren konnte. Doch die neuesten Zahlen sind alarmierend: Dänemark hat binnen eines Jahres 14 % der Schweine verloren.

Schlachthaken werden abgebaut, und erste Standorte schließen sogar komplett. Was passiert in Dänemark gerade und werden Dänen-Ferkel künftig knapp?

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Deutsche Mäster dürften aufhorchen, denn das Ferkeldefizit in Deutschland ist groß. Seit langer Zeit liefert Dänemark Jahr für Jahr stabil 6,5 bis 7 Mio. Ferkel an seinen südlichen Nachbarn. Auch im laufenden Jahr dürften es wieder 6,6 Mio. Tiere sein.

Schnell gelesen

Die dänische Schweinebranche schrumpft massiv. Vor allem die ­Schlachtungen sind eingebrochen.

Dänemark fehlt Fleischnachfrage aus Asien. Die Erzeugerpreise sind so niedrig wie in keinem anderen EU-Land.

Deutschland und Polen sind von ­dänischen Ferkeln abhängig und zahlen besser als dänische Mäster.

Dänische Schlachter stehen unter Druck und versuchen mit verschiedenen Maßnahmen, Ferkel im Land zu halten.

Zu wenige Ferkel

Auf diese Stückzahlen konnte sich Deutschland lange Zeit verlassen, zumal Dänemark den Ferkelexport auch immer weiter ausgebaut hat. Die zusätzlichen Tiere gingen dann primär nach Polen. In diesem Jahr wird Polen Deutschland wahrscheinlich sogar als größten Abnehmer ablösen – es könnten rund 7,5 Mio. Ferkel werden.

Für Dänemark hat der dynamische Ferkelexport aber auch eine Kehrseite. Denn für viele Schweinehalter ist es mittlerweile wirtschaftlich interessanter, die Einstalltiere zu exportieren als sie selbst zu mästen bzw. an dänische Mäster zu verkaufen. Das hat Folgen für die Fleischwirtschaft: Seit 2004 ist die Anzahl der Schweineschlachtungen von rund 23 Mio. auf unter 18 Mio. in 2022 gefallen.

Im laufenden Jahr scheint sich der Abwärtstrend sogar zu beschleunigen. So wurden bis zum 1. April im Vergleich zum Vorjahr fast 25 % weniger Schlachtschweine in Dänemark gehalten. Auch die Sauenhaltung ist auf dem Rückzug, allerdings im Vergleich deutlich moderater. Hier beträgt der Rückgang bei trächtigen Sauen „nur“ 6,6 %.

Dänische Schlachterlöse ­abgehängt

Das Problem der Dänen: Im europäischen Vergleich erzielen Mäster deutlich niedrigere Erlöse. Seit Anfang 2022 erlösten die deutschen Mäster laut Berechnung der ISN im Schnitt 16 Cent mehr pro kg SG als ihre dänischen Kollegen. Die spanischen Schweinehalter kommen sogar auf 43 Cent mehr. Kein Wunder, dass Schweinehalter in Dänemark die Lust an der Mast verlieren.

Aber warum kann die Notierung nicht mit den anderen europäischen Schlachtschweinenotierungen mithalten? Dafür gibt es mehrere Gründe, aber der wichtigste ist wohl die Exportorientierung der dänischen Schweinebranche, insbesondere nach China.

So exportieren Danish Crown und Co. über 50 % des heimischen Schweinefleisches in Drittländer und allein nach China etwa 22 %. An so hohe Werte kommt kein anderes EU-Land. Selbst der EU-Binnenmarkt ist für Dänemark hauptsächlich ein Exportmarkt, da nur etwa 10 % der heimischen Erzeugung im Land verbleiben.

Die Preise auf den Drittlandmärkten korrelieren somit recht stark mit den dänischen Notierungen. So konnte sich die Notierung letzten Sommer erholen, weil der Schweinepreis in China zeitweise auf 4,00 bis 4,50 € pro kg SG stieg. Um den Jahreswechsel fielen die Preise in Fernost jedoch wieder deutlich auf 2,50 bis 3,00 € und zogen den dänischen Schweinepreis mit nach unten.

In Deutschland sieht die Absatzsituation ganz anders aus. Aufgrund des Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland muss der größte Teil der deutschen Schweinefleischs in Europa abgesetzt werden. Preisschwankungen in Drittländern sind deutlich weniger spürbar.

Danish Crown schließt Schlachthof

Beim größten Schlachtunternehmen Dänemarks Danish Crown (knapp 73 % Marktanteil) glaubt man offenbar auch nicht, dass sich die Schlachtzahlen wieder erholen. So hat der Konzern zu Ende Juni den viertgrößten Schlachthof des Landes dauerhaft geschlossen. 2022 wurden dort am Standort Sæby noch rund 2 Mio. Schweine geschlachtet. Danish Crown erklärt diesen Schritt unverblümt mit den entstandenen Überkapazitäten, die auf der roten Seite abgebaut werden müssen.

Stabilitätsmaske gegen Angebotsschwankungen

Nun versuchen die Konzernlenker den Negativtrend zumindest zu bremsen und führte zu Juli 2023 eine sogenannte Stabilitätsmaske für die Abrechnung von Schlachtschweinen ein. Jeder dänische Mäster, der an Danish Crown liefert, musste zum Stichtag 1. Juli seine voraussichtlichen jährlichen Schlachtschweinelieferungen an die Genossenschaft melden. Weicht die tatsächliche Lieferung mehr als 10 % von der Schätzung ab, drohen empfindliche Abzüge von bis zu 30 € je Schlachtschwein. Dahinter stecken zwei Absichten:

  • Durch die neue Stabilitätsmaske sollen die Landwirte planbarer und kontinuierlicher anliefern. So könnten die Schlachtkapazitäten auf den verbleibenden Standorten besser ausgelastet werden.
  • Es schränkt die Flexibilität der dänischen Schweinehalter ein und könnte verhindern, dass Tierhalter „spontan“ mehr Ferkel exportieren.

Der Schweinemangel trifft alle dänischen Schlachtunternehmen, darunter auch die Nummer 2 des Landes: Das Unternehmen Tican, das zum Tönnies-Konzern gehört, hat in den ersten fünf Monaten des Jahres ein Viertel weniger Schweine geschlachtet und am Standort Thisted im Laufe des Jahres sogar einzelne Schlachttage streichen müssen.

Den Tican-Standort Brørup (ca. 1,5 Mio. Schlachtungen in 2022) trifft es noch härter. Für 13 Wochen wird über den Sommer nur noch an drei Tagen pro Woche geschlachtet. Dadurch sinkt die Kapazität um ein Drittel auf nur noch 40.000 bis 45.000 pro Woche.

3-Tage-Woche bei Tican

Anders als Danish Crown versucht man bei Tican mit etwas höheren Schlachtschweinenotierungen dem Schweinemangel zu begegnen. Seit März diesen Jahres zahlte Tican immer wieder eine höhere Notierung als Danish Crown. Das hat es in vielen Jahren zuvor nie gegeben. Es sind bisher zwar meist nur 20 Öre pro kg SG (umgerechnet 2,7 ct), aber es zeigt, dass auch Tican bereit ist, den Wettbewerb um die Schlachtschweine anzunehmen, damit wieder mehr Ferkel in Dänemark gemästet werden.

Folgen für Deutschland?

Was das am Ende für den europäischen Ferkelmarkt bedeutet, liegt auf der Hand. Insgesamt wird das Angebot an Dänen-Ferkel durch den Bestandsabbau in Zukunft nicht nur kleiner, sondern es wird auch umkämpfter als in Vorjahren. Es hängt allerdings vom Schweinepreis ab, in welchem Land sich der Ferkelmangel am stärksten auswirkt.

Aufgrund der niedrigen dänischen Schlachtschweinenotierung treffen die Folgen zurzeit Dänemark am härtesten. Hier fehlen die Ferkel, die stattdessen nach Polen gehen, weil dort der Schweinepreis mit umgerechnet knapp 2,60 € pro kg SG EU-weit fast am höchsten ist. Der Ferkelexport nach Deutschland ist immerhin stabil. Noch! Denn klar ist auch, dass sich diese Konstellation schnell ändern kann. Wenn die Programme der dänischen Schlachtunternehmen greifen oder die Schweinepreise in Asien anziehen, werden die Karten neu gemischt.

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