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topplus Immer weniger Sauenhalter

Werden Ferkel in Deutschland künftig noch knapper?

In diesem Jahr reichte das Ferkelangebot oft nicht aus, um die Nachfrage zu bedienen. Bleiben Ferkel Mangelware, und was lässt sich dagegen tun? top agrar hat bei Erzeugergemeinschaften nachgefragt.

Lesezeit: 6 Minuten

Nach einer langen Durststrecke können Ferkelerzeuger und Mäster endlich wieder ihre Kosten komplett decken. Allerdings waren im ersten Halbjahr 2023 wegen der vielen Betriebsaufgaben Ferkel zeitweise so knapp, dass Mäster auf Einstalltiere warten mussten. Wir haben deshalb bei Vermarktern nachgefragt: Sind und bleiben Ferkel knapp? Und wie lässt sich die Verfügbarkeit von heimischen Ferkeln mittelfristig sichern?

Sauenställe wieder voll

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Aktuell scheint sich die Lage am Ferkelmarkt wieder etwas zu entspannen. „Wegen der guten Ferkelpreise werden in den Betrieben wieder alle Sauen gedeckt und die Betriebe lasten ihre ­Stallplätze voll aus“, berichtet Willi Wittmann, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft (EG) Südbayern. Die EG Südbayern vermarktet jährlich ca. 1 Mio. Ferkel.

Das Angebot an Ferkeln sei derzeit stabil und werde es in den nächsten Monaten auch bleiben. Um den Bedarf ihrer Mäster zu decken, muss die EG Südbayern noch überregional Ferkel zukaufen, „aber nicht mehr so viele wie vor einigen Monaten“.

Zudem hat sich die Herkunft geändert. Waren es vorher vor allem dänische Ferkel, die die Lücken gefüllt haben, sind es jetzt Tiere aus Holland. Grund sei der überhitzte Markt in Dänemark, der dort zu überhöhten Preisen führe, sagt Wittmann.

Allerdings scheint auch der holländische Markt praktisch leergekauft zu sein, weil von dort mittlerweile sehr viele Ferkel nach Spanien gehen. Das berichten Vertreter von Erzeugergemeinschaften aus dem Nordwesten, deren Vermarktungsgebiete an die Niederlande angrenzen. Sie beziehen nun auch Ferkel von Anlagen aus den neuen Bundesländern, um Betriebsaufgaben von Sauenhaltern im Stammgebiet auszugleichen.

Leistungsstärkere Betriebe waren stabiler

Noch überschaubar scheint der Aderlass im Rheinland gewesen zu sein. „Bei uns haben weniger Sauenhalter aufgehört, weil die meisten Betriebe sehr leistungsstark und deshalb besser durch die Preiskrise gekommen sind“, berichtet Bernd Schiefer, Ferkelvermarkter bei der SVR Schweinevermarktung Rheinland.

Deshalb und weil die SVR auch einige neue Lieferanten im Osten gewonnen hat, kommt die Erzeugergemeinschaft mit den Mengen aktuell gut hin. Nach der Fusion mit ihrer Partnerorganisation Agri-V vermarktet die SVR rund 1 Mio. Schweine pro Jahr.

Eigene Sauenanlagen

Trotz einiger Engpässe ist auch die Goldschmaus Gruppe, die im niedersächsischen Garrel einen Schlachthof betreibt, einigermaßen gut durch die Krise gekommen. „Wir sind an 4 Sauen­anlagen beteiligt, die alle stabil laufen, und haben ein arbeitsteiliges System“, berichtet Stefan Willenborg, Leiter des Ferkeleinkaufs bei Goldschmaus.

Über diese Quellen beziehen die Goldschmaus-Mäster allein 320.000 Ferkel pro Jahr. Weitere 500.000 Ferkel kommen von Mitgliedsbetrieben und frei­en Ferkelerzeugern, mit denen Goldschmaus Verträge über Mengen und Preise abgeschlossen hat.

Weitere Besonderheit: Der „Goldschmaus-Schlachthof“ in Garrel hat laut Willenborg seit Übernahme zu 100 % auf deutsche Herkunft gesetzt. Er schlachtet und verarbeitet konsequent 5 x D. 

Ferkelbezug ­ist MEGA-Aufgabe

Wie sich das Angebot an deutschen Ferkeln mittelfristig entwickelt, könne niemand genau beantworten, sagt Willenborg. Das hänge z. B. davon ab, welche Auswirkungen die Verpflichtung zur Umgestaltung des Deckzentrums hat. „Sicher ist nur, dass es eine Mega-­Aufgabe wird, die Verfügbarkeit von Ferkeln in den nächsten Jahren zu sichern“, so der Vermarkter.

Die Sauenhalter werde man nur dann halten, wenn man jede Woche die Ferkel abhole und 52 Wochen im Jahr ­einen adäquaten Aufschlag von 12 bis 14 € auf den VEZG-Preis bezahle, so Willenborg weiter.

Auch bei der EG Südbayern sieht man in der weiteren Verfügbarkeit von heimischen Ferkeln eine große Herausforderung. „Ich gehe davon aus, dass wir in Süddeutschland in den nächsten vier, fünf Jahren ein weiteres Drittel ­unserer Sauen verlieren“, befürchtet Willi Wittmann. Spätestens dann werde es knapp für die regionalen Markenfleischprogramme in Süddeutschland.

Angebot an Ferkeln und Zahl der Mastschweine in Deutschland

„Am besten können die Mäster ihren Ferkelbezug absichern, indem sie re­gelmäßig Ferkel abnehmen“, empfiehlt Wittmann. Ideal seien „1 zu 1“-Beziehungen, weil man so den Sauenhaltern am besten Preisstabilität gewähre.

Direktbeziehung als Lösung

In der Direktanbindung sieht auch Uwe Rüttiger, Geschäftsführer der UEG Hohenlohe-Franken das beste Instrument für Mäster, ihren Ferkelbezug zu sichern. In der UEG mit einer Vermarktungsmenge von 350.000 Ferkel pro Jahr sind bereits 90 % der angeschlossenen Mäster direkt an Ferkelerzeuger gebunden.

Der Vermarkter geht davon aus, dass heimische Ferkel weniger werden. „Aber den Umbau des Deckzen­trums werden die meisten Betriebe noch umsetzen, weil er weniger aufwändig ist als die Neugestaltung des Abferkelstalls“, ist Rüttiger überzeugt.

Damit Ferkelerzeuger in künftigen Preiskrisen nicht sofort das Handtuch werfen, seien Preisabsicherungen nach unten hilfreich. So habe die Edeka-Südwest bei ihrem Gutfleisch-Programm bei Unterschreiten des Vereinigungspreises von 1,40 €/kg einen Ausgleich von bis zu 15 ct/kg SG gezahlt, wovon der größte Teil bei den Sauenhaltern angekommen sei.

Preise von Kosten ableiten?

Um den Ferkelerzeugern eine langfristige Perspektive zu geben, wurde in den Gremien der UEG auch ein Preismo­dell diskutiert, das sich an den Produk­tionskosten in der Ferkelerzeugung und Mast orientiert. „So ein Modell funktioniert derzeit nur, wenn alle Betriebszweige Geld verdienen“, sagt Rüttiger. Er ist sich aber sicher, dass ein kostenorientierter Preis langfristig auch in der Schweinevermarktung kommen wird.

Auch in einer weiteren Erzeugergemeinschaft habe man letztes Jahr darüber nachgedacht, die Preise entsprechend der Kosten aufzuteilen, berichtet ein Vermarkter. „Das wäre wünschenswert, aber das Handelsgeschäft bei Schweinen ist noch zu heterogen.“ Immerhin habe die Springerei beim Ferkelbezug schon abgenommen.

Bernd Schiefer von der SVR, der auch Mitglied des Vorstands der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften ist, setzt ebenfalls auf feste Lieferbeziehungen. Von einem kostenorientierten Preis hält er jedoch nichts. „Wir haben bei Schweinen einen freien Markt“, argumentiert Schiefer.

Einig sind sich die Vermarkter darin, dass man Ferkelerzeugern eine Perspektive geben kann, indem man sie bei den Umbaumaßnahmen für das Deckzen­trum und den Abferkelstall mit einer Investitionsförderung unterstützt.

Dänemark und Holland:Künftig weniger ­Importferkel?



Um das Ferkeldefizit auszugleichen, importiert Deutschland 20 % der für die Mast benötigten Ferkel aus den Nachbarländern Dänemark und den Niederlanden. Allerdings sind die Stückzahlen rückläufig. So kamen 2022 nur noch 2,95 Mio. und damit 619 000 Ferkel weniger aus den Niederlanden nach Deutschland. Ein Grund ist der Bestandsabbau wegen des staatlichen Aufkaufprogramms in Holland.



Ein weiterer ist der stark steigende Ferkelexport nach Spanien. Auch in Dänemark sank der Sauenbestand seit dem letzten Jahr. Zudem ist für die Dänen Polen jetzt das wichtigste Zielland für Ferkel­exporte, weil dort höhere Zuschläge bezahlt werden als bei uns. Zugleich versucht die dänische Schlachtbranche, den Sinkflug ihrer Schlachtzahlen mit attraktiveren Preismodellen zu stoppen und wieder mehr Ferkel im Land zu halten. Das könnte dazu führen, dass dänische Ferkel noch umkämpfter werden als bisher.

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