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Ukraine dürfte für mehrere Jahre beim Getreideexport ausfallen

Über Jahre könnte die Ukraine als Getreidelieferant ausfallen. Derzeit sind die Feldarbeiten eingestellt, die Hafeninfrastruktur ist zerstört, es gibt keinen Diesel und kein Bargeld.

Lesezeit: 5 Minuten

Vor drastischen Folgen für die globale Ernährungssicherheit warnt die Kiewer Hochschule für Ökonomie (KSE), sollte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine noch länger andauern. Schon jetzt seien große Produktions- und Exportausfälle in der Ukraine nicht mehr zu verhindern, heißt es in einer aktuellen Analyse.

Zwar seien die Winterkulturen noch in einem guten Zustand, doch ohne eine rechtzeitige Frühjahrsdüngung seien deutlich kleinere Weizenerträge als in anderen Jahren unvermeidlich. Allerdings fehlten schon jetzt in den meisten Teilen des Landes Düngemittel und Treibstoff. Auch von den Sommerungen dürfe aus den gleichen Gründen nur ein Bruchteil in den Boden kommen, was das Aufkommen auch hier stark begrenze.

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Die Ukraine exportierte bisher etwa 10 % des international gehandelten Weizens und etwa 16 % vom Mais. Nach den Berechnungen der Fachleute sind weltweit rund 400 Mio. Menschen von diesen Lieferungen abhängig, die meisten davon im Nahen Osten und Nordafrika.

Frühjahrsbestellung ruht

Praktiker bestätigen, dass die Feldarbeiten im Norden, Süden und Osten des Landes praktisch zum Erliegen gekommen sind. Im Westen und in der Mitte der Ukraine seien die Arbeiten derzeit aber noch in vollem Gange. Die Experten gehen davon aus, dass die Ukraine unter diesen Bedingungen maximal die Hälfte der Vorjahresernte erzeugen kann.

Die Kiewer Hochschule rechnet zudem damit, dass wegen der zerstörten Verladekapazitäten an den Seehäfen sowie weiterer logistischer Probleme auch im kommenden Wirtschaftsjahr nicht mit nennenswerten Getreideausfuhren aus der Ukraine zu rechnen sei. Auch Russland dürfte nach ihrer Einschätzung weitgehend als Exporteur ausfallen. Im schlimmsten Fall bedeute dies, dass rund 60 Mio. t Weizen, 38 Mio. t Mais und 10,5 Mio. t Ölsaaten in der internationalen Versorgungsbilanz fehlen könnten. Marktkenner befürchten, dass die Ukraine zwei bis drei Jahre benötigen würde, um bei der Getreideerzeugung und den Ausfuhren wieder das Vorkriegsniveau zu erreichen.

Banken zu: Bauern kommen nicht an Geld

Auch der ukrainische Agrarrat, dem rund 1.100 Unternehmen mit insgesamt rund 3,5 Mio ha Anbaufläche angehören, warnt vor einem katastrophalen Produktionseinbruch. Zusätzlich erschwert werde die Lage durch den Zusammenbruch des Bankensystems. Die Bauern hätten somit oft keinen Zugriff auf Finanzmittel, um Saatgut und - wo überhaupt verfügbar - Dünger zu kaufen. Außerdem finde derzeit praktisch kein Handel statt, so dass die Landwirte auch über Verkäufe nicht an Liquidität gelangen könnten. Auch gebe es Fälle, in denen die russische Armee den Landwirten gewaltsam Treibstoff weggenommen und Maschinen zerstört habe.

Laut dem Agrarrat sei auch die Dieselversorgung im Land prekär. Er weist darauf hin, dass 75 % des ukrainischen Dieselkraftstoffs aus Russland stammten. Diese Lieferungen seien aber längst eingestellt. Die restlichen Versorgungslinien über den Seeweg seien ebenfalls gekappt. Man müsse also damit rechnen, dass die Feldarbeiten auch in den noch nicht vom Krieg betroffenen Landesteilen bald wegen Treibstoffmangel eingestellt werden müssten.

Copa/Cogeca nehmen Ukrainian National Agrarian Forum auf

Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) sind unterdessen dem dringenden Wunsch des Ukrainian National Agrarian Forums (UNAF) nachgekommen, die Vertretung führender Agrarverbände der Ukraine als Partnerorganisation in ihr Netzwerk aufzunehmen. „Es ist eine große Ehre die Landwirte aus der Ukraine in die europäische COPA-Familie aufzunehmen“, sagte die COP-Präsidentin Christiane Lambert am Mittwoch in Brüssel. Die UNAF-Direktorin Mariia Dudikh dankte Lambert für die Aufnahme und drückte angesichts des Krieges in der Ukraine ihre Sorgen um Ernährungssicherheit in der Ukraine und weltweit aus.

Italiens Tierhaltern und Verarbeitern könnte das Getreide ausgehen

Angesichts dieser Verknappung hatte Ungarn letzte Woche beschlossen, das eigene Getreide weitestgehend im Land zu lassen und den Export zu regulieren. Das wiederum macht den Italienern große Sorgen.

Der dortige Bauernverband Coldiretti wies darauf hin, dass fast zwei Drittel des gesamten Landesbedarfs an Futtermais importiert werden müssten; davon seien im vergangenen 1,6 Mio. t aus Ungarn und 650.000 t aus der Ukraine gekommen. Zudem müssten jedes Jahr rund 3,5 Mio. t Weizen aus dem Ausland zugekauft werden, etwa ein Drittel hiervon ebenfalls aus Ungarn.

Der Verband befürchtet, dass noch höhere Getreidepreise für die ohnehin durch drastische Preissteigerungen für Rohstoffe und Energie belasteten Tierhalter finanziell nicht mehr zu leisten wären. Den Bauern könnte schlichtweg das Geld für das Tierfutter fehlen. Betroffen wären 8,5 Mio. Schweine, 6,4 Mio. Rinder und mehr als 6,0 Mio. Schafe.

Auch der Verband der Italienischen Mühlenbetreiber (Italmopa) zeigte sich empört über die Entscheidung der ungarischen Regierung und warf dieser vor, gegen die Regeln des europäischen Binnenmarktes zu verstoßen. Da Ersatzlieferungen aus anderen Ländern nicht von heute auf morgen zu organisieren seien, drohten Produktions- und Versorgungsausfälle. Der Verband ruft die EU-Kommission auf, entschieden gegen den ungarischen Beschluss vorzugehen und den freien Warenverkehr am Binnenmarkt sicherzustellen.

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