Russlands Angriff auf die Ukrainehat zu heftigen Verwerfungen an den internationalen Agrarmärktengeführt. Mit der Vereinbarung des „humanitären Korridors“ für ukrainische Agrarexporte übers Schwarze Meer hat sich die weltweite Versorgungslage zwar etwas entspannt. Von Normalität kann aber keine Rede sein. Ukrainische Exporteure klagen u. a. über eine schleppende Abwicklung bei der Kontrolle der Frachter in der Türkei und Probleme beim Verladen in den ukrainischen Seehäfen. Sorgen bereitet vielen Anbietern und Landwirten nicht nur die Vermarktung ihrer Lagerbestände. Viele fragen sich: Wie geht es weiter?
Vorhersage fast unmöglich
Die meisten Analysten beantworten diese Frage derzeit nur sehr ausweichend. Es ist zudem fast unmöglich, genau zu unterscheiden, welche Angaben dabei Meinungsmache sind oder nicht. Fakt ist aber, dass die ukrainischen Aussaat-, Ernte- und Exportmengen auch in der Saison 2023/24 deutlich kleiner ausfallen werden als in früheren, „normalen Jahren“:
- Bei Weizen rechnen einige Beobachter mit einem Flächenrückgang von mehr als 50 %, andere Analysten, z. B. der Internationale Getreiderat (IGC), liegen eher bei - 20 bis - 25 %. Selbst wenn alle bestellten Flächen später auch wirklich gedroschen werden und das Wetter mitspielt, dürfte die ukrainische Weizenernte sehr klein ausfallen. Gleiches gilt für die Exporte.
- Beim Mais zeichnen sich nach Ansicht von Beobachtern auch starke Einbußen ab. Bis zu 15 % der Maisbestände des Jahres 2022 sollen sogar noch auf den Feldern stehen. Und im Hinblick auf 2023 sind die Vorhersagen skeptisch. Statt 33 bis 37 Mio. t Mais, wie in normalen Jahren, erwarten viele Analysten magere 18 bis 21 Mio. t, und einige Prognosen sind noch niedriger.
Verarbeitung im Ausland
Auch bei Sonnenblumen dürfte es Rückgänge geben. Die Ernte 2023 könnte die Vorjahresergebnisse mengenmäßig um mehr als 30 % verfehlen, meinen z. B. Brüsseler Beobachter. In puncto Ausfuhren rechnen sie neben Mengenrückgängen auch mit anderen Verschiebungen: Wegen Engpässen bei der inländischen Verarbeitung, wird die Ukraine mehr Sonnenblumenkerne ausführen als normalerweise.
Letzteres zeichnet sich auch bei ukrainischem Raps ab, der also ebenfalls vermehrt als Saat exportiert und erst im Zielland von den dortigen Ölmühlen verarbeitet wird. Um welche Mengen es sich letztlich handelt, wird sich erst im Sommer zeigen. Der IGC rechnet zwar mit einer fast 2 % größeren Rapsfläche als zur Ernte 2022. Skeptiker bezweifeln diese Prognose allerdings. Zudem bezweifeln sie, dass es eine reibungslose Ernte geben wird.