Unser Autor Helmut Feitzlmayr, Abt. Pflanzenbau der LK Oberösterreich, Linz, berichtet über die aktuelle Situation für Rapsanbauer?
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Zahlreiche Wirkstoffverbote, nicht nur von Neonicotinoiden, haben in Raps zu einem dramatischen Anstieg der Resistenzen geführt haben.
Viele Rapsbauern verstehen nicht, dass sie statt eines Minimaleingriffs einer insektiziden Beize mehrmals ein nicht nützlingschonendes Nerven-, Fraß- und Kontaktgift ausbringen müssen.
Ohne eine wirksame insektizide Lösung wird der Rapsanbau die nächsten Jahre in Österreich weiter zurückgehen.
Und dies, obwohl der Deckungsbeitrag von Raps ausgezeichnet ist und trotz umsichtiger integrierter Produktion.
Die internationale Rapsproduktion steigt massiv. Sie hat sich in den letzten 20 Jahren auf rd. 88 Mio. t verdreifacht (Übersicht 1). Nicht ganz so kontinuierlich ist der Anstieg in der EU: Hier ist infolge des Verbots der neonicotinoiden Beize im Jahr 2013 die Rapsproduktion eingebrochen.
So ist die Produktion von 24,6 Mio. t im Jahr 2014/15 auf 15,3 Mio. t im Jahr 2019/20 zurückgegangen. Allerdings gelang es, die EU-Rapsproduktion in den letzten vier Jahren wieder auf über 20 Mio. t zu steigern. Damit ist auf europäischer Ebene eine Trendumkehr gelungen.
Damit fehlen in der EU allerdings noch immer 5 bis 7 Mio. t Raps, die jährlich neben großen Mengen an Palm-, Soja- und Sonnenblumenöl importiert werden müssen.
Besonders ernüchternd ist, dass sämtliche Rapsimporte, vorwiegend aus Australien, Kanada und Ukraine, ausschließlich aus mit Neonics gebeizter Produktion stammen. Umso unverständlicher scheint, dass die Rapsbauern der EU diesen Wettbewerbsnachteil in Kauf nehmen müssen, wo doch der Eigenversorgungsgrad bei Pflanzenölen bei nur 30 bis 40 % liegt.
Einbruch in Österreich
In Österreich stellt sich die Situation gänzlich anders dar: Die Rapsanbauflächen sind seit dem Neonicverbot weiter gesunken. Wie Übersicht 2 zeigt, haben sind die Rapsflächen seither von 53.000 ha auf 28.000 ha halbiert. Und die Rapsproduktion ist noch stärker, nämlich um 57 % zurückgegangen. Öster-reich hat die Trendumkehr 2019/20 nicht geschafft und damit den Anschluss an die internationale Rapsproduktion verloren.
Die Ursachen für den massiven Rückgang sind vielschichtig. Eingeleitet wurden sie allerdings ganz klar mit dem Verbot der Neonicotinoidbeize am 1. Dezember 2013. Gleichzeitig hat sich der Sojaanbau in Österreich seit 2013/14 von 44.000 ha auf 87.000 ha verdoppelt. Soja ist im Gegensatz zu Raps eine Low-Input-Kultur und die Landwirte schätzen das gute Sortenmaterial bei Soja.
Zudem hat Österreich im Vergleich zu allen anderen EU-Mitgliedstaaten mit 26 % einen sehr hohen Bioanteil, wodurch die Bevölkerung kritischer zum Pflanzenschutzeinsatz eingestellt ist. So klagen immer öfter Rapsbauern, dass sie sich beispielsweise im Linzer Zentralraum die Konfrontation mit kritischen Spaziergängern nicht mehr antun wollen.
Dabei bietet gerade der Biolandbau im Fall von Raps keine Lösung an. Die Biorapserträge erreichen gerade mal 30 bis 40 % der konventionellen Erträge.Das führte dazu, dass die Biorapsflä-che mit 182 ha nur noch 0,7 % der österreichischen Rapsfläche ausmacht.
Weiters beobachten wir, dass die Rapserträge die letzten Jahre gesunken sind. Wir sind dieser These nachgegangen und haben die Arbeitskreisdaten von 544 Ackerbauern in Oberösterreich in den letzten 15 Jahren ausgewertet (Übersicht 3). Die Ertragsergebnisse sind jährlich durch mindestens 1.000 Winterweizen-, 600 Wintergersten-, 300 Sojabohnen- und 200 Rapsschläge abgesichert.
Dabei zeigte der Raps von 2008 bis 2014 bei den OÖ Rapsbauern eine jährliche Ertragszunahme von +126 kg/ha. Seit 2014 sind die Rapserträge jährlich um -36 kg/ha gesunken. Im selben Zetiraum sind die Erträge bei Weizen jährlich um +13 kg, bei Gerste um +77 kg und bei Sojabohne um +102 kg/ha gestiegen. Gerade durch den Siegeszug der Sojabohne kam der Raps unter Druck. Der Mehrertrag von rund 1.500 kg/ha von Raps gegenüber Soja ist die letzten Jahre deutlich auf unter 500 kg pro ha gesunken.
Wirtschaftlich beste Kultur
Trotzdem erreicht Raps im fünfjährigen Schnitt (2017 bis 2021) im Vergleich zu den oben angeführten Kulturen den höchsten Deckungsbeitrag. Auch 2023 konnte weder Getreide noch Sojabohne dem Raps das Wasser reichen. Aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen müssten die Ackerbauern Raps anbauen, sie wenden sich jedoch ab.
Trotz intensivster Beobachtung und Unterstützung über den Pflanzenschutz-Warndienst wird es immer schwieriger, den Raps wegen zunehmender Resistenzen und laufender Wirkstoffverbote gegen Schadinsekten zu verteidigen. Seit 2013 erfolgten in Österreich keine Notfallzulassungen mehr für insektizide Beizen, auch nicht über Neonicotinoide hinaus.
Beizung nur mehr im Ausland
Nur für Zuckerrüben gab es bis 2022 noch eine Notfallzulassung für eine neonicotinoide Beize, die aber auch mittlerweile Geschichte ist. Aktuell wird zur Beizung von Rapssaatgut Lumiposa (Wirkstoff Cyantraniliprole) und Buteo Start (Wirkstoff Flupyradifurone) angeboten. Beide Produkte sind in Österreich nicht zugelassen und müssen in EU-Nachbarstaaten, wo eine Zulassung besteht, für Österreich gebeizt werden.
Beide Beizen wirken aber nur kurz und zeigen bereits ab dem 2-Laubblattstadium keine Wirkung mehr. Nach Überschreiten der Schadschwellen werden synthetische Pyrethroide eingesetzt. Doch wurden hier z. B. in Deutschland bereits Resistenzen bestätigt.
Auch die österreichischen Rapsbauern klagen bereits über eine verminderte Wirkung, womit auch bei uns eine Resistenz aktuell abgeklärt wird. Die Erdflöhe durchlöchern die Blätter siebartig und legen 10 bis 14 Tage später die Eier in den feuchten Boden. Nach zwei bis drei Wochen schlüpfen die Larven und bohren sich in die Blattstiele und den Vegetationskegel ein. Durch die Eintrittspforten tritt verstärkt Phoma-Stängelfäule auf und die Winterhärte sinkt durch eintretendes Wasser. Oft müssen die Rapsbauern, vorrangig in den wärmeren Lagen, den Raps wegen massiver Schädigung wieder umbrechen.
Erdflohmittel an Grenze
Gegen die Larven wird der neonicotinoide Wirkstoff Acetamiprid eingesetzt. Seit drei Jahren besteht eine Notfallzulassung für Mospilan 20 SG gegen Erdflöhe und seit Herbst 2023 ist Carnadine neu verfügbar. Beide Spritzapplikationen stoßen aber an ihre Grenzen.
Im Frühjahr 2023 wurden noch lange die Larven des Erdflohs in Stängeln und Blattstielen beobachtet, aber da ist keine Bekämpfung mehr möglich. Von Anfang Jänner bis Ende März 2023 erfolgte zusätzlich ein verzettelter Flug der Stängelrüssler.
Gegen den großen Rapsstängelrüssler und den Gefleckten Kohltriebrüssler wirken ebenso nur synthetische Pyrethroide. Allerdings wurde wegen des verzettelten Flugs der Stängelrüssler die Schadschwelle laut Warndienst nie bis kaum überschritten. Damit konnte kein optimaler Bekämpfungstermin festgestellt werden. Mehrere Monate wurde bis zur Blüte ein massiver Befall von Larven des Erdflohs parallel zu Larven der Stängelrüssler festgestellt. Die Frustration der Rapsbauern wird gerade in solchen Jahren verständlich.
Resistenzen beim Glanzkäfer
Beim Rapsglanzkäfer wurden bereits 2008 Resistenzen gegen die synthetischen Pyrethroide festgestellt. Nur mehr jene der Klasse I, wie Trebon 30 EC und Mavrik Vita, zeigen Wirkung. Zusätzlich sind Mospilan 20 SG und Carnadine regulär gegen den Glanzkäfer als Spritzapplikation zugelassen.