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Forderungen

Den Bauern geht die Luft aus - LK fordert Maßnahmenpaket "pro Landwirtschaft"

Die Preise, die Bauern für ihre Produkte bekommen, sind im Sinkflug, doch die Produktionskosten bleiben hoch. Für viele Bauern geht es sich nicht mehr aus. Die LK fordert ein Maßnahmenpaket.

Lesezeit: 7 Minuten

Die Preise, die Bauern für ihre Produkte bekommen, sind im Sinkflug. Dementsprechend schlecht ist die Stimmung. „Das riesengroße Problem ist, dass die Kosten die Erlöse auffressen", sagt Silvia Prugger, Milchbäuerin in St. Johann am Tauern. Dort bewirtschaftet sie einen Bergbauernhof auf 1.100 Metern Seehöhe der Erschwernisstufe 3 mit besonders steilen Hängen. Diese können nur mit sehr teuren Spezialmaschinen und viel Handarbeit bearbeitet werden. Ihre 15 Milchkühe hält sie im Laufstall mit Weidehaltung. "AufDauer halten wir das nicht durch. Wenn wir keine Investitionen und Instandhaltungen mehr machen können, so führt dieser Stillstand unweigerlich zur Betriebsaufgabe. Ein etwas besserer Milchpreis von zumindest 53 Cent, würde etwas vom massiven Druck herausnehmen“, sagt die Landwirtin.

Zu wenig Verständnis für landwirtschaftliche Zusammenhänge in der EU

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Elisa Neubauer, Acker- und Schweinebäuerin in St. Peter/Ottersbach, baut Getreide, Mais und Triticale an. Schon seit 20 Jahren legt sie zum Humusaufbau und Erosionsschutz nach den Hauptkulturen Begrünungen an. „Die Flut an Vorschriften und Regeln sowie derDokumentationswahnsinn bringt uns an die Grenzen des Machbaren, in der EU herrscht zu wenig Verständnis für landwirtschaftliche Zusammenhänge. Eine lupenreine Feldbauplanung mit ständig sich ändernden, immer höheren und komplizierteren Auflagen ist fast schon vergleichbar mit einer Doktorarbeit. Das Schlimme dabei ist, dass der Markt dies gar nicht honoriert – Importe mit niedrigeren Standards ruinieren unsere Getreidepreise.“

Jungbauer Richard Judmaier bewirtschaftet in Trofaiach einen Forst- und Milchviehbetrieb. Er betreut 30 Milchkühe im Laufstall. „Als Jungbauern müssen wir mit stark angezogener Handbremse fahren, uns wird die Zukunft verbaut. Ein Stundenlohn von 10,80 € als Waldbauer ist allein schon im Vergleich mit Facharbeiterstundenlöhnen mehr als ungerecht. Wir brauchen dauerhafte Antworten von Politik und Marktpartner auf unsere großen Herausforderungen.“

Diese Landwirte aus der Steiermark, gehören zur Mehrheit der Bauern, die heuer mit extrem niedrigen Erlösen zu kämpfen haben. Doch die Produktionskosten und die höheren Umwelt- und Tierwohl-Auflagen machen den Betrieben nicht nur finanziell zu schaffen, auch die Motivation für Investitionen sinkt.

LK-Titschenbacher fordert Zukunftspaket

Der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher fordert ein Zukunftspaket „Pro Land- und Forstwirtschaft“.Nach einem kurzen Aufatmen im Vorjahr sind seit Jahresbeginn die Agrarpreise im Sinkflug, während sich die Produktionskosten für die Bauern seit dem Vorjahr in lichten Höhen festgesetzt haben. Mit folgenschweren Auswirkungen, vor allem auf die Milchbauern, die Mutterkuhhalter mit ihren hohen Tierwohlstandards, die Acker- und Getreidebauern, Forstwirte und Obstbauern. „Die Alarmglocken schrillen. Die Bäuerinnen und Bauern können die hohen Kosten durch die zu niedrigen Erlöse nicht mehr stemmen. Die Auswirkungen sind dramatisch. Für die notwendige und deutlich spürbare Trendumkehr sind Marktpartner und Politik dringendst gefordert“, erklärt Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher.

Getreidepreis ist um 60 % gefallen

Der Milchpreis ist seit Jahresbeginn bereits neunmal in Serie gesunken. Im September lag er im Schnitt bei 45 Cent, im Geschäft bezahlen Konsumenten das Dreifache und mehr. Die Getreidepreise für die Bauern sind um mehr als 60% und die Holzpreise um rund 30 % zurückgegangen. "Den besonders auf Tierwohl ausgerichteten Mutterkuhbetrieben geht mit Stundenlöhnen von unvorstellbaren 5,40 € wörtlich die Luft zum Atmen aus – ein Betrag der nicht einmal einem Drittel des Stundenlohns eines Facharbeiters entspricht", rechnet Titschenbacher vor. Hingegen sind die Produktionskosten konstant hoch: Bau-, Maschinen-, Betriebsmittel- sowie Instandhaltungskosten sind gegenüber 2021 jenseits der 80 % gestiegen und verharren in lichten Höhen.

Aufgrund eines Stundenlohn von 5,40 €ist die Zahl der Mutterkühe in den vergangenen Jahren um 27 % von rund 49.000 auf aktuell 35.800 zurückgegangen. Drastisch auch die Lage der Ackerbauern: Sie stellen ihr Getreide und ihren Mais unter besonders hohen Umweltauflagen her, während gleichzeitig unsere Märkte mit Billigstgetreide aus Russland und der Ukraine überschwemmt werden, die nur geringe Umwelt- und Biodiversitätsvorschriften haben.

Gewinne bleiben nicht bei den Bauern hängen

„Der Anteil der Landwirtschaft an den Endverbraucherpreisen ist zu gering, die Gewinne bleiben woanders hängen. Die Landwirtschaft braucht einen größeren, kostengerechten Anteil innerhalb der Produktionskette“, unterstreicht Titschenbacher. Nur etwa ein Drittel (August: 33,7 %) vom Verbraucherpreis von einem Liter Milch oder 46,5 Cent bleiben der Landwirtschaft für die Herstellung der Milch sowie für besondere Tierwohlmaßnahmen bei Milchkühen, dabei wären zumindest 53 Cent (38,5 %) erforderlich. Für Weizen, der in einer Semmel enthalten ist, erhält der Bauernhof gerade einmal 1,3 Cent, das sind karge 3,9 % vom Netto-Semmelpreis von 33,6 Cent.

Forderungen der LK an die Politik

„Die Weichen sind eindeutig pro Landwirtschaft zu stellen, damit unser Land nicht verletzbar und beim Essen und Trinken nicht wie andere Wirtschaftsbereiche vom Ausland abhängig wird. Wir wollen die Bevölkerung sicher mit leistbaren Lebensmitteln versorgen“, verlangt Titschenbacher das Zukunftspaket „Pro Landwirtschaft“. Die neun zentralen Forderungen an Politik und Marktpartner sind:

1) Augenmaß! statt ständig neuer und permanent höherer Auflagen. Einen Mercedes bestellen und einen Dacia bezahlen, das geht nicht. Ständig neue und höhere Auflagen sind am Markt nicht zu realisieren, verteuern und verbürokratisieren die Produktion unnötig.

2) Green-Deal der EU: Vernunft muss einkehren! Die Bauern brauchen beim Green-Deal der EU faktenbasierte landwirtschaftsfreundliche Signale, um die Land- und Forstwirtschaft zu stärken. Ständig neue Auflagen und noch höhere Standards, die vom Markt gar nicht honoriert werden, führen in die Sackgasse. Angesprochen sind insbesondere die EU-Vorhaben zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR), die Wiederherstellung der Natur oder flächige Außernutzungsstellungen von Wäldern.

3) Transparenz bei der Preisbildung! Einen dauerhaft höheren und betriebswirtschaftlich vertretbaren Anteil in der Wertschöpfungskette. Das System der Preisbildung ist zu durchleuchten, die tatsächlichen Preistreiber müssen ermittelt und darauf aufbauend zielgerichtete Schritte gesetzt werden.

4) Herkunftskennzeichnung. Die Herkunftskennzeichnung von Milch, Fleisch und Eiern muss verpflichtend auf die Gastronomie ausgeweitet werden. Auch bei verarbeiteten Lebensmitteln im Supermarkt mit Milch-, Fleisch- und Eieranteil, muss die Herkunftangeabe gesetzlich verankert werden.

5) Neue Standbeine Klimaanpassung: Heben der vorhandenen land- und forstwirtschaftlichen Potenziale zur Herstellung von Biowärme, grünem Strom und Biotreibstoffen. Mittelfristig können bäuerliche Heizwerk- und Nahwärmeversorger insgesamt 360.000 steirische Haushalte mit Biowärme versorgen. Damit könnten alle Öl- und Gasheizungen in der Steiermark ersetzt werden. Ausgebaut kann auch die Produktion von grünem Strom durch Photovoltaik-Anlagen mit landwirtschaftlicher Doppelnutzung, auf Dächern landwirtschaftlicher Gebäude sowie auf steilen Hängen im Berggebiet werden. Dringend erforderlich ist das Erneuerbare Gase-Gesetz, damit unsere Biogasanlagen grünes Gas für die Energiewende bereitstellen können.

6) Holzbauoffensive. In Zeiten einer schwachen Konjunktur ist die öffentliche Hand gefordert, mit einer Holzbauoffensive leistbaren und vor allem nachhaltigen Wohnraum für junge Familien zu schaffen. Anzusetzen ist vor allem auch bei der Revitalisierug von leerstehenden Gebäuden sowie im Städtebau durch Nachverdichtung.

7) Wertanpassung der EU-Direktzahlungen und Leistungsabgeltungen. Durch die hohe Inflation ist der Wert dieser Zahlungen allein seit dem Jahr 2021 um 17 Prozent geschrumpft, eine entsprechende Wertanpassung ist dringend erforderlich.

8) Stundenlöhne, die die Landwirtschaft für die Jugend attraktiv machen. Die Landwirtschaft darf bei den Stundenlöhnen nicht abgehängt werden. Diese müssen der bäuerlichen Jugend Perspektiven bieten. Die Sogwirkung anderer Wirtschaftsbereiche nach Arbeitskräften aus der Land- und Forstwirtschaft ist ohnehin schon enorm.

9) Klares Nein zu Erbschafts- und Vermögenssteuern. Jede zusätzliche Besteuerung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen würde eine unzumutbare Erschwernis für Betriebsübergaben und Betriebsführung bedeuten. Grund und Boden sind für Bäuerinnen und Bauern ja kein Luxusgut oder eine Wertanlage, sondern vielmehr unverzichtbare Existenz- und Produktionsgrundlage, die bereits jetzt Steuern und Abgaben unterliegt. Die land- und forstwirtschaftlichen Einkommen sind deutlich unterdurchschnittlich, jede zusätzliche Belastung ist daher inakzeptabel.

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