Als "sehr spät und zu wenig stichhaltig" kommentiert Alexander Bernhuber, Umweltsprecher der ÖVP im Europaparlament, die von der EU-Kommission am Mittwoch vorgelegte zusätzlichen Folgenabschätzung zum Vorschlag der Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln um 50% bis 2030 im Rahmen der geplanten Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (Sustainable Use Regulation - SUR). "Während hier die Folgen für die Lebensmittelproduktion in der EU heruntergespielt werden, hatten frühere Studien ganz eindeutig negative Auswirkungen auf die Erzeugermengen gezeigt. Diese Widersprüche müssen wir klären, bevor wir einer solchen, verspäteten Erhebung folgen", erklärt Bernhuber.
Eine deutliche nahezu Verdopplung die Verwaltungskosten für bäuerliche Familienbetriebe für die Abwicklung von EU-Förderungen durch Dokumentationspflichten zu Pflanzenschutzmitteln, zeige selbst die neue Folgenabschätzung der Kommission. Laut Bernhuber entstünden alleine für die rund 35.000 österreichischen Ackerbauern jährliche Mehrkosten von 13 Mio. € nur für Bürokratie.
Betroffene müssen in Entscheidung eingebunden werden
"Warum die EU-Kommission erst jetzt versucht, ihren Vorschlag ausführlicher zu erklären, bleibt ein Rätsel. Wie beim umstrittenen Vorschlag zur Wiederherstellung der Natur ist dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, erst im letzten Moment eingefallen, dass es eine gute Idee wäre, die Hauptbetroffenen in den Entscheidungsprozess einzubinden. Das sind da wie dort die Land- und Forstwirte und wir sind bereit, uns einzubringen", sagt Bernhuber. Nicht nachvollziehbare und schädliche Verbotsansätze könne er dagegen nicht mittragen - zumal frühere Studien zum Ergebnis gekommen waren, dass es massive Einbrüche in der Agrarproduktion geben werde, zum Beispiel minus 40% bei Erdäpfeln.
SUR bringe Rückgang der Getreideproduktion um 22 %
Der Abgeordnete verweist auf eine andere Studie der EU-Kommission, die einen Rückgang der EU-Getreideproduktion um 22 % prognostiziert, während die Getreideimporte um 39 % steigen würden. "Auf die vielen Studien, die einen Produktionsrückgang vorsehen, hat die Kommission keine Antworten geliefert. Wenn die Importe steigen, schadet das nicht nur den heimischen Landwirten, sondern langfristig auch dem Klima und der Umwelt. Wir hätten uns hier klare Antworten erhofft", sagt Bernhuber.
Kritik zu neuen Züchtungsmethoden
"Genau anschauen müssen wir uns unterdessen die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission zu neuen Züchtungsmethoden für landwirtschaftliche Kulturpflanzen. Es ist an der Zeit, dass mehr als 20 Jahre alte Gentechnik-Gesetz wieder auf den neuesten Stand der Wissenschaft zu bringen. Doch im vorgestellten Text werden einige rote Linien für Österreich überschritten", sagt Bernhuber und kritisiert vor allem die potenziellen Monopolstellungen von Saatgutunternehmen, die für kleine Saatgutzüchter problematisch sind. Darüber hinaus bemängelt der Abgeordnete die unzureichenden Regeln zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Organismen in Produkten.