Angefangen hat alles in den 80er- Jahren mit Kaninchen, einem Schaf und einer Grauvieh-Milchkuh“, erinnert sich Gerald Harbich senior aus Aderklaa. „Wir wollten eigene Milch und eigenes Fleisch haben. Dann hat meine Frau begonnen, Käse, Topfen, Butter herzustellen und so starteten wir einen kleinen Direktverkauf mit Milchprodukten.“
Eine zweite Milchkuh kam dazu, eine dritte und schließlich standen sechs Kühe im Stall. Gemolken wurde zu Beginn noch per Hand, dann rüsteten sich Maria und Gerald Harbich mit einer kleinen Melkmaschine und einem Kühlraum aus.
Schnell gelesen:
Rinder, Ziegen und Schweine hält Familie Harbich in einer der wichtigsten Ackerbauregionen Österreichs.
Nicht nur die Selbstversorgung, auch die Kreislaufwirtschaft mit organischem Dünger waren die Gründe, dort wieder in die Viehhaltung einzusteigen.
Die Rinder weiden auf Naturschutzwiesen. Das Fleisch wird direkt vermarktet.
Zusätzlich Einkommen bringt der Ackerbau (Kürbis, Soja, Weizen, Triticale) und eine 40 kWp-PV-Anlage.
Beiden gefiel der Gedanke, das Vieh wieder zurück ins Marchfeld zu holen. Denn in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nahezu alle Viehbetriebe zugunsten von Acker- und Gemüsebau aufgegeben. Treiber dieser Entwicklung war laut Harbich der Vormarsch von preisgünstigem Kunstdünger. Daher reizte ihn nicht nur die Möglichkeit der Selbstversorgung mit Milch- und Fleischprodukten, sondern er erkannte auch einen Mehrwert im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Deshalb stellte er den Betrieb 1993 auf Bio um.
Fleisch statt Milch
Das mag auch der Grund sein, warum Aderklaa einer der wenigen Orte ist, an dem zwischen dem Jahr 2000 und 2010 die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe zunahm, während im restlichen Marchfeld die Betriebszahl um ein Viertel schrumpfte.
Aber weder von den sinkenden Betriebszahlen in Nachbargegenden noch von den Folgen seines Schlaganfalls – einer Querschnittslähmung – ließ sich Gerald Harbich davon abhalten, seinen Traum eines Kreislaufbetriebs mit Tieren im Marchfeld weiter voranzutreiben.
Mit dem Einstieg von Sohn Vinzenz in die Landwirtschaft 2003 erobert der Harbichhof das Feld der Fleischvermarktung. Ein moderner Laufstall mit großzügiger Strohliegefläche wurde gebaut und ehemals verpachtete Flächen zurück in den Betrieb integriert. Momentan werden rund um den Hof 170 ha bewirtschaftet, davon 70 ha Ackerbau und 100 ha Grünland.
Ziegen und Freilandschweine
Auf beachtliche 270 Rinder ist der Viehbestand am Biohof Harbich mittlerweile angewachsen, aufgeteilt in sieben Herden. Die bevorzugten Rassen bei den über 90 Mutterkühen sind Grauvieh, Aubrac, Murbodner und Angus, wobei bereits einige Muttertiere gekreuzt sind. Drei Stiere stehen für die Kühe am Hof bereit, zwei Piemonteser und ein Aubrac. Das Tierwohl steht bei Harbichs an erster Stelle. Alle Rinder sind Hornträger und erfreuen sich an einer langen Weidesaison von April bis November im Grünen und über 50 % mehr Platz im Winter-Laufstall als laut Biorichtlinien vorgeschrieben.
Außerdem tummeln sich auch 40 Ziegen und 50 Freilandschweine auf dem Betrieb, eine Kreuzung aus den Rassen Duroc und Schwäbisch-Hällisch. Die Schweine werden ganzjährig im Freien gehalten, was ihnen den Spitznamen „Wühlschwein“ eingebracht hat.
Geschlachtet wird direkt am Hof, das Fleisch reift langsam zwischen drei und vier Wochen. Harbichs neu entwickelter Rindfleischsnack „Weidebeef-Biltong“ wurde nicht nur “Bioprodukt des Jahres 2018”, sondern auch der Hof selbst gewann im selben Jahr den Bundestierschutzpreis.
"Überall Bodyguards"
So viel positive Werbung brachte sogar Bundespräsident Alexander van der Bellen auf den Biohof Harbich, der sich die Bio-Jause hofeigener Produkte nach einem Rundgang schmecken ließ. Harbich senior erinnert sich gerne an den hohen Besuch: „Ich fühlte mich wie in einem Film, überall liefen Bodyguards herum. Es freut mich sehr, dass unsere Arbeit so geschätzt wird und auf so viel Interesse stößt.“
Management brachte Erfolg
Im Arbeitsalltag hilft die Familie zusammen: Senior-Landwirtin Maria und Schwiegertochter Julia arbeiten im Verkauf, wobei Julia zusätzlich das Marketing, die Homepage und Büroarbeit übernommen hat.
Jede Woche werden abwechselnd Schweine und Rinder im Alter von 1 bis 2 Jahren geschlachtet. Wie viele und welche Tiere geschlachtet werden, richtet sich nach den eingegangenen Bestellungen, da sich die notwendige Fleischmenge und somit das Schlachtgewicht sehr gut im Vorhinein abschätzen lässt.
Verkaufsschlager sind Mischpakete zu 5 kg oder 10 kg bei einem Preis ab 16,55 €/kg. Delikatessen wie Beiried werden mit 42 €/kg angeboten, Steakfleisch zwischen 30 und 40 €/kg. Am Montag wird geschlachtet, Dienstag und Mittwoch verarbeitet und bis Donnerstag werden die Fleischpakete gefüllt und vorbereitet.
Ein Schlachter ist am Hof Vollzeit angestellt und ein Koch für die Verarbeitung mit 20 Stunden. Die Vorbereitungen am Donnerstag können schon einmal bis Mitternacht dauern, denn am Freitag ist Abholtag und da muss alles fertig sein. Nach den intensiven Verkaufstagen Freitag und Samstag bleibt der Familie der Sonntag als Ruhetag.
Der Jahresumsatz vom Biohof inklusive Direktvermarktung und Förderungen, v. a. GAP, ÖPUL und NAT-Prämien, beträgt 700.000 €.
Gutes Futter, starke Tiere
Gerade in Zeiten hoher Düngerpreise zeigt sich der große Vorteil der Kreislaufwirtschaft, da die Tierhaltung organischen Dünger für die Felder liefert. Zudem achtet Harbich sehr genau auf die Fruchtfolge: Nach drei Jahren Weidenutzung, wobei im letzten Weidejahr die Wühlschweine aufs Feld kommen, wird Kürbis als Nährstoffaufschließer angebaut. Darauf folgen Weizen, Soja und Triticale.
Zichorie in der Mischung
Auch beim Grünland schauen die Biobauern genau auf die Futtermischung für ihre Tiere. Das richtige Verhältnis von Luzerne, Gräsern und Kräutern, wie beispielsweise der Futterzichorie, sorgt dafür, dass die Rinder genügend energiereiche Nahrung bekommen, aber auch Bitterstoffe aufnehmen, um Blähungen vorzubeugen.
Das Marchfeld ist durchzogen von Halbtrocken- und Trockenrasen. Einige Salzstandorte sind besonders schützenswert. Hier blühen viele unterschiedliche Gräser und Kräuter und tummeln sich seltene Insekten. Ein Mekka der Biodiversität, welches durch sanftes Beweiden von Harbichs Rindern erhalten wird.
Naturschutz und Ökostrom
Damit leistet der Biobetrieb einen wertvollen Beitrag zur Artenvielfalt und kann gleichzeitig die eigenen landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Speisegetreide nutzen. „Vor allem Mutterkühe von robusten Rassen wie Aubrac kommen mit der geringeren Futterqualität sehr gut zurecht“, berichtet Gerald Harbich.
Zusätzlich zum Naturschutz beteiligen sich Harbichs auch aktiv an der Energiewende. Ihre 40 kWp-PV-Anlage haben sie mit dem Partner eFriends als Crowd-Funding-Projekt durchgeführt und 2021 in Betrieb genommen. Interessenten konnten sich dabei eine oder mehrere von insgesamt 34 ausgeschriebenen Anteilen um 1.500 € kaufen. Nun bekommen sie den Wert ihrer Investition im Laufe von sechs Jahren über hofeigene Fleischprodukte zurück. Zusätzlich erhalten sie gratis Sonnenstrom vom Harbichhof, wenn die Sonne fleißig scheint und die Anlage überschüssigen Strom produziert. Bilanziell können Harbichs die 40.000 kWh/Jahr für den Betrieb selbst erzeugen. So lebt die Vision und Kreativität des Öko-Pioniers Gerald Harbich in den Projekten der nächsten Generation weiter.