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Jaenicke: „BfR und Bundesbehörden von Lobbyisten gesteuert“

Wie weit entfernt der streitbare Umweltaktivist Hannes Jaenicke von der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft entfernt ist, zeigt er in einem aktuellen Interview. Er fordert zivilen Ungehorsam.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewertet die heutigen Lebensmittel für so sicher wie noch nie. Sie seien zum Beispiel mit weniger Keimen und Schadstoffen belastet und Nährstoffe bleiben besser erhalten.

Dem widerspricht der Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke im Interview mit der Zeitschrift Lebensmittelpraxis. Er hält die Annahme für falsch: „Es gab damals noch kein Glyphosat, kaum chemische Düngemittel, nur wenige giftige Pestizide, Fungizide, Herbizide und Insektizide, keine „Übergüllung“, kaum Fast Food und keine Massentierhaltung. Wasser und Luft waren noch nicht so belastet, die Krebs- und Adipositas-Raten im Vergleich zu heute niedrig“, so Jaenicke. Dem BfR wirft er in dem Zuge vor, „wie fast alle Bundesbehörden weitgehend von Lobbyisten beeinflusst und gesteuert“ zu sein.

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Subventionen stützen altes System

Ein Dorn im Auge ist ihm auch die Agrarförderung. So werde vor allem „konventionelle, ungesunde Massenware aus Großbetrieben“ subventioniert. „Deshalb ist sie so billig. Das wiederum kostet das Gesundheitssystem Milliarden Euro und den Konsumenten seine Gesundheit. Würde man hochwertige Lebensmittel wie Demeter-Produkte höher subventionieren, würden a) nicht solche Massen an Nahrungsmitteln weggeworfen, wären b) gesunde Lebensmittel billiger und ungesunde teurer und c) würde das Gesundheitssystem massiv entlastet und die Gesundheit der Bevölkerung besser.“

Jaenicke behauptet weiter, die Agrar- und Lebensmittelindustrie scheine einen Blankoscheck zu haben für alles, was Profit bringt. „Auf Kosten unserer Gesundheit, der Umwelt, der Tiere.“ Er fordert daher schärfere Gesetze, Kontrollen, Verbote. Und vor allem sei eine effektive CO2-Bepreisung notwendig.

Keine Kontrollen zu befürchten

Handlungsbedarf sieht er auch bei den Kontrollen. Dass ein deutscher Viehzuchtbetrieb statistisch betrachtet nur alle 17 Jahre kontrolliert wird – und das nach Vorankündigung –, sei für ihn ein Zeichen für einen weitgehend rechtsfreien Raum in der Massentierhaltung. Der Schauspieler zitiert hierzu einen Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, der vor laufender Kamera die deutsche Milchindustrie mit der Mafia verglichen habe.

Verwässerte Haltungsstufen und träge Verbraucher

Kein gutes Haar lässt der Aktivist auch an den Tierwohl-Haltungsstufen des Lebensmitteleinzelhandels. Die dortigen Standards sind in seinen Augen „verwässert und wenig zuverlässig“. „Wenn der Begriff Tierwohl mehr sein soll als ein reines Marketing-Etikett, müsste der allgemeine Standard die 5. Stufe sein, „Haltungsform Bio“ genannt. Trotzdem freut es mich, wenn Lidl mit Bioland kooperiert und die großen Discounter ihr Bio- und Fairtrade-Angebot erweitern. Es bewegt sich tatsächlich etwas – wenn auch in kleinen, langsamen Schritten. Allerdings bewegt sich der Verbraucher ja auch nicht schneller. Der Mensch ist nun einmal ein Gewohnheitstier und denkt nur widerwillig um, wenn überhaupt.“

Jaenicke hat ohnehin kein Vertrauen mehr in Siegel. Derzeit seien sie hauptsächlich „Verbrauchertäuschung, Etikettenschwindel, Greenwashing, Marketing-Tricks und Werbelügen“, beklagt er. „Schönfärberische Produktsiegel gehören verboten. Alle Nahrungsmittel müssen wahrheitsgemäß und für jeden verständlich beschriftet sein. Auf tierischen Produkten sollten Wasserkonsum, CO2-Bilanz, Medikamenten- und Hormoneinsatz, Futtermittel wie Gen-Soja, deren Herkunft, Transportwege etc. angegeben werden“, verlangt der Autor des Buchs „Die große Sauerei - Wie Agrarlobby und Lebensmittelindustrie uns belügen und betrügen“.

Es gab in der gesamten Geschichte noch keine Bürgerbewegung, die ohne zivilen Ungehorsam oder Gesetzesverstöße zum Erfolg geführt hat.

Jaenicke steht im Übrigen hinter den Aktionen der „Letzte Generation“ und Extinction Rebellion. Er vergleicht sie mit der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika, der Bürgerrechtsbewegung in den USA, den Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg oder gegen das DDR-Regime. „Die jetzigen Klimaaktivisten mit RAF-Terroristen zu vergleichen, gehört zum Dümmsten und Reaktionärsten, was ich in letzter Zeit gelesen und gehört habe.“

Und was will er?

Jaenickes persönliches Ideal wären eine kleinparzellige Agrarindustrie, in der auch Kleinbetriebe und Familienbetriebe überleben. Es wäre die Abschaffung der Massentierhaltung und die Rückkehr zum Sonntagsbraten. Es wären Unverpacktläden, Hofläden, Bioläden, kleine Fachgeschäfte, die für jeden erschwinglich sind. Weitere Aspekte wären eine Belohnung von nachhaltiger Landwirtschaft und der Verzicht auf übermäßigen Pestizid-, Kunstdünger- und Antibiotikaeinsatz.

„Am wichtigsten scheint mir, dass Lebensmittel wieder einen Wert bekommen. In den Industrienationen sind sie zur Wegwerfware verkommen, die hauptsächlich billig sein und satt machen sollen.“

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