Schwere Unglücke

Unfallforscher hält 16-jährige Traktorfahrer für unreif

Zwischen Autor und Traktoren kracht es oft. Ein Unfallforscher fordert verpflichtende Notbrems- und Spurwechselassistenten und ist gegen den Traktorführerschein ab 16.

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Im Straßenverkehr kommt es immer wieder zu brenzlichen Situationen zwischen Autos und Traktoren. Da die Landmaschinen langsamer sind, setzen viele Autofahrer zu riskanten Überholmanövern an. Manchmal übersehen sie dabei den Blinker des Traktors und es kommt bei dessen Abbiegevorgang zum Crash. Oder Fahrer werden von der Größe der Anbaugeräte überrascht und unterschätzen den Schwenkbereich.

Auch Unfallforscher warnen nun vor einer dramatischen und unterschätzten Gefahr. Unfälle hätten oft besonders schlimme Folgen, sagte der Leiter der Unfallforschung der deutschen Versicherungswirtschaft, Siegfried Brockmann, der dpa.

Auch er bestätigt, dass Zusammenstöße mit Traktoren sehr häufig beim Abbiegen und Einbiegen von Feldwegen auf die Straße passieren. Traktoren seien „inkompatible Unfallgegner“: wesentlich höher und deutlich schwerer als Autos oder gar Zweiräder, scharfe Anbaugeräte wie Pflüge oder Grubber würden bei der Fahrt über öffentliche Straßen oft verbotswidrig nicht hochgefahren, die Fahrer hätten durch überhängende Ladung wie Strohballen vielfach schlechte Sicht zur Seite und nach hinten und Blinker seien immer wieder schlecht sichtbar oder defekt, sagt Brockmann.

Haben 16-jährige schon die nötige Reife?

2019 seien bundesweit 59 Menschen bei Unfällen mit Traktoren ums Leben gekommen, 618 wurden schwer verletzt, zitiert die dpa eine Studie der Versicherer. Der Anteil der Traktorunfälle mit Toten und Schwerverletzten liege dabei deutlich über dem Gesamtschnitt.

Brockmann kritisierte, dass in der Landwirtschaft junge Fahrer ab 16 Jahren mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 40 tonnenschwere Traktoren fahren dürften – bei Begrenzung auf 25 Stundenkilometer auch mit Anhängern. Mit zwei Anhängern seien Traktoren aber völlig vergleichbar mit einem schweren Lkw, sagte er.

„Haben 16-Jährige die Reife dafür – die Antwort ist No“, sagte der Unfallforscher. Das Mindestalter müsse bei 18 Jahren liegen. Aufgeschlüsselte Unfallzahlen für 16- bis 18-Jährige liegen den Forschern allerdings nicht vor.

Motorradfahrer überholen oft von ganz hinten

Der Forscher fordert außerdem, Notbrems- und Spurwechselassistenten für Traktoren gesetzlich vorzuschreiben, um Unfälle mit Zweiradfahrern im sogenannten toten Winkel zu verhindern – etwa, wenn Motorradfahrer den Traktor überholen und er in diesem Moment abbiegt. In unübersichtlichen Kreuzungsbereichen müssten Straßenmeistereien Büsche zurückschneiden und falls nötig Straßenränder asphaltieren. Bauern sollten an neuralgischen Stellen etwa hoch wachsenden Mais auf Feldern zurückschneiden.

Freiwillig – ohne gesetzlichen Zwang – seien Verbesserungen nicht zu erwarten, betonte Brockmann. Das habe eine erste Studie zum Thema Traktorunfälle aus dem Jahr 2010 gezeigt. Schon danach hätten die Versicherer größere und besser sichtbare Blinker und Heckleuchten, Spurwechselassistenten und einen seitlichen Unterfahrschutz für Anhänger gefordert. Passiert sei seitdem nur sehr wenig.