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Hanfgemacht: Junglandwirte vertreiben Produkte aus Hanf

Das Start-up „Der Hanfbayer“ verarbeitet Hanfsamen und vertreibt die daraus gewonnenen Produkte.​ Neben dem Eigenanbau erhalten die Gründer die Rohware von rund 40 Vertragslandwirten aus Bayern

Lesezeit: 7 Minuten

Nussig, Kernig, Gschmeidig sind Adjektive, die wohl niemand auf Anhieb mit Hanf in Verbindung bringt. Wenn man aber mit Daniel Baumann über Hanfsamen referiert, lässt sich schon fast der Geschmack seines unter dem Titel „Sündig“ vertriebenen Hanfsamen-Crunches nachempfinden. Der sonst eher sachliche Agraringenieur schreibt diese Eigenschaften den ungesättigten Omega-3-Fettsäuren in den Hanfsamen zu: „Mit Zimt oder Honig vermischt, unterstützen Hanfsamen andere Aromen, beispielsweise im Müsli“, erklärt er.

Aus seiner Überzeugung heraus, ein Superfood hierzulande wieder am Markt etablieren zu können, hat er gemeinsam mit Markus Kneissl den „Hanfbayer“ gegründet. Ein Unternehmen, das mittlerweile rund 30 t Hanf pro Jahr verarbeitet und in Form von rund 20 verschiedenen Produkten vertreibt. Die Zulieferer sind Landwirte, die sich vom Unbekannten nicht abschrecken lassen und ihre Zukunft in der Regionalität sehen.

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Grundlage von Proteinpulver, Hanfsamen-Crunch und Co. sind die Hanfsamen des Nutzhanfes aus Mamming im bayerischen Landkreis Dingolfing-Landau. Dort liegt der elterliche Betrieb von Daniel Baumann. Nach der Übernahme des Betriebs war für den studierten Agrarier klar: „Ich wollte mit dem Betrieb 30 Jahre weiterdenken und nicht dort stehen bleiben, wo wir heute sind.“ Wo bisher ganz klassisch Raps, Mais, Weizen, Soja auf 30 ha im Nebenerwerb angebaut wurde, sollte die Fruchtfolge um eine Sorte erweitert werden, die der Klimaveränderung angepasst ist und auf einen zukunftsfähigen Markt trifft. Das Ergebnis ihrer ­Recherche hieß Nutzhanf, sowie die Umstellung von konventionellem zu ökologischem Anbau.

Fasern oder Samen?

Der Fokus der beiden Agraringenieure, die sich aus Studienzeiten kennen, stand schnell fest. „Wir dachten zunächst, dass der Reiz der Pflanze für uns im Stroh – also in den Fasern – liegen sollte. Für die Faserernte und Weiterverarbeitung waren allerdings hohe Investitionssummen erforderlich“, so Baumann über die ersten Überlegungen zum Start-up. Der Weg, die Samen der Zweinutzungspflanze zu ernten und zu vermarkten, war für sie daher vielversprechender. Kurzerhand bewarben sich die Zwei bei einem regionalen Gründerwettbewerb und präsentierten ihre Idee zum Anbau und Vertrieb. Sie überzeugten die Jury und der Startschuss für den eigenen Anbau war gefallen.

Klingt erst mal einfach, bedeutet aber in der Praxis viel Vorbereitung. Von Gesetzeswegen ist es vorgeschrieben, dass in Deutschland nur Forschungsanstalten oder Landwirte, die in die berufliche Alterskasse einzahlen, Nutzhanf aussähen dürfen. Geprüft und verwaltet wird das von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn. Unter Angabe der Sorte müssen schon vor der Aussaat, sowie zur Blüte und zur Ernte Mehrfachanträge bei der Bundesbehörde gestellt werden. „Die BLE schickt vor der Ernte Kontrolleure zum Feld und nimmt Proben“, erklärt Baumann. Die Samen werden dabei auf ihre Inhaltsstoffe geprüft. Denn ihr Gehalt an THC muss unter 0,2 % liegen.

Pro Hektar ernten sie rund 1 t Hanfsamen.

Die ersten Versuche machte Baumann auf rund 4 ha. „Wir konnten das Saatgut direkt über den Landhandel beziehen", erklärt der Agraringenieur. Zwar ist die Sortenwahl durch das BMEL eingeschränkt, kann aber innerhalb der Vorgaben frei gewählt werden. Mittlerweile beziehen die Gründer das Saatgut direkt von einem Züchter aus Frankreich. Die Zeit bis zur Aussaat nutzte das Team ebenfalls, um sich mit anderen Anbauern auszutauschen. „Wir haben einfach bei anderen Landwirten in den Niederlanden oder Österreich angerufen und mit ihnen gesprochen“, erinnert sich Baumann. „Uns war vorher zum Beispiel nicht klar, dass sich einige Fabrikate an Mähdreschern besser eignen als andere."

Pro Hektar ernten sie rund 1 t Hanfsamen. Die anschließende Lagerung der getrockneten Ware erfolgt in Big Bags in angemieteten Hallen. Die Trocknung erfolgt schonend bei maximal 40 °C Korntemperatur auf 5 – 8 % Restfeuchte, dann sind sie mehrere Jahre lagerfähig. Zudem darf die Temperatur bei der Lagerung niemals 15 Grad übersteigen, da die stark ölhaltigen Samen ansonsten verderben.

Keine Kritik, aber Skepsis

Eigentlich hatten die Gründer zu keinem Zeitpunkt wirklich kritische Stimmen zu hören bekommen, aber ein bisschen Verwunderung klang schon mal durch. Seitdem sind sie schon weit gekommen und ausgehend von den anfänglichen vier Hektar haben sie ihre Anbaufläche verzehnfacht, wenn man die Flächen der Vertragslandwirte mitzählt.

Um die Investitionssumme für die nachfolgende Verarbeitung klein zu halten, hat sich „Der Hanfbayer“ Partner gesucht. Ansonsten hätten sie 250 000 bis 500 000 € in Maschinen investieren müssen. Daher sind alle Verarbeitungsschritte nach der Ernte ausgelagert. Baumann und Kneissl kriegen am Ende die Produkte fertig abgefüllt und etikettiert für den Vertrieb zurück. Anschließend verpacken sie es eigenhändig. Bisher sind es zwischen fünf und 25 Paketen, die das Lager täglich verlassen und deutschlandweit versendet werden. Ihre Produkte bieten sie zudem im eigenen Onlineshop und Hofladen an. Nach einem Auftritt im Bayrischen Rundfunk sind viele Neukunden auf sie aufmerksam geworden. Zudem sind ihre Produkte im Lebensmitteleinzelhandel über Edeka Food Starter oder Globus in ­Bayern zu finden. Außerdem sind sie aktuell auf der Suche nach Großhändlern, die Bioprodukte handeln.

Die Vermarktung dürfe man nicht unterschätzen. Am Ende sei es im Prinzip zwar nicht sonderlich schwierig. Man müsse nur den Überblick behalten, von QS bis hin zu den zusätzlichen Regularien bei Cannabinoiden. Das müsse man erstmal überblicken. Bisher leben die beiden Gründer nicht davon. Daniel Baumann bewirtschaftet den Rest seines Betriebes noch im Nebenerwerb und Markus Kneissl arbeitet 24 Stunden die Woche noch in einem anderen Arbeitsverhältnis. Aber die beiden Hanfbauern sind ambitioniert, wollen ihre Marke weiter etablieren und den Nutzhanf als regionales Superfood bekannter machen.

Hanfernte mit Hindernissen

Andreas Schlittmeier ist Bio-Landwirt im Landkreis Landshut in Bayern. Er hält Mutterkühe mit einer angeschlossenen Ochsen- und Färsenmast. Auf seinen Flächen ist Stickstoff ein knappes Gut. Daher brauchte er Kulturen, die wenig Nährstoffe benötigen. So kam er zum Hanf. Angst vor Unbekanntem hatte er dabei nicht: „Wenn der Betrieb läuft, dann kann man was neues pro­bieren“, so der Schlittmeier.

Mit dieser Einstellung kam er dann auch mit dem „Hanfbayer“ in Kontakt. Dessen Ansatz überzeugte ihn und er entschied sich 2021 für den Anbau von fünf Hektar. Pro Hektar benötigte er 25 bis 30 kg Saatgut. Pflanzenschutz war nicht notwendig, Hanf ist enorm schnellwüchsig. Die ersten wirklichen Sorgen bereitete ihm erst die Ernte: „Rund 40 – 50 km entfernt gab es aber einen Landwirt, der den ­selben Mähdrescher hat, wie der Lohnunternehmer hier vor Ort. Er hat mir ­versichert, dass es klappt.“ Die Messer im Schneidwerk und Häckselaggregat müssten nur absolut scharf sein. Schlittmeier hatte Glück, dass der Lohnunternehmer ähnlich aufgeschlossen war, wie er selbst. Sie folgten dem Rat und die Ernte war mit rund 0,6 t/ha ­getrocknet und gereinigt ein Anfang. Der Deckungsbeitrag war noch im grünen Bereich. Für dieses Jahr steht die Ernte noch an. Im Durchschnitt schaffe man mit Hanf eher um die 1 t/ha. Neben dem Anbau gilt es auch die Regularien im Blick zu halten. Denn Hanfanbau ist meldepflichtig. Doch die Kontrolle durch die BLE waren ganz ­unkompliziert. „Das Gefühl war zwar etwas mulmig, aber die Behörde war sehr hilfsbereit“, so Schlittmeier. Etwas nervös wurde er nur, als sein Hanf schon reif war, er aber noch keine Erntegenehmigung vorliegen hatte. „Durch extreme Hitze im Sommer, ging es einfach sehr schnell mit der ­Abreife.“ Nachdem die Ernte eingefahren war, ging es an die Weiterbearbeitung des Ackers. Das war wegen des schnellwüchsigen Hanfs nicht so leicht.

Für den Landwirt ist die Fruchtfolge sehr entscheidend. Sommerungen eigneten sich eher als Winterungen. Für solche Tipps hilft Schlittmeier auch das Netzwerk des Hanfbayern: „Wir haben WhatsApp-Gruppen mit anderen Landwirten. Ohne sie und Daniel Baumann ginge es nicht.“

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