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Neue Wertschöpfung mit dem Anbau von Flachs

Die Naturfaser Flachs hat Potenzial für Textilien, als Einstreu oder Dämm-Material. Einige Schweizer Landwirte bauen Flachs an und haben sich neue Wertschöpfungsketten in der Verarbeitung erschlossen.

Lesezeit: 5 Minuten

In den 1970er-Jahren drängten Baumwolle und synthetische Stoffe auf den Markt und die europäische Textilindustrie hatte mit wachsenden Überkapazitäten zu kämpfen. Dies bedeutete den Genickbruch des Flachsanbaus in der Schweiz – der Flachs verschwand von den Feldern. Bis 50 Jahre später ein paar innovative Bauern zur Renaissance riefen. Unter ihnen Adrian Brügger aus dem bernischen Willadingen, der 2012 bei einem Anbauversuch den ersten Flachs zur Fasergewinnung aussäte.

Erste Anbauversuche

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Wie die Pflanze nach der Blüte und dem Abreifen genau geerntet werden sollte, wusste er nicht. Nach ausgiebiger Recherche entschied er sich dafür, den Flachs mit dem Motormäher zu ernten – mit mäßigem Erfolg. Nach diesem ersten Versuch war klar, dass ein Besuch der Hauptanbaugebiete von Flachs in Frankreich, Belgien und den Niederlanden unausweichlich war.

Nach einem Jahr Studium und der Anschaffung von Zupfmaschine, Wender und Drescher startete er 2014 einen neuen Versuch. Acht Jahre später sind es nun eine Handvoll Landwirte, die im Emmental auf rund 7 ha wieder Flachs anbauen: Im ersten Jahr wurde nur eine knappe Tonne pro Hektar produziert, heute sind es 4,5 bis 5 t Stroh, das weiterverarbeitet wird.

Leinenhosen aus Schweizer Flachs

In die Zeit des ersten erfolgreichen Anbaus fällt auch die Gründung der SwissFlax: Das Unternehmen vereint Landwirte, Forschung und Entwicklung sowie Führungspersonen mit betriebswirtschaftlichem Know-how. Es bildet das Bindeglied zwischen den Flachsanbauern und dem Leinenmarkt. „Während die Ernte und die Verarbeitung zum fertigen Stoff eine Herausforderung darstellt, lebt der Schweizer Flachsanbau gleichwohl von der Vision vom Hemd aus einheimischer Herkunft“, sagt Dominik Füglistaller, zusammen mit Landwirt Adrian Brügger Co-Geschäftsführer der SwissFlax GmbH.

Mittlerweile produziert Schütz Textil aus der Nähe von Bern Hemden aus Schweizer Flachs. Damit ist die Vision eines Hemds mit Schweizer Herkunft Tatsache. Darüber hinaus entstanden 2017 bei einer Flachsstrickerei nach Generationen wieder die ersten Kleidungsstücke aus Schweizer Leinen und gehören seither fest zum Sortiment.

Verarbeitung soll regional werden

Das sei aber noch nicht genug, sagt der SwissFlax-Co-Geschäftsführer. Ein großer Teil der Weiterverarbeitung werde nämlich noch im Ausland gemacht, da für die Anschaffung einiger spezieller Maschinen die nötige Auslastung fehle. „Der Traum sind darum 100 ha Schweizer Flachs“, meint Dominik Füglistaller.

Vorerst aber wird das sogenannte Aufschlussverfahren oder Brechen, bei dem die Fasern vom Rest der Pflanze getrennt werden, in den Niederlanden durchgeführt und das Kardieren (Kämmen) und Verspinnen in Polen oder Litauen, bevor der Flachs als Garn wieder in die Schweiz gelangt. Die Wertschöpfungskette spiele sich also in Europa ab, das Ziel sei es aber definitiv, gewisse Produktionsschritte auch wieder in die Schweiz zu holen.

„Flachs ist im Moment sehr gefragt und wir können die Fasern auf dem internationalen Markt zu einem Preis verkaufen, der den Produktionskosten in der Schweiz entspricht – diese Entwicklung ist äußerst positiv“, erläutert Dominik Füglistaller weiter. Und seit Kurzem gebe es im Elsass wieder eine Spinnerei, was Möglichkeiten für eine Kooperation biete, die SwissFlax nun prüfe.

Ausweitung geplant

Dafür braucht es allerdings noch viel mehr Landwirte, die sich für Flachs begeistern können und sich zutrauen die „Diva“, wie Adrian Brügger sie nennt, zu zähmen. Denn der Flachsanbau ist anspruchslos und schwierig zugleich: Anfang April wird Flachs maschinell in den frisch zubereiteten Boden gesät. Rund 1.800 Körner kommen auf einen Quadratmeter – das ist ziemlich viel. Flachs wird so dicht ausgesät, damit die Flachspflanzen sehr fein bleiben.

In der Pflege ist Flachs allerdings relativ anspruchslos und braucht neben einer Unkrautbekämpfung nur wenig Dünger. - Auszug

In der Pflege ist Flachs allerdings relativ anspruchslos und braucht neben einer Unkrautbekämpfung nur wenig Dünger. Die kritische Phase kommt später, wenn der Flachs im vollen Wachstum ist: Dann kann ein Gewitter oder starker Wind die feinen Pflanzen sehr leicht knicken und so ein ganzes Feld umlegen, was die komplette Ernte gefährdet.

Mit Wurzel gezupft

Nach rund 50 Sonnenstunden ist der Flachs reif für die Ernte. Wie Adrian Brügger etwas entmutigend feststellen musste, werden die Flachspflanzen aber nicht geschnitten, sondern mit einer speziellen Maschine samt Wurzel gezupft und abgelegt. Was danach folgt, heißt Röste: Die ausgezupften Flachspflanzen trocknen auf dem Feld – dabei wird die Klebsubstanz zwischen Faser und Holzteil abgebaut, damit der Flachs danach gebrochen werden kann. Nach rund drei Wochen Röstung auf dem Feld wird der Flachs dann zu Quaderballen gepresst und reist für die Weiterverarbeitung zu Garn ins Ausland.

Flachs kann allerdings nicht nur Textil. Flachs ist sehr viel mehr – eine äußerst vielseitige und effiziente Pflanze: Neben den Fasern lässt sich nämlich auch Tiereinstreue herstellen und die Leinensamen können zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden. Das Multitalent Flachs eigne sich hervorragend für eine Koppelnutzung, erklärt Adrian Brügger: „Das heißt, wir ernten den nachwachsenden Rohstoff für Textilien und zugleich Leinsamen, von dem die positiven Eigenschaften in der Ernährung längst bekannt sind.“

Neben den Fasern lässt sich nämlich auch Tiereinstreue herstellen und die Leinensamen können zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden. - Auszug

Auf derselben Fläche werden also Nahrungsmittel und Fasern produziert. Beim Anbau von Faserlein ist auf einem Hektar laut SwissFlax ein Ertrag von 500 bis 800 kg Leinsamen möglich. Auch für die Ernte der Samen werden spezielle Maschinen benötigt, was die Ernte erschwert. Der Erfolg gibt den innovativen Landwirten aus dem Emmental allerdings recht: Sowohl der Schweizer Flachs wie auch die Schweizer Leinsamen stellen sich als nachgefragte Produkt heraus.

Quelle: Landwirtschaftlicher Informationsdienst LID

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