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Trotz Dürre und Extensivierung: So geht Uckermärker Mutterkuhhaltung in Kreislaufwirtschaft

Annette Brockmann möchte ihre Mutterkuhherde ohne zugekauftes Futter ernähren. Zunehmend trockene Sommer kombiniert mit extensivem Grünland sind dabei eine Herausforderung.

Lesezeit: 6 Minuten

Auch wenn die Hofstelle keine Tierhaltung erkennen lässt, hält die Agrargenossenschaft Wutzetz in Friesack (Brandenburg) 400 Mutterkühe. Betriebsleiterin Annette Brockmann hat den Hof 2018 von ihrem Vater übernommen.

Dieser startete 1996 mit 50 Uckermärker Mutterkühen. Zur Genossenschaft gehören etwa 1.500 ha Nutzfläche. Davon beweiden die Rinder 670 ha Grünland. „Mit der Rasse hat mein Vater eine gute Entscheidung getroffen. Die Tiere kommen mit Trockenheit, aber auch mit feuchter Witterung zurecht“, sagt die Landwirtin.

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Die Vorteile der Uckermärker haben sich besonders in den letzten Jahren gezeigt: Die Tiere sind robust gegenüber Hitze und Trockenheit. Genügend Futter brauchen sie dennoch und das ist im Laufe der Dürrejahre immer knapper geworden.

„Vor fünf Jahren haben sich zwei Herden sechs Weideflächen geteilt. Mittlerweile reichen diese nur noch für eine Herde“, sagt die Annette Brockmann. Das vorhandene Grünland war damals Luxus im Verhältnis zur Tierzahl. Einige Flächen wurden nicht beweidet. Heute ist jeder Hektar für die Fut­terversorgung notwendig. Die Rinderhalterin füttert lediglich Mineral- und Spurennährstoffe als Leckmasse zu, da Mangan und Selen auf den extensiven Standorten fehlen.

Hürde: Extensives Grünland

Die Weideflächen befinden sich im Naturpark Westhavelland und sind als Flora-Fauna-Habitat (FFH) bzw. als Natura2000-Gebiet ausgewiesen. Zudem sind 635 ha im Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) registriert. Düngemaßnahmen sind hier nicht erlaubt. Für die extensive Wirtschaftsweise gibt es eine Förderung von 190 €/ha und eine Kulap-Zulage in Höhe von 50 bzw. 90 €/ha.

Einige Flächen würde Annette Brockmann gerne nachsäen. Dafür müsste sie jedoch aus der Förderung aussteigen, erklärt sie: „Wir können uns das Aufwerten der Weiden nicht leisten, das ist einfach zu teuer. Mutterkuhhaltung rechnet sich nur bei überschaubaren Kosten ohne Investitionen.“

Eine immer größere Herausforderung stellen die Wölfe dar. Im vergangenen Jahr haben sie ein Zwillingskalb gerissen. Deshalb ist eine Weide nun mit einem Wolfsschutzzaun ausgestattet, der gefördert wurde.

Kreislauf wichtiger als Bio

Entscheidend für die 45-Jährige ist es, im Kreislauf zu wirtschaften. Sie möchte das Futter für die Wintermonate selbst anbauen anstatt es zuzukaufen. „Theoretisch könnten wir auch nach Bio-Standards produzieren, wenn wir auf die herbstliche Herbizidbehandlung im Getreide verzichten würden. Dann wären die Erntemengen aber zu gering und der Kreislauf unterbrochen“, sagt sie.

Im Winter bekommen die Kühe Grassilage und die Masttiere Maissilage. On top gibt es eine Mischung aus Lupinen und Triticale aus eigenem Anbau. Die Energie-Eiweiß-Mischung verteilt ein Trecker mit Schrotbunker.

Nach einem halben Jahr Weidezeit sind die Tiere in Ställen untergebracht, die zu DDR-Zeiten ein Volkseigenes Gut (VEG) waren oder zum Rinderexport dienten. Es sind Gruppenställe, die je einen mit Stroh ein­gestreuten Auslauf haben. Das Tier-Fressplatz-Verhältnis beträgt 1:1.

„Die meisten Kühe kalben zwischen Ende Februar und Anfang Juni draußen im Auslauf“, erklärt die Betriebsleiterin. Die Kühe können sich selbst aussuchen, ob sie draußen oder im Stall kalben. Der Auslauf wird täglich eingestreut. Dafür lagert Brockmann jährlich 5.000 Strohballen ein.

Nach der Geburt geht es für die Mutter und das Kalb für die ersten drei bis fünf Tage in eine Einzelbox. Dort können sie sich aneinander gewöhnen und Annette Brockmann kann kontrollieren, ob das Saugen klappt. Wenn alles funktioniert, stallt die Landwirtin zehn Kühe mit ihren Kälbern zusammen. Sieben Tage später legt sie zwei Gruppen zu einer 20er-Gruppe zusammen.

400 Kühe in Elf Herden

Die Weidesaison startet Ende April. Die erstgeborenen Kälber sind die ersten, die mit den Muttertieren auf die Weide kommen. Dafür stallt Brockmann zwei 20er-Kuhgruppen mit den Kälben zusammen, die dann eine Herde bilden. Insgesamt gibt es neun dieser Herden.

Zusätzlich gibt es eine Mastgruppe mit Kühen, die kein weiteres Kalb bekommen sollen. Und es gibt eine Bullenmüttergruppe. Also Mutterkühe mit Bullenkälbern, die als Deckbullen für den eigenen und auch für andere Betriebe aufgezogen werden. Diese beiden Gruppen umfassen je 15 bis 20 Tiere. 

Etwa zwei Monate nach Weidebeginn steht in jeder Herde (bis auf die Mastgruppe) ein Bulle. Insgesamt hat die Agrargenossenschaft Wutzetz 15 Deckbullen: Zwölf Uckermärker und drei Limousins. Die Limousin-Bullen sind den Färsen vorbehalten, damit sie bei ihrer ersten Geburt einen leichteren Kalbeverlauf haben. Das Erstbesamungsalter liegt bei etwa 15 Monaten. Um eine reinrassige Uckermärker-Herde zu behalten, verkauft Annette Brockmann alle Kreuzungstiere der Erstkalbskühe.

Ziel: Intramuskuläres Fett

Jeweils Ende Oktober und Ende November findet ein Absetz-Tag statt. Die Kälber sind dann je nach Geburtstermin sechs bis neun Monate alt.

Die männlichen Masttiere verkauft die Betriebsleiterin durchschnittlich im Alter von 23 Monaten. Die weiblichen Mastrinder sind etwa 27 Monate alt. Über die gesamte Mastdauer erreichen sie Tageszunahmen von rund 930 g.

Damit die Masttiere möglichst viel intramuskuläres Fett ansetzen, verbringen sie auch die zweite Saison auf der Weide, etwa von Mai bis November. Ab November kommen sie für die Endmast in den Stall. Anfang Januar startet der Verkauf. Der Zeitraum erstreckt sich über rund drei Monate. So sind ab März die ersten Ställe wieder frei für die Mutterkühe mit ihren neugeborenen Kälbern.

Rund ein Drittel der Schlachttiere vermarktet Annette Brockmann über das Blockhouse-Programm – ein regionales Aufzuchtprogramm für Uckermärker Rinder. Die übrigen Tiere nimmt ein Viehhändler ab, der Schlachthöfe in der Region beliefert, teilweise aber auch bis nach Bayreuth (Bayern) fahren muss. Das Rindfleisch ist zu 45 % in der Handelsklasse U und zu 55 % in R klassifiziert. Einige wenige Tiere sind in der Klasse E, Schlachtkühe aus der Mastgruppe sind manchmal in Klasse O. Für das intramuskuläre Fett gibt es einen Zuschlag von 0,35 ct/kg.

Lieber wäre es der Landwirtin, die Tiere ausschließlich regional zu vermarkten: „Wir befinden uns vor den Toren Berlins. Warum kann unser Fleisch nicht in der Hauptstadt bleiben, anstatt irgendwo in Deutschland zu landen?“ Die Tiere selbst direkt zu vermarkten kommt für sie nicht infrage. „Es ist schwer, das Fleisch in einem so kurzen Zeitraum direkt an Kunden zu verkaufen. Außerdem bräuchte ich dafür mehr Mitarbeiter.“ Aktuell kümmern sich über das Jahr verteilt sechs Arbeitskräfte um die Tiere.

Den eigenen Weg gehen

Bis zur Hofübernahme hat Annette Brockmann als Prüfleiterin in der Zulassung für Pflanzenschutzmittel gearbeitet. „Das war etwas ganz anderes, aber jetzt bin ich genauso zufrieden mit dem, was ich tue“, sagt sie. Dennoch gibt es Momente in denen sie sich fragt, wie andere Betriebe es in diesen schwierigen Zeiten schaffen. „Doch wenn ich über den Tellerrand schaue, sehe ich, dass alle kämpfen müssen.“

Der Betriebsleiterin fällt es schwer einzuschätzen, was die Zukunft bringt. Dennoch hofft sie, auch weiterhin im Kreislauf wirtschaften zu können.

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